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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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sterben würde, wenn er etwas
anderes als seine Gedanken mit David teilte. Laut David
wurde nur geredet, und nach der Sache mit Brian brauchte der
Junge jemanden zum Reden, vermutete Ralph. Er wünschte
sich nur, David könnte mit seinen Fragen zu seinem Vater und
seiner Mutter kommen, statt zu irgendeinem Pfaffen, der
zwar verheiratet war, aber möglicherweise doch
»Dad? Alles in Ordnung?«
»Ja. Bestens.« Er wußte nicht, ob das stimmte, wußte nicht
einmal genau, womit sie es hier zu tun hatten, aber das sagte
man nun mal zu seinen Kindern, oder? Ja, bestens, alles
prima. Er dachte, wenn er mit David in einem Flugzeug sitzen
würde, dessen Triebwerke ausfielen, würde er den Jungen in
den Arm nehmen und ihm den ganzen Weg nach unten versichern, daß alles in Ordnung wäre.
Er machte die Tür auf, und sie stieß gegen die Innenseite
der Tür des Streifenwagens.
»Rasch, beeilen Sie sich«, sagte der Cop und warf nervöse
Blicke in die umliegende Wüste.
Ralph ging mit Kirsty in der linken Armbeuge die Treppe
hinunter. Unten angekommen, ließ sie ihre Puppe fallen.
»Melissa!« schrie sie. »Ich hab Melissa Sweetheart fallen lassen, hol sie, Daddy!«
»Nein, steigen Sie in das Auto ein!« brüllte der Cop. »Ich
hole die Puppe!«
Ralph stieg ein, legte Kirsty eine Hand auf den Kopf und half
ihr, sich zu ducken. David folgte ihm, dann Ellie. Der Rücksitz
des Wagens war mit Papieren übersät, der Fahrersitz war durch
das Gewicht des riesigen Cops ausgebeult worden. Kaum hatte
Ellie den rechten Fuß im Inneren, schlug der Cop die Tür zu
und rannte um das Heck des Streifenwagens herum.
»’Lissa!« schluchzte Kirsty in Tönen höchster Verzweiflung.
»Er hat ‘Lissa vergessen!«
Ellie streckte die Hand nach dem Türgriff aus, um Melissa
Sweetheart zu holen - ganz bestimmt würde kein Psychopath
mit einem Gewehr sie in dem Moment erschießen, wenn sie
sich bückte, um die Puppe eines kleinen Mädchens aufzuheben, dann sah sie Ralph verblüfft an. »Wo sind die Türgriffe?«
fragte sie.
Die Fahrertür des Streifenwagens wurde aufgerissen, und
der Cop ließ sich wie eine Bombe hereinfallen. Der Sitz
drückte gegen Ralphs Knie, der das Gesicht verzog und froh
war, daß Kirstys Beine zwischen seinen baumelten. Nicht, daß
Kirsty ruhig gewesen wäre. Sie zappelte und wand sich auf
seinem Schoß und streckte die Hände nach ihrer Mutter aus.
»Meine Puppe, Mommy, meine Puppe! Melissa!«
»Officer -« begann Ellie.
»Keine Zeit«, sagte der Cop. »Geht nicht. Tak!« Er wendete
auf der Straße um hundertachtzig Grad und raste in einer
Staubwolke nach Osten. Das Heck des Wagens brach kurz
aus. Als der Wagen wieder in der Spur war, überlegte sich
Ralph, wie schnell alles geschehen war - vor nicht mal zehn
Minuten waren sie noch in ihrem Wohnmobil unterwegs gewesen. Er hatte David fragen wollen, ob sie Frage und Antwort spielen sollten, aber nicht, weil er es wollte, sondern weil
er sich gelangweilt hatte.
Jetzt langweilte er sich ganz sicher nicht.
»Melissa Sweeeeeeetheart!« kreischte Kirsty und fing an zu
weinen.
»Ganz ruhig, Törtchen«, sagte David. Das war sein Spitzname für seine kleine Schwester. Wie bei so vielem an David
wußten seine Eltern nicht, was er bedeuten sollte oder woher
er kam. Ellie glaubte, daß es die Kurzform von Sahnetörtchen
sein sollte, aber als sie ihn eines Abends gefragt hatte, hatte er
nur die Achseln gezuckt und sein bezauberndes schiefes Grinsen gezeigt. »Nee, sie ist einfach ein Törtchen«, sagte er. »Nur
ein Törtchen, das ist alles.«
»Aber ‘Lissa liegt im dreckigen ollen Dreck«, sagte Kirsty
und sah ihren Bruder mit Tränen in den Augen an.
»Wir kommen zurück und holen sie und machen sie wieder
ganz sauber«, sagte David.
»Versprochen? «
»Hm-hmm. Ich helf dir sogar, ihr Haar zu waschen.«
»Mit Prell?«
»Hm-hmm.« Er hauchte ihr rasch einen Kuß auf die Wange.
»Und wenn der böse Mann kommt?« fragte Kirsty. »Der
böse Mann, wie Mr. Riesenschreck? Wenn er Melissa Sweetheart nun puppnappt?«
David hielt sich eine Hand vor den Mund, um den Anflug
eines Grinsens zu verbergen. »Das wird er nicht.« Der Junge
sah in den Rückspiegel und versuchte, Blickkontakt mit dem
Cop herzustellen, wie es Mary Jackson keine Stunde später
ebenfalls versuchen sollte. »Oder doch?«
»Nein«, sagte der Cop. »Der Mann, nach dem wir suchen,
ist kein Puppnapper.« Ralph konnte keinen Humor aus der
Stimme heraushören; der Cop hörte sich wie ein Nachrichtensprecher an. Die reinen Fakten,

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