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Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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ihm wieder positive
Aufmerksamkeit sichern und sich eventuell auch wie verrückt verkaufen würde … und er konnte das Geld gebrauchen, daran bestand kein Zweifel.
Am besten aber war, er glaubte nicht, daß Terry auch nur
den leisesten Schimmer hatte, was sie gesagt hatte, und das
bedeutete, er mußte keine Gewinne mit ihr teilen, wenn es
denn je Gewinne gab. Er mußte sie nicht einmal auf der Danksagungsseite aufführen, wenn er nicht wollte, aber er dachte,
daß er das wahrscheinlich tun würde. In vieler Hinsicht war
es ein schreckliches Erlebnis gewesen, trocken zu werden,
kein Zweifel, aber es half einem tatsächlich dabei, sich an die
Leute zu erinnern, denen man etwas schuldig war.
Er hatte Terry geheiratet, als er fünfundzwanzig und sie
einundzwanzig war, in ihrem ersten Jahr am Vassar College.
Sie hatte das College nie abgeschlossen. Fast zwanzig Jahre
waren sie verheiratet gewesen, und in dieser Zeit hatte sie ihm
drei Kinder geschenkt, die inzwischen alle erwachsen waren.
Eines, Bronwyn, redete noch mit ihm. Die beiden anderen…
nun, wenn sie es je satt haben sollten, Gift und Galle zu
spucken, würde er für sie da sein. Er war von Natur aus nicht
nachtragend.
Terry schien das zu wissen. Nach fünf Jahren, in denen sie
nur per Anwalt miteinander verkehrt hatten, begannen sie
einen vorsichtigen Dialog, manchmal mit Briefen, häufiger
am Telefon. Diese Unterhaltungen waren anfangs zögernd gewesen, weil sie sich beide vor den Minen gefürchtet hatten,
die noch in den Ruinen ihrer gegenseitigen Zuneigung verborgen sein konnten, aber im Lauf der Jahre waren sie regelmäßiger geworden. Terry betrachtete ihren berühmten Ex mit
einem stoischen, amüsierten Interesse, das er irgendwie beunruhigend fand - seiner Meinung nach war das nicht das Verhalten, das eine Ex-Frau einem Mann gegenüber an den Tag
legen sollte, der zu einem der meistdiskutierten Schriftsteller
seiner Generation geworden war. Aber sie sprach auch mit
einer offenen Freundlichkeit zu ihm, die er beruhigend fand,
wie eine kühle Hand auf einer heißen Stirn.
Seit er aufgehört hatte zu trinken, waren sie häufiger miteinander in Kontakt getreten (aber immer nur telefonisch
oder brieflich; beide schienen, auch ohne es auszusprechen,
zu wissen, daß eine Begegnung von Angesicht zu Angesicht eventuell eine zu große Belastung für das zarte Band
gewesen wäre, das sie zwischen sich geknüpft hatten), aber
in gewisser Hinsicht waren diese nüchternen Unterhaltungen noch gefährlicher … nicht beißend, aber die Möglichkeit bestand immer. Sie wollte, daß er wieder zu den
Anonymen Alkoholikern ging und sagte ihm ganz unverblümt, wenn er das nicht tun werde, werde er früher oder
später wieder anfangen zu trinken. Und dann würden die
Drogen folgen, sagte sie, so sicher wie die Dunkelheit dem
Zwielicht.
Johnny sagte ihr, daß er nicht die Absicht hätte, den Rest seines Lebens in Kirchenkellern mit einem Haufen Trinker rumzusitzen, die alle davon sprächen, wie wunderbar es sei, eine
höhere Macht als einen selbst zu haben … bevor sie wieder in
ihre alten Autos einstiegen und in ihren meistens partnerlosen
Haushalt zurückkehrten, um ihre Katzen zu futtern. »Die
Leute bei den AA sind im allgemeinen zu kaputt, um zu
begreifen, daß sie ihr Leben einem leeren Glauben und einem
gescheiterten Ideal überantwortet haben«, sagte er. »Glaub
mir, ich war da. Oder glaub es John Cheever, wenn du willst.
Der hat besonders gut darüber geschrieben.«
»John Cheever schreibt heute nicht mehr viel«, antwortete
Terry. »Und ich glaube, du weißt auch, warum.«
Terry konnte eine Nervensäge sein, kein Zweifel.
Vor drei Monaten hatte sie ihm den grandiosen Einfall beschert, eingestreut in eine beiläufige Unterhaltung darüber,
womit die Kinder beschäftigt waren, womit sie beschäftigt war,
und selbstverständlich, womit er beschäftigt war. Er war Anfang dieses Jahres damit beschäftigt gewesen, sich die ersten
zweihundert Seiten eines historischen Romans über Jay Gould
abzuquälen. Schließlich hatte er eingesehen, worum es sich dabei handelte - aufgewärmter Gore Vidal -, und ihn vernichtet.
Buchstäblich gegrillt. In einem Anfall von Groll, den er ganz für
sich behielt, hatte er seine Disketten mit dem Roman in die Mikrowelle geworfen und zehn Minuten auf höchster Stufe geschmort. Der Gestank war unglaublich gewesen, ein Ding, das
mit gesträubten Federn aus der Küche geröhrt kam, und er
hatte tatsächlich den Mikrowellenherd austauschen

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