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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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drückte, als die dunkelhaarige
Frau die Finger um die Abzüge krümmte, aber diesmal ertönte nur ein trockenes Klicken, als die Hähne aufschlugen.
Ralph spürte, wie eine gallenbittere Enttäuschung ihm die
Kehle zuschnürte. Er hatte der Flinte angesehen, daß es keine
halbautomatische Waffe oder Pumpgun war, und trotzdem
hatte er irgendwie geglaubt, daß sie noch einmal feuern
würde, hatte fest damit gerechnet, daß sie noch einmal feuern
würde, als würde Gott höchstpersönlich die Kammern nachladen und ein Winchester-Wunder vollbringen.
Der Cop schob den Schreibtisch zum zweiten Mal vorwärts.
Wenn der Stuhl nicht gewesen wäre, sah Ralph, wäre ihr
nichts geschehen; sie wäre durch das Knieloch geschützt gewesen. Aber der Stuhl war da, er stieß ihr wieder mitten in den
Bauch, so daß sie nach vorne zusammenklappte und ein heiseres Würgen ausstieß.
»Fallenlassen, Mary, fallenlassen!« schrie der Cop.
Aber sie gehorchte nicht. Als der Cop den Schreibtisch wieder zurückzog (Warum stürzt er sich nicht einfach auf sie? dachte
Ralph. Weiß er nicht, daß die verdammte Flinte leer ist?), kullerten
Schrotpatronen herunter und wurden überall verstreut,
während sie die Waffe herumdrehte und an dem doppelten
Lauf hielt. Dann beugte sie sich nach vorne und schlug damit
wie mit einer Keule über den Schreibtisch hinweg zu. Der Cop
versuchte, die rechte Schulter zu senken, aber der Kolben aus
Walnußholz traf ihn trotzdem am Schlüsselbein. Er grunzte.
Ralph wußte nicht, ob es ein Grunzen der Überraschung, des
Schmerzes oder einfach nur des Verdrusses war, aber dem
Geräusch folgte ein jubilierender Aufschrei von der anderen
Seite des Raums, wo David immer noch die Hände um die
Gitter der Zelle geklammert hatte, in der er eingesperrt war.
Sein Gesicht war blaß und verschwitzt, seine Augen leuchteten. Der alte Mann mit dem weißen Haar war neben ihn getreten.
Der Cop zog den Schreibtisch noch einmal zurück
- der
Schlag auf die Schulter schien ihn nicht nennenswert zu
beeinträchtigen -, stieß ihn wieder nach vorne, traf die Frau
mit der Stuhllehne und rammte sie gegen die Gitterstäbe. Sie
stieß wieder einen rauhen Schrei aus.
»Fallenlassen!« schrie der Cop. Es war ein komischer Aufschrei, und einen Augenblick hegte Ralph die Hoffnung, der
Dreckskerl könnte doch verletzt sein. Dann merkte er, daß der
Cop lachte. »Lassen Sie die Waffe fallen, oder ich schlage Sie
zu Brei, das ist mein Ernst!«
Die dunkelhaarige Frau
- Mary
- hob das Gewehr wieder,
aber diesmal ohne Überzeugung. Eine Seite ihres Shirts war
aus der Hose gerutscht, Ralph konnte hellrote Male auf der
weißen Haut ihres Bauchs und ihrer Taille erkennen. Er
wußte, wenn sie das Shirt ausziehen würde, könnte er den
Abdruck der Stuhllehne bis hinauf zu den Körbchen ihres
BHs sehen.
Sie hielt das Gewehr einen Moment in der Luft, während
der verzierte Kolben zitterte, dann warf sie es weg. Es rutschte
scheppernd durch die Zelle bis zu David und dem weißhaarigen Mann. David betrachtete es.
»Finger weg, Junge«, rief Ralph. »Es ist leer, laß es einfach
liegen!«
Der Cop sah David und den weißhaarigen Mann an. Dann
betrachtete er mit strahlendem Lächeln die Frau, die mit dem
Rücken an der Ausnüchterungszelle stand. Er zog den
Schreibtisch von ihr weg, ging um ihn herum und versetzte
dem Stuhl einen Tritt. Der Stuhl rollte auf seinen quietschenden Rädern über den Holzboden und kam polternd an der
leeren Zelle neben Ralph und Ellie zum Stillstand. Der Cop
legte der dunkelhaarigen Frau die Arme um die Schultern. Er
sah sie fast zärtlich an. Sie reagierte mit dem finstersten Blick
darauf, den Ralph je in seinem Leben gesehen hatte.
»Können Sie gehen?« fragte der Cop sie. »Ist irgendwas
gebrochen?«
»Was spielt das für eine Rolle?« fauchte sie ihn an. »Töten Sie mich, wenn Sie es vorhaben, damit wir es hinter uns
bringen.«
»Sie töten? Sie töten?« Er sah fassungslos aus, hatte den Gesichtsausdruck eines Mannes, der in seinem ganzen Leben
nichts Größeres als eine Wespe getötet hat. »Ich werde Sie
nicht töten, Mare!« Er drückte sie kurz an sich, dann drehte er
sich zu Ralph und Ellie, David und dem weißhaarigen Mann
um. »Heiliger Strohsack, nein!« sagte er. »Doch nicht jetzt, wo
es gerade anfängt, interessant zu werden.«
Kapitel 3
1
    Der Mann, der einmal auf dem Umschlag von People und Premiere abgebildet gewesen war (als er die Schauspielerin mit
den vielen Smaragden geheiratet hatte), und auf der ersten
Seite

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