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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Osman Engin
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sagt er wichtigtuerisch.
    »Ich nicht«, schmatze ich.
    Als wir in dem Moment eine höllisch laute Polizeisirene hören, verschlucke ich mich fast. Bei Allah, dieser Polizeiwagen hält ja direkt vor unserem Imbiss!
    Bevor die beiden Polizisten aus ihrem Wagen rausspringen, springt unser dicker Koch Seyfi aus dem Stand durch das offene Küchenfenster und verschwindet blitzschnell in der finsteren Nacht. Diese Sportlichkeit hätte ich ihm nie zugetraut.
    Der Mann rechts am Nebentisch hört sofort auf, die leckeren gefüllten Paprikas zu verdrücken, stattdessen verdrückt er hastig viele kleine unappetitliche weiße Plastiktütchen.
    Der Opa direkt neben dem Lehmofen versucht mit hochrotem Kopf – ich weiß nicht, ob wegen des heißen Lehmofens oder wegen der Bullen – schnell seinen Rollator unter Kontrolle zu bringen, um abzuhauen, rutscht auf den glatten Fliesen aus und knallt der Länge nach auf den Boden.
    Der unscheinbare Anzugträger ganz in der Ecke schnappt sich hektisch seinen Metallkoffer, läuft nach vorne und wirft ihn komplett in den glühend heißen Lehmofen. Beim Rauslaufen stolpert er über den Opa und legt sich gleich neben ihn. Ich weiß nicht, was er da alles in dem Koffer drin hatte, aber der Inhalt wird bald auf jeden Fall sehr gut schmecken, wie halt alles aus dem Lehmofen.
    Ich hingegen knalle meine beiden Pässe, den deutschenund den türkischen, hastig auf den Tisch und verbrenne den türkischen Pass mit dem Feuerzeug lichterloh auf dem bereits leeren Köfteteller.
    Mein Onkel verfolgt das ganze skurrile Geschehen mit großen Augen wie einen spannenden Film.
    »Onkel, ich darf doch gar keine doppelte Staatsbürgerschaft haben«, kläre ich ihn total aufgeregt auf und puste die Asche meines türkischen Passes in sein Bierglas. Als Seebegräbnis sozusagen.
    »Siehst du, jeder hat Dreck am Stecken«, lacht er.
    In dem Moment stürzen die beiden Bullen durch die Tür.
    »Hallo, Leute, die Kollegen im Revier sind am Verhungern«, brüllt der junge Polizist. »Wir mussten lange rumfahren, um einen offenen türkischen Imbiss zu finden! Ich brauche schnell 7 doppelte Rinderdöner mit allem!«
    Nach dem Essen klingelt mein Händy.
    »Du, Onkel Ömer, Eminanim fragt, wo wir denn so lange bleiben. Sie wartet auf uns schon die ganze Zeit. Sie hat leckere Auberginen mit Hackfleischfüllung und knusprige Börek mit Käse gemacht.«
    »Dann lass uns uns doch etwas beeilen, Osman, so eine nette Einladung darf man doch nicht warten lassen, oder?«, grinst er. »Ein bisschen Auberginen und Börek als kleines Betthupferl schaden garantiert nicht!«
    »Siehst du, man lässt mich einfach nicht abnehmen!«
    »Onkel-Ömer-Transports – es geht looos!
    Wir bewegen Ihr Leben – von hier nach da,
    Wenn’s sein muss – von Bremen nach Adana!
    Wir packen’s an – sagen Sie mir nur wann,
    Mit uns kommen Sie immer gut an!«, antwortet er, mit seinem Händy am Ohr

33 Nach so einem verfluchten Tag wäre es selbstverständlich höchst verwunderlich gewesen, wenn meine Frau mich zu Hause mit guten Nachrichten empfangen hätte.
    »Osman, vorhin hat dein Meister angerufen. Sie bekommen in Halle 4 keine Ware mehr von den Zulieferfirmen. Ab morgen brauchst du fürs Erste nicht mehr zur Arbeit zu gehen. Jetzt hält uns hier absolut nichts mehr. Wir können sofort wegfliegen, sobald wir die Tickets haben. Deshalb habe ich zur Feier des Tages ein Festessen gemacht! Die Kinder und ich haben natürlich schon längst gegessen.«
    Toll! Das nenne ich Tayming!
    Genau heute habe ich meinen türkischen Pass verbrannt!
    Aus Deutschland muss ich raus – in die Türkei kann ich nicht rein!
    Ob ich irgendwo dazwischen, zum Beispiel in Albanien oder Bulgarien, Asyl bekommen kann?
    Völlig geknickt und total deprimiert blättere ich nach dem zweiten Betthupferl in Mehmets Mini-Zeitung rum, die ich im türkischen Restaurant mitgenommen habe, und bleibe wieder bei den Herrmanns kleben.
    ›Die Wahrheit, nichts als die Wahrheit‹ präsentiert: DIE HERRMANNs – Eine Bremer Homestory in mehreren Folgen. Folge 2:
    »Meine liebe Familie, der frisch gebackene Abgeordnete der NEP, den die patriotischen Bremer Bürger in den Bundestag nach Berlin geschickt haben, ist wieder auf Familienbesuch in der Hansestadt, hipp, hipp, hurra«, brüllt Herr Herrmann und betritt sehr gut gelaunt seine Wohnung.
    »Herbert, mein Liebling, das hast du ja wieder wunderschönformuliert«, schwärmt seine Frau Hilde und umarmt ihren Gatten. »Wir Bremer haben dich

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