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Dhalgren

Dhalgren

Titel: Dhalgren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Samuel R Delany
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ihn.
     
    *
     
    »Muß mich beeilen.« Klick. Der Krawattenknoten fuhr hoch.
    »Hey, Mr. Richards?« Kidd stellte seine Tasse ab.
    »Ja. Kidd?« Mr. Richards war schon in der Tür, drehte sich um. »Was möchten Sie?«
    Bobby löffelte seine Getreidefrosties in sich hinein. Es gab keine Milch. June verfolgte mit dem Zeigefinger einen Artikel in der Times von Freitag, dem 24. Oktober 1985. Sie war einige Wochen alt.
    »Ich wüßte gern über mein Geld Bescheid.«
    »Sie brauchen noch was? Ich bringe was mit, wenn ich heute abend nach Hause komme.«
    »Ich wüßte gern, wieviel es ist.« »Hm?«
    »Oh, das, nun, das müssen wir ausrechnen. Haben Sie aufgeschrieben, wie lange Sie jeden Tag gearbeitet haben?«
    »Ja, so ungefähr«, sagte Kidd. »Madame Brown sagte mir, Sie geben mir fünf Dollar die Stunde.«
    Mr. Richards Hand war an der Türklinke. »Das ist ein ganz schön hoher Lohn.« Gedankenvoll schüttelte er den Kopf.
    »Hatten Sie ihr das gesagt?«
    Der Türknopf drehte sich. »Wir reden besser heute abend darüber.« Die Tür schloß sich vor seinem Lächeln.
    Kidd wandte sich wieder zu Mrs. Richards.
    Sie trank, mit unruhigen Augen über dem Rand der Tasse.
    »Ich meine, das haben Sie ihr doch genannt, oder?«
    »Fünf Dollar die Stunde ist ziemlich viel. Für Hilfsarbeit.« Die Tasse sank herab bis zum Kinn.
    »Yeah, aber nicht für Möbelpacker. Also, ich gehe jetzt nach unten und bringe die letzten Teppiche und die Kleider hoch. Das ist nur noch fünf oder sechs Mal laufen. Ich bin fertig, bevor Sie mit dem Lunch anfangen.« Kidd stand zu laut auf und ging zur Tür.
    Bobbys Löffel, ruhig während dieser Unterhaltung, klapperte wieder.
    Junes Blick war gesenkt geblieben, doch ihre Finger bewegten sich weiter.
    Kidd blickte vom Eingang her zu ihr zurück (wie Sekunden vorher ihr Vater ihn angesehen hatte) und versuchte, sie sich bei Georges und Lanyas Unterhaltung von gestern nachmittag vorzustellen. Aber sie schien hier zu Hause, mit dem blonden Kopf über die Zeitung gebeugt (Blond und Rosa spiegelten sich im dunklen Holz), zwischen den feinen weißen Porzellantassen, den Messingübertöpfen, den grünen Teppichen, den blaugeblümten Vorhängen, mit Mutter, Bruder, breiten Fenstern und der grünen Tapete mit den hellgrünen Blumenmustern.
     
    *
     
    Unten in siebzehn betrat er die Wohnung (unversperrt, ohne Kette und dachte: Warum haben wir nicht die Teppiche zuerst hochgebracht? Das war dumm. Wie buntscheckige Aale (der Unterteppich ein kleinerer, dunklerer Aal, mit einem Muster bedruckt, wie er es bisher nur an geriffelten Decken gesehen hatte)   lehnten die Teppiche an der Wohnzimmerwand. Vor dem Fenster schwammen bleiche Meerungeheuer. Auf dem Boden stapelten sich Bücher. Pilgrimage lag oben.
    Zum dritten - oder war es das vierte Mal? Oder das fünfte? - hob er es auf, las hier und da und wartete, bis es ihn fing und hineinzog. Aber die Empfindsamkeit, die er mitzubringen versuchte, ließ ihn wieder und wieder bei einem Schattenmuster auf dem nackten Vinylboden verweilen, bei einem Geräusch aus der Wohnung unten, bei einem Stich in seinem Körper - und seine Aufmerksamkeit wanderte dorthin. Obwohl sein Auge über die Zeilen fuhr, waren sein Standpunkt und der Sinn der Worte verloren: Schließlich legte er das Buch zurück auf den Stapel und legte ein anderes darüber, als sei - und dieser Gedanke wunderte ihn - das erste Buch seins.
    Er stand auf aus der Hockstellung und blickte umher. Er mußte noch die Bridgetische aus der hinteren Abstellkammer, Klappstühle mit verschnörkelten Armlehnen, grüne Kissen und schwarze Metallhaken hochbringen sowie Spielzeug aus Bobbys Zimmer, das verstreut umherlag. Vier Beistelltischchen waren mit kleinen, bunten Zerbrechlichkeiten beladen.
    Er ging den Flur entlang (da war der Karton mit Papieren aus Mr. Richards Bude) und ging in Bobbys Zimmer. Das meiste der zurückgelassenen Dinge gehörte offensichtlich dem älteren Bruder, mit dem er das Zimmer geteilt hatte: Gestern war ein Taschentuch mit dem Monogramm EGR aus einer Schreibtischschublade gefallen. In der Schranktür staken drei Pappkartons mit der Aufschrift Eddie in Markerbuchstaben. Auf dem Boden lag das Bellona High-School-Jahrbuch. Kidd hob es auf und blätterte es durch. Edward Garry Richards (Soccer Team, G.O. Freiwillige, der »Liebling des Cafeteria-Personals . . .«) war kamerascheu.  
    Er legte das Buch auf die Kartons und ging durch den Flur in Junes Zimmer. Auf der Fensterbank lag wie ein

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