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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Caroline Richter
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etwa den ganzen Tag nichts anderes gemacht? War das nicht langweilig?«
    »Nein, ich habe viel gelernt.«
    »Wow.« Sie nickte langsam, ein wenig sprachlos und überfordert. Tat er das wirklich für sie und sie allein? »Und du kennst jetzt all diese Wörter?«
    Nachdem er ihr gestern erzählt hatte, nie etwas vergessen zu können, wurde ihr allein bei der Vorstellung schwindelig.
    »Ja. Und noch ein paar mehr, die ich nachgeschlagen habe, weil sie mich interessiert haben.« Er schmunzelte; ihre Ungläubigkeit schien ihn zu amüsieren.
    »Noch mal: Wow. Ich glaube nicht, dass ich die Begriffe alle kenne.« Sie biss sich auf die Unterlippe. So schnell konnte sich das Blatt also wenden; ein Teigmann wusste wohl bald mehr als sie. Sie räusperte sich, als sie sich ihrer eigenen Arroganz ihm gegenüber bewusst wurde. »Könntest du vielleicht nur die gebräuchlichsten verwenden?«
    Noel legte das Buch weg und stützte seinen Kopf auf die Hände und die Ellenbogen auf die Knie.
    »Woher weiß ich denn, welche gebräuchlich sind?«
    »Na ja   … «, setzte Lea unentschlossen an.
    »Ist karessieren gebräuchlich?«
    »Nein, ich glaube nicht   … « Ihre Stimme klang nervös und sie kam sich lächerlich vor. Noel musterte sie jedoch zärtlich einen Moment, bevor er antwortete.
    »Es bedeutet liebkosen. Kommt aber aus dem Französischen.«
    »Oh«, machte sie und wurde noch röter als ohnehin schon. Schnell fragte sie: »Was hast du sonst gemacht? Hast du dich in der Wohnung ein wenig umgesehen?«
    Sie hoffte gleichermaßen, dass er es getan und gelassen hatte.
    »Nur in der Küche.«
    »Hier nicht?«
    »Nein, noch nicht.«
    Lea zögerte kurz. »Willst du nicht?«
    »Willst du es denn?«
    Sie lächelte verlegen und fühlte sich ertappt. Er ahnte ihr Dilemma. Klar wollte sie, dass er sich wohlfühlte, keine Frage – immerhin wohnte er hier, auch wenn noch nicht raus war, für wie lange. Doch andererseits war er immer noch ein Unbekannter.
    »Ich werde mir morgen das Badezimmer ansehen, in Ordnung? Wir fügen einfach jeden Tag einen Raum hinzu.« Er zwinkerte ihr zu und sie nickte, dankbar für sein Verständnis, bevor sie stockte.
    »Moment mal. Warst du bisher etwa nicht noch mal im Bad?«
    »Nein«, erwiderte er verwundert.
    »Aber musst du denn nicht   … du weißt schon   …?«
    »Was?«
    »Na ja   … aufs Klo?«, flüsterte sie mit hochroten Wangen.
    Er grinste breit. »Nein, muss ich nicht.«
    »Oh.« Abermals war sie sprachlos, doch Noel grinste nur noch breiter. »Und duschen?«
    Bei dieser Frage versuchte sie inständig, jegliche Bilder, die ihn bei dieser Tätigkeit beinhalteten, aus dem Kopf zu verdrängen.
    »Also   … genau genommen schwitze ich nicht.« Abwartend sah er sie an, als würde er erwarten, dass sie mit dem Finger auf ihn zeigen und »Monster!« rufen würde. Lea war das aber eigentlich ziemlich gleich; es gab immerhin Schlimmeres als einen Mann, der nicht nach Schweiß roch.
    »Das Problem ist«, fuhr Noel fort, »dass ich nicht nass werden darf. Meine Haut nimmt Schmutz nicht auf, ich kann ihn einfach abwischen.«
    »Was passiert, wenn du nass wirst?«
    »Ich zerfalle.«
    Es war nur natürlich, dass er auf eine Reaktion wartete, doch Lea sah ihn einfach nur an, den Mund zu einem Kreis erstarrt. Nicht nur, dass die Vorstellung, dass er bei bloßem Kontakt mit Wasser
sterben
könnte, extrem furchteinflößend war; mit einem Mal wurde sie von einer Welle an Bildern überrollt, von Aktivitäten, die Feuchtigkeit enthielten: Schwimmen, im Regen laufen, Geschirr abwaschen. Küssen.
    Eilig schüttelte sie den Kopf, um von den Gedanken loszukommen. Noel betrachtete sie schon wieder mit dieser Sorgenfalte zwischen den Augenbrauen und sie wollte ihm nicht das Gefühl vermitteln, mit jedem Geständnis seiner Andersartigkeit die Stimmung zu killen. Selbst wenn Themen wie
Zerfall
dafür nicht sonderlich förderlich waren.
    »Ich habe Pläne für uns!«, verkündete sie. »Ich habe beschlossen, mit dir einkaufen zu gehen. Der Kühlschrank ist fast leer und die Milch ist auch alle. Außerdem brauchst du Klamotten, du kannst nicht ewig die Sachen von Paul anziehen. Und am besten brechen wir gleich auf!«
    »Ich bin bereit, wo auch immer du mich hinführst.«
    »Willst du zuerst Klamotten oder Lebensmittel einkaufen?«
    »Ich weiß nicht. Was ist dir lieber?«
    Lea hob eine Augenbraue und er verstand.
    »Ich glaube, ich würde lieber das mit den Sachen hinter mich bringen«, entschied er

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