DGB 05 - Fulgrim
hatte.
»Du hast davon gehört«, gab
Horus zurück, nahm ein Stück Apfel in den Mund und wischte sich mit dem Handrücken
über das Kinn.
»Ja«, bestätigte Fulgrim,
woraufhin sein Bruder nur mit den Schultern zuckte.
»Ich hatte versucht, diese
Informationen nicht zu den anderen Expeditionen gelangen zu lassen, weil ich
befürchtete, es könnte der allgemeinen Moral schaden. Außerdem war es nur eine
leichte Verletzung an der Schulter.«
Fulgrim konnte die Lüge
förmlich riechen. »Tatsächlich? Ich hatte gehört, dass es eine Frage von Leben
und Tod gewesen sein soll.«
Der Kriegsmeister kniff die
Augen zusammen.
»Wer hat dir das erzählt?«
»Das ist nicht so wichtig«, gab
er zurück.
»Wichtig ist nur, dass du
überlebt hast.«
»Ja, ich habe überlebt, und
jetzt bin ich stärker als je zuvor. Ich fühle mich geradezu von neuem Leben
erfüllt.«
Fulgrim hob seinen Kelch. »Dann
wollen wir für deine so schnelle Genesung Dank sagen.«
Horus trank einen Schluck, um
seine Verärgerung zu überspielen, während Fulgrim flüchtig grinsen musste. Es
bereitete ihm unglaublichen Spaß, ein so mächtiges Wesen wie den Kriegsmeister
zu ärgern.
»Also«, wechselte Horus schnell
das Thema.
»Du bist hergekommen, um mir
auf die Finger zu schauen. Wird meine Befähigung zum Kriegsmeister infrage
gestellt?«
Der Primarch der Emperors
Children schüttelte den Kopf. »Nein, mein Bruder. Allerdings gibt es manche, die
deine Methoden bei der Umsetzung des Großen Kreuzzugs infrage stellen.
Zivilisten, die Lichtjahre von den Kriegen entfernt leben, die wir in ihrem
Namen führen, wagen es zu hinterfragen, wie du Krieg führst. Und sie wollen
unsere brüderliche Verbindung ausnutzen, indem sie mich losschicken, damit ich
deine Kriegsmeute bändige.«
»Womit wohl Angron gemeint sein
dürfte, nicht wahr?«
Fulgrim nickte und trank von
dem bitteren Wein. »Es wird deiner Aufmerksamkeit nicht entgangen sein, dass er
alles andere als unauffällig agiert. Ich persönlich bin nicht davon angetan,
ihn auf Kriegsschauplätze zu schicken, auf denen er weniger als die völlige
Vernichtung des Gegners anrichten soll. Aber ich weiß auch, dass mal
Zurückhaltung, mal rohe Aggression angewendet werden muss. Ist dieser Krieg ein
Anlass für Letzteres?«
»Das ist er«, versicherte ihm
Horus. »Angrons Hände sind meinetwegen mit Blut beschmiert, und im Moment brauche
ich ihn als blutgetränkten Krieger.«
»Wieso?«
»Du erinnerst dich doch sicher
daran, wie sich Angron nach Ullanor verhielt«, erklärte Horus. »Wie ein wildes
Tier in einem Käfig wehrte er sich mit Händen und Füßen gegen meine Ernennung
zum Kriegsmeister. Jedes seiner Worte zielte darauf ab, mich in den Augen jener
zu schmähen, die sich durch meine Ernennung in ihrem Stolz beleidigt fühlten.«
»Angron denkt mit dem Schwert,
nicht mit dem Kopf«, sagte Fulgrim. »Ich weiß, dass ich mein gesamtes
diplomatisches Geschick in die Waagschale werfen musste, um den Donner in
seinem Herzen zum Verstummen zu bringen und seinen verletzten Stolz zu trösten.
Aber letztlich akzeptierte er deine Rolle. Zwar widerstrebend, wie ich zugeben
muss, aber er akzeptierte sie.«
»Widerstrebend ist für mich
nicht gut genug«, machte Horus ihm klar. »Wenn ich Kriegsmeister sein soll,
dann müssen alle meine Untergebenen mir absoluten Gehorsam entgegenbringen. Es
werden blutige Tage kommen, die diesen Gehorsam unverzichtbar machen. Ich gebe Angron,
was er haben will, ich erlaube ihm, mir seine Loyalität auf die einzige Weise
zu demonstrieren, zu der er fähig ist. Während andere ihn an eine noch kürzere
Leine legen würden, lasse ich ihm seinen Willen, soweit es nur geht.«
»Und seine Loyalität dir
gegenüber wird jetzt mit Blut neu geschmiedet«, folgerte Fulgrim.
»Ganz genau.«
»Ich glaube, das ist es, was
dem Senat zu Terra nicht behagt.«
»Ich bin der Kriegsmeister, und
ich benutze die mir zur Verfügung stehenden Werkzeuge so, wie ich es für angemessen
halte«, sagte Horus. »Unser Bruder Angron ist ungeschliffen und blutrünstig,
aber für ihn habe ich eine Rolle vorgesehen. Diese Rolle erfordert, dass er zu allererst
mir gegenüber loyal ist.«
Fulgrim beobachtete die Augen
des Kriegsmeisters und entdeckte dort eine Leidenschaft, die er seit vielen
Jahrzehnten nicht mehr bei ihm gesehen hatte. Sein Bruder sprach von
irgendwelchen Plänen und von der Tatsache, dass seine Untergebenen ihm
bedingungs-lose Loyalität entgegenbrachten. War das der
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