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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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Leesils Vater nicht einmal zu, zügelte sein Ross aber im Torbogen des Wachhauses.
    Gavril legte Leesil die Hand auf die Schulter und sagte ihm, dass er warten sollte, trat dann vor. Darmouth beugte sich hinab und richtete leise Worte an ihn. Der graue Hengst unter ihm scharrte mit den Hufen und schnaubte in der kalten Winterluft, und sein Atem wirkte wie Rauch. Leesil erfuhr nie, was Darmouth bei jener Gelegenheit zu seinem Vater gesagt hatte, aber Gavril blieb die ganze Nacht fort und kehrte erst nach der Morgendämmerung zurück.
    Leesil saß auf der Kiste im Keller und sah seinen Vater an. Die Klappe im Küchenboden über Gavril war offen, und etwas Licht kam herab, gab dem Gesicht seines Vaters etwas Maskenhaftes. Die Haut schien zu straff über den Wangenknochen gespannt zu sein.
    »Was will Lord Darmouth von mir?«, fragte Leesil.
    Die Anspannung wich aus Gavrils Gesicht und hinterließ eine sonderbare Müdigkeit, als er ein Pergament aus dem Hemd zog.
    »Dem Baron Progae wird Verrat zur Last gelegt. Sein Einfluss ist so groß, dass Lord Darmouth keine Verhaftung und einen öffentlichen Prozess riskieren kann. Der Rat seiner Minister hat das Todesurteil unterschrieben. Ich habe eine Karte von Progaes Feste und dem Gelände. Du wirst dich noch heute Abend auf den Weg machen.« Gavril mied den Blick seines Sohns. »Klettere an der Nordmauer zum Wehrgang hoch und dring durch den nordöstlichen Turm ins Innere der Feste vor. Ich habe Progaes Schlafzimmer auf der Karte markiert. Er wird allein sein. Alle Familienangehörigen befinden sich bei Verwandten. Vergewissere dich, dass er schläft. Hast du verstanden?«
    Leesil hörte die Worte seines Vaters, erfasste aber nicht ihre Bedeutung. Er wollte nicht verstehen.
    »Das ist der Grund, warum wir noch leben«, sagte sein Vater. »Auf diese Weise überleben wir. Jetzt bist du an der Reihe.«
    Leesil hatte eine lange Ausbildung hinter sich und viele Nächte in diesem Keller damit verbracht, Dinge zu lernen, an die er tagsüber nicht denken wollte. Dennoch fühlte er sich nicht vorbereitet.
    »Präg dir jedes Detail ein«, sagte Gavril. »Lord Darmouth erwartet einen Bericht, wenn du zurückkehrst. Ich habe ihm versichert, dass du alle notwendigen Voraussetzungen mitbrings t … Unser Überleben hängt davon ab. Tu, was nötig ist. Konsequenzen spielen erst dann eine Rolle, wenn sie sich ergeben. Erinnere dich an deine Ausbildung, dann wird alles gut.«
    An jenem Abend brach Leesil auf, mit seinem Kasten, mit dicken, kurzen Dolchen fürs Klettern und einem um den Oberkörper geschlungenen Seil. Niemand sah ihn in seinem dunklen Kapuzenmantel, als er an der Nordmauer hochkletterte und dicht unter dem Rand des Wehrgangs wartete, bis die Wachen außer Sicht gerieten. Der Rest des Weges, vom Turm zum Hof und dann zum Haupthaus, schien fast zu leicht zu sein. Er schlich an Mauern entlang, schlüpfte um Ecken und durch Türen. Ein Teil von ihm wartete darauf, dass etwas schiefging, wollte es sogar.
    Er glaubte allein zu sein, aber als er an einem Torbogen vorbeikam, blickten Gesichter in seine Richtung.
    Leesils Muskeln verkrampften sich. Für einen Moment vergaß er seine Ausbildung, senkte den Kopf, ging in die Hocke und erstarrte. Seine Augen blieben im Schatten der Kapuze verborgen, und ein schwarzes Tuch bedeckte den unteren Teil seines Gesichts.
    Hinter dem Torbogen lag ein Zimmer mit Stühlen, einem dunklen Diwan und einem rostroten Teppich in der Mitte des Steinbodens. Die langen Vorhänge am Fenster waren beiseitegezogen. Das matte Licht des Mondes genügte Leesils Elfenaugen, ein großes Familienporträt an der Wand zu erkennen. Er entspannte sich ein wenig. Die Gesichter, die ihn erschreckt hatten, gehörten zu einem Bild.
    Alle dargestellten Personen hatten dunkles, vielleicht schwarzes Haar, von dem Mann und der Frau bis hin zu den drei Töchtern, und alle waren schlicht, aber elegant gekleidet. Der Vater stand hinter seiner Frau und der ältesten Tochter, die beide saßen, und die zwei anderen Töchter hockten zu Füßen ihrer Mutter. Ein drapierter Vorhang bildete den Hintergrund.
    Baron Progaes dünner Kinn- und Oberlippenbart betonte ein langes, schmales Gesicht mit vorstehenden Jochbeinen. Schmale Brauen wölbten sich über nussbraunen Augen. Er trug ein weißes Hemd unter einem braunen, schwarz abgesetzten Umhang. Seine Frau wirkte streng in ihrem cremefarbenen Kleid und der golden bestickten Weste, doch ihre Augen brachten Wärme und Stolz zum Ausdruck.

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