Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Desperation

Desperation

Titel: Desperation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
Vom Netzwerk:
wandte, und stellte fest, daß die Tür immer noch
im Wind schlug. Sie hatten beide nicht daran gedacht, die Tür
zu schließen. Er bremste, schob den Automatikhebel in die
Parkstellung und machte die Tür auf.
Cynthia packte ihn an der Schulter, bevor er mehr als ein
Bein hinausgeschwungen hatte. »He, wohin gehen Sie?« Nicht
erschrocken, aber auch nicht gerade gelassen.
»Nur die Ruhe, Mädchen. Eine Sekunde.«
Er stieg aus und schlug die Tür des Wohnmobils zu, bei
dem es sich um einen Wayfarer handelte, wie man der Chrominschrift an der Seite entnehmen konnte. Dann kam er zu dem
vor sich hin tuckernden Ryder zurück.
»Was sind Sie, einer von diesen Hundertprozentigen?«
»Normalerweise nicht. Mir gefiel nur nicht, daß die Tür
ständig im Wind klapperte.« Er stellte einen Fuß auf das Trittbrett und sah nachdenklich zu ihr hoch. Dann zuckte er die
Achseln. »Wie ein Fensterladen an einem Spukhaus.«
»Okay«, sagte sie, und dann erklang wieder Geheul in der
Ferne
- möglicherweise südlich von ihnen, möglicherweise
östlich, man konnte es durch den Wind schwer sagen, aber
diesmal klang es mindestens nach einem halben Dutzend
Stimmen. Diesmal klang es nach einem Rudel. Steve stieg ein
und schlug die Tür zu.
»Los«, sagte er und legte den Gang wieder ein. »Wenden
wir diese Kiste und suchen einen Gesetzeshüter.«
Kapitel 5
1
    David sah es, als die Frau im T-Shirt und den verblichenen
Jeans schließlich aufgab, sich an die Gitterstäbe der Ausnüchterungszelle drängte und die Unterarme schützend vor die
Brüste hob, während der Cop den Schreibtisch wegzog, damit
er an sie rankam.
Finger weg, Junge, hatte sein Dad ihm zugerufen,, als die Frau
die Flinte weggeworfen hatte, die scheppernd auf dem Holzboden bis zu den Gitterstäben der Zelle gerutscht kam, in der
er, David, sich befand. Sie ist leer, laß sie einfach liegen! Er hatte getan, was sein Vater sagte, aber er hatte noch
etwas anderes auf dem Boden gesehen, als er nach der Flinte
geschielt hatte: Eine Patrone war von dem Schreibtisch heruntergefallen. Sie lag auf der Seite am äußersten vertikalen Gitterstab der Zelle, links. Eine fette grüne Schrotpatrone, eine
von einem runden Dutzend, die durcheinandergepurzelt waren, als der verrückte Cop die Frau, Mary, mit dem Schreibtisch rammte, damit sie das Gewehr fallenließ.
Sein Dad hatte recht, es wäre sinnlos gewesen, nach der
Flinte zu greifen. Selbst wenn er auch an die Patrone rangekommen wäre, wäre es sinnlos gewesen, es zu versuchen.
Der Cop war groß - so groß wie ein Basketballprofi und so
breit wie ein Footballprofi
-, aber der Cop war außerdem
schnell. Er würde sich David schnappen
- der in seinem
ganzen Leben noch kein richtiges Gewehr in der Hand gehabt hatte -, bevor David auch nur herausgefunden hätte, in
welches Loch man die Patrone schieben mußte. Aber wenn es
ihm gelang, die Patrone aufzuheben … vielleicht … man
konnte nie wissen.
»Können Sie gehen?« fragte der Cop die Frau namens Mary.
Sein Tonfall war auf groteske Weise besorgt. »Haben Sie sich
was gebrochen?«
»Was spielt das für eine Rolle?« Ihre Stimme bebte, aber,
fand David, vor Wut, nicht aus Angst. »Töten Sie mich, wenn
Sie es vorhaben, damit wir es hinter uns bringen.«
David sah den alten Typ an, der bei ihm in der Zelle war,
weil er wissen wollte, ob dem alten Typ die Patrone auch
aufgefallen war. Soweit David es beurteilen konnte, nicht, obwohl er endlich von der Pritsche aufgestanden und zum Gitter gekommen war.
Statt die Frau anzuschreien, die sich größte Mühe gegeben
hatte, ihm den Kopf wegzupusten, oder ihr deshalb wehzutun, umarmte der Cop sie nur kurz mit einem Arm. Eine kameradschaftliche Umarmung. In gewisser Weise fand David
diese scheinbar aufrichtige kleine Geste der Zuneigung beunruhigender als alle Brutalität, die ihr vorangegangen war. »Ich
werde Sie nicht töten, Märe!«
Der Cop sah sich um, als wollte er die verbliebenen drei
Carvers und den weißhaarigen Typ fragen, ob sie glauben
konnten, wie verrückt diese Lady war. Er sah mit seinen
grauen Augen direkt in Davids blaue, und der Junge wich ungewollt einen Schritt vom Gitter zurück. Plötzlich fühlte er
sich schwach vor Grauen. Und verwundbar. Er wußte nicht,
wie er sich noch verwundbarer als ohnehin schon fühlen
konnte, aber es ging.
Die Augen des Cops waren leer - so leer, daß es fast aussah,
als wäre er bei offenen Augen bewußtlos. Dabei mußte David
an seinen Freund Brian denken, und an seinen denkwürdigen
Besuch

Weitere Kostenlose Bücher