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Dezembersturm

Titel: Dezembersturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Heuer in der Tasche hatte.«
    Immer noch lachend, schlenderte er in den Sonnenschein hinaus. Als er zurückkam, war er jedoch still und nervös. Kaum hatte er die heißen Fleischpasteten und die Becher mit dampfendem Tee verteilt, kehrte er zur Tür zurück, stellte sich hinter den Türstock und spähte vorsichtig hinaus.
    Lore bereitete dies größte Sorge, dennoch biss sie hungrig in eine der Pasteten und spülte sie mit Tee hinunter. Dabei ließ sie ebenso wie Onkel Thomas Konrad nicht aus den Augen. Nur Nati kümmerte sich nicht um das, was um sie herum geschah, sondern aß mit gutem Appetit.
    »He, Konrad!«, rief sie. »Komm, nimm dir die letzte Pastete, ehe ich sie dir wegfuttere!«
    Lore bedeutete ihr, still zu sein, und trug dann ein Sandwich mit Gurken und gebratenem Speck zu Konrad hinüber.
    »Hier! Das magst du doch sonst so gerne«, sagte sie laut. Leiseaber setzte sie hinzu: »Was hast du? Du siehst aus, als wärst du dem Teufel persönlich begegnet.«
    Konrad nickte. »Das bin ich auch, und zwar Ruppert! Er trägt die Uniform eines Stewards und hat sich seinen Bart bis auf einen dünnen Schnauzer abrasiert. Aber ich habe ihn trotzdem erkannt.«
    »Also treibt er sich doch hier herum! Komm! Das musst du Onkel Thomas sagen. Wir müssen zur Polizei …«
    »Was macht ihr zwei bei dem schönen Wetter denn für lange Gesichter?«, fragte Onkel Thomas, der leise hinter sie getreten war.
    »Konrad hat Ruppert entdeckt! In irgendeiner Uniform!«
    Onkel Thomas sah Konrad dann ungläubig an. »Bist du sicher? In was für einer Uniform?«
    »Aye, aye, Käpt’n! Ich bin mir ganz sicher. Der Kerl hatte sich ausstaffiert wie ein Steward«, brummte Konrad.
    »Von welchem Schiff«
    »Weiß ich nicht! Er hatte keine Mütze auf. Sonst hätte ich ihn wohl auch gar nicht erkannt. Den Bart hat er sich abrasiert und die Haare rotbraun gefärbt. Das war sicher wegen des Steckbriefs!«
    Lore nahm Nati, die, mit vollen Backen kauend, herbeigelaufen kam, auf den Arm. »Wir müssen unbedingt die Polizei benachrichtigen!«, forderte sie aufgeregt.
    Onkel Thomas hob die Hand. »Kommt weg von der Tür und setzt euch! Weates meint sonst noch, wir würden davonspazieren und ihm das ganze Gepäck überlassen.«
    Verblüfft gehorchten die drei. Onkel Thomas zupfte sich an seinem modischen Backenbart und kniff die Lippen zusammen.
    »Nein!«, sagte er dann laut. »Konrad, glaubst du, dass Ruppert dich erkannt hat – ich meine, wenn es wirklich Ruppert war?«
    »Ich denke, ja! Er hat mich einen Moment angestarrt, ganz kurz nur, und hat dann schnell weggesehen und so getan, als wäre er in ein Gespräch mit dem anderen Steward vertieft, der neben ihm ging.«
    »Noch ein Steward? Von welchem Schiff?«
    Konrad zuckte hilflos mit den Achseln. »Ich weiß es nicht. Es tut mir leid, Käpt’n. Ich bin ein alter Dummkopf! In meiner Aufregung habe ich einfach nicht darauf geachtet.«
    »Ist ja schon gut. Du hast getan, was du konntest. Hm …« Thomas Simmern überlegte kurz und schüttelte dann den Kopf.
    »Nein! Wir werden unsere Pläne nicht ändern. Wenn wir jetzt zur Polizei gehen, fährt die
Strathclyde
ohne uns ab. Dann müssen wir nach Southampton zurückfahren und uns auf der
Feldmarschall Moltke
einSchiffen, auf der Rupperts Handlanger vielleicht schon auf uns warten.«
    »Meinst du nicht, dass er jetzt denkt, wir würden mit diesem englischen Frachter fahren?«, fragte Lore.
    »Möglich ist es. Der alte Kahn ist das einzige DampfSchiff, das von hier aus in den nächsten Tagen den Kanal überquert und Passagiere mitnimmt. Aber das Schiff dürfte in wenig mehr als einer Stunde ablegen. Was soll Ruppert da noch unternehmen? Nein, den Mann können wir jetzt endgültig der englischen Polizei überlassen. Schaut mal, da kommt schon der Zahlmeister, um die Passagiere zusammenzurufen. Wahrscheinlich sind wir neben Fridolin die Einzigen, die auf seinem Pott mitfahren. Aber um euch zu beruhigen, schreibe ich noch schnell eine Notiz für die Polizei und lasse sie durch den Kontorvorsteher des Schiffsmaklers weiterleiten. Danach gehen wir in aller Ruhe an Bord.«
    Onkel Thomas atmete einmal tief durch und sah dann Lore ein wenig gequält an. »Ich bin zum ersten Mal in meinem Leben froh, England zu verlassen, denn ich habe es satt, mich immer wieder von Ruppert jagen zu lassen.«
    Thomas Simmern überließ es Konrad, die Formalitäten mit dem Zahlmeister zu regeln. Er selbst bat im Kontor um ein Blatt Papier, schrieb darauf die Information,

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