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Deutschland macht dicht (German Edition)

Deutschland macht dicht (German Edition)

Titel: Deutschland macht dicht (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dietmar Dath
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Bahnhofsapotheke herumstolperten. Zwei der Menschen waren Mädchen; eines von diesen war so schwach, daß es von den andern beiden beim Gehen gestützt werden mußte, beinah getragen.
    Immer wieder sackte Cleas Kopf nach vorn. Ihre Wangen waren schweißnaß, die Lider flatterten fiebrig.
    »Er dürfte zuerst jeden anderen Weg versuchen«, knurrte der Käse grimm und selbstgefällig, »aber am Ende wird er ihnen doch einen Schlafcocktail brauen müssen.«
    »Aha«, seufzte die Millionärin unterm Flipper, weil sie hatte lernen müssen, daß es dem Käse gefiel, wenn sie Verständnis heuchelte. Dem Käse gefallen: Das wollte sie im Augenblick dringend, denn ihr Magen hatte soeben angefangen zu knurren. Bei jemandem, der so streng Diät hielt wie Hilde Pinguin, war das ein höchst beunruhigendes Zeichen. »Siehe, Hündin«, schnarrte der Käse, »wir wollen dasselbe, Mandelbaum und ich: zum Großen Satan vorstoßen und ihn zur Rechenschaft ziehen.«
    »Oh. Aha.«
    »Mandelbaum hat Karten. Ich brauche keine Karten. Ich bin die Tat. Er ist die Anschauung, fast schon die Aufklärung, am Ende die Vernumpf«, der Käse spuckte aus. »Seine Karten, ha, sie sind defekt. Für jeden Schritt ist er auf seine armseligen Menschen angewiesen. Er wird versuchen, diesseitig hinzugelangen – vielleicht mit der S- oder U-Bahn, deshalb hält er sich wahrscheinlich hier auf. Aber er ahnt, daß es schiefgehen könnte. Trifft er nicht Vorkehrungen für das Betreten der höheren Ordnung, um durch die Hintertür zum Großen Satan vorzudringen? Wahrlich, die trifft er! Der Schurke, der Auswurf, der atmende Unschlitt!«
    »Hintertür«, wiederholte Hilde Pinguin, weil sich das Wort zum Wiederholen eignete.
    »Jawohl – durch die Träume der Menschen, die bei ihm sind. Er wird sie nutzen müssen, der Bastard!«
    Was der Käse verschwieg, der mit seinen scharfen Augen eben sah, wie Rosalie und Hendrik die entkräftete Clea auf die freigeräumte lange Verkaufsfläche der Bahnhofsapotheke legten und dann, von Mandelbaum instruiert, die Regale durchsuchten, wobei sie sehr verschiedene Medikamente in geräumige Plastiktüten stopften, war natürlich, daß er selbst es hinsichtlich der Hintertür trotz seines übersteigerten Selbstbewußtseins nicht anders hielt als der Hase, den er haßte.
    Auch er hatte sich menschliche Unterstützung besorgt, für den Fall, daß anders kein Durchkommen war; auch er würde nicht zögern, Hilde Pinguin in Schlaf oder Bewußtlosigkeit zu versetzen, um entlang den Pfaden ihrer Träume den Weg zu seinem vorgesehenen Anschlagsopfer zu finden.
    Rosalie und Hendrik waren mit ihrer Arbeit fertig. Clea lag reglos auf der Ladentheke.
    Das Gehör des Kamikäses war nicht gut genug, um zu erlauschen, worüber die Menschen mit dem Stoffhasen redeten. Der junge Mann schien erregt; seine Gesten verrieten, daß er sich weigerte, ohne die Bewußtlose aufzubrechen. Es ging offenbar darum, wie man sie transportieren sollte. Der Kamikäse nahm befriedigt zur Kenntnis, daß Mandelbaum zur Eile drängte – er fürchtete demnach, seinen Plan vielleicht nicht durchführen zu können.
    »Er wird scheitern. Ungläubige scheitern immer, egal, wer oder was sonst noch auf ihrer Seite ist«, stellte der Knirps fest und verschränkte die Ärmchen trotzig vor der Käsebrust.
    »Wenn er scheitert und dein Feind ist, dann finden wir das wohl keine Katastrophe«, witzelte die Millionärin schwach. Sie malte sich bereits aus, daß ihr vor Hunger bald schwindlig werden würde. Der Käse stampfte mit dem Fuß aufs Glas: »Katastrophe! Was ist die Katastrophe? Was lehrt dich wissen, was die Katastrophe ist? Wahrlich, ich sage dir: An einem Tag, dadie Menschen gleich verstreuten Motten sein werden, und die Berge wie Streichwolle – wird der, dessen Waage schwer ist, ein angenehmes Leben genießen. Der aber, dessen Waage leicht ist, die Hölle wird seine Mutter sein. Und was lehrt dich wissen, was das ist? Ein rasendes Feuer!«
    »Klar, gut, schon«, wiegelte Hilde Pinguin ab, weil sie fürchtete, daß sich der Käse in sein wildes Reden womöglich demnächst so sehr hineingesteigert haben würde, daß er für ihre Bitten gar nicht mehr erreichbar wäre, »aber vielleicht sollten wir uns jetzt trotzdem drum kümmern, daß ich was zu essen kriege. Oder wenigstens was zu trinken. Also es ist noch kein rasendes Feuer, aber mein Magen ...«
    »Schweig’, Sau!« japste der Käse. »Du wirst warten können – schon weil ich es dir befehle!«

    Was er dabei

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