DGB 02 - Falsche Götter
das gewaltige Schiff verlassen.
Das passte Ignace Karkasy gut, während er mit neuer Zielstrebigkeit und geübter Sorglosigkeit durch das Schiff ging, einen Leinwandbeutel über der Schulter. Jedes Mal, wenn er einen öffentlichen Bereich passierte, vergewisserte er sich, dass niemand zuschaute, bevor er großzügig Pamphlete auf Tischen und Sitzgelegenheiten verteilte.
Die Schmerzen in der Schulter nahmen ab, je mehr Kopien er von Die
Wahrheit ist alles, was wir haben ver teilte. Jedes Blatt enthielt
drei der seiner Ansicht nach bisher
stärksten Werke. Gleichgültige
Götter war sein per sönlicher Liebling. Darin wurden die Astartes unvorteil haft mit den alten Titanen der Mythologie verglichen. Ein starkes Werk, von dem er wusste, dass es ein grö ßeres Publikum verdiente. Er wusste, dass er vorsich tig sein sollte, aber die Leidenschaft brannte zu stark
in ihm,
um ihr Fesseln anzulegen.
Er
hatte mit lächerlicher Leichtigkeit vom ersten Schrotthändler, den er darauf angesprochen hatte, eine billige Druckerpresse bekommen. Die Qualität war nicht besonders, und auf Terra hätte er sie keines Blickes ge würdigt, aber sie hatte ihn trotzdem einen Großteil seiner
Gewinne vom Merci Merci gekostet. Das Ding war armselig, erfüllte aber seinen Zweck, obwohl sein Quar tier jetzt nach Druckerschwärze stank.
Leise vor sich hinsummend, setzte Karkasy seinen Weg durch die zivilen Decks fort und erreichte schließ lich die Zuflucht. Er war nun vorsichtiger — hier kannte man ihn, und vielleicht waren Leute da.
Seine Befürchtungen waren unbegründet. Die Zuflucht war leer, und das verlieh ihr nur eine noch deprimieren dere und abgewracktere Atmosphäre.
Man sollte ein Eta blissement, in dem getrunken wird, nie bei voller
Beleuchtung sehen, dachte er, da sieht es nur noch trauriger aus.
Er ging herum und legte ein paar Blätter auf jeden Tisch.
Karkasy erstarrte, als er das Klirren einer Flasche an einem Glas hörte.
»Was machen Sie da?«, fragte eine kultivierte, aber eindeutig betrunkene weibliche Stimme.
Karkasy drehte sich um und sah eine heruntergekom mene Frau halb zusammengesackt in einer der Nischen am anderen Ende der Zuflucht hocken, was erklärte, warum
er sie nicht gesehen hatte. Sie befand sich im Schatten, aber er erkannte in ihr sofort Petronella Vi var, die Dokumentatorin des Kriegsmeisters, obwohl sie längst nicht so aussah wie bei ihrer letzten Begegnung auf
Davin.
Nein, das stimmte nicht, fiel ihm wieder ein. Er hatte
sie auf dem Hangardeck gesehen, als die Astartes mit Horus zurückgekehrt waren.
Offensichtlich hatte der Vorfall Spuren bei ihr hinter lassen.
»Diese Blätter«, sagte sie. »Was ist das?«
Karkasy ließ schuldbewusst die Blätter los, die über der Tischplatte schwebten, und veränderte den Sitz des Beutels so, dass er auf dem Rücken hing. »Eigentlich nichts«, sagte er, während er auf sie zuging.
»Nur ein paar
Gedichte, von denen ich möchte, dass die Leute sie lesen.«
»Gedichte?
Sind sie gut? Ich könnte etwas Erhebende s vertragen.«
Er wusste, dass er sie besser ihrer rührseligen Einsam keit überlassen hätte, aber der Egoist in ihm musste ein fach antworten.
»Ja. Ich glaube, sie gehören zu meinen besten.«
»Kann ich
sie lesen?«
»Das würde ich in diesem Augenblick an Ihrer Stelle lieber lassen«, sagte er. »Nicht, wenn Sie eine Aufmunte rung wollen. Sie sind ein wenig düster.«
»Ein wenig
düster«, lachte sie, und der Laut klang rau und hässlich.
»Sie
haben ja keine Ahnung.«
»Vivar, nicht wahr?«, sagte Karkasy, als er vor ihrer Nische stand.
»So
heißen sie doch, oder?«
Sie blickte auf. Karkasy wusste Räusche einzuschät zen — sie war bis zum Punkt der Empfindungslosigkeit betrunken.
Drei leere Flaschen standen auf dem Tisch, eine vierte lag in Scherben auf dem
Boden.
»Ja, das bin ich, Petronella Vivar«, sagte sie.
»Palatina Majoria von Haus Carpinus,
Schriftstellerin und Verrä terin ... und
sehr betrunken, glaube ich.«
»Das
sehe ich, aber was meinen Sie mit Verräterin?«
»Betrügerin«, wiederholte sie undeutlich und trank einen Schluck. »Ich bin hergekommen, um von Horus' Herrlichkeit zu berichten und von der famosen Bruder schaft der Primarchen, wissen Sie? Habe Horus gesagt, wenn er es mich nicht machen ließe, könnte er sich zur
Hölle scheren. Ich dachte, damit hätte ich alles verspielt, aber
er hat nur gelacht!«
»Er
hat gelacht?«
Sie nickte. »Ja, er hat gelacht, aber er hat es mich
trotz dem
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