Dhampir - Halbblut
ruhig. »Roter D’areeling-Wein ist teuer, und wenn es kein Wein gewesen wäre, hättest du irgendwo einen Kartentisch oder ein hübsches Tavernenmädchen mit einer traurigen Geschichte gefunden. Dir davon zu erzählen, hätte nichts geändert.«
Leesil seufzte und suchte nach einer Möglichkeit, Magiere zu überreden. Er wusste, dass ihr weitaus mehr Gedanken durch den Kopf gingen, als sie laut aussprach. Seit vier Jahren arbeiteten sie zusammen, aber zwischen ihr und allen anderen gab es immer eine unsichtbare Wand. Die meiste Zeit über störte ihn das nicht. Er wusste es sogar zu schätzen, denn er hatte eigene Geheimnisse, die es zu hüten galt.
»Nur noch einmal«, sagte er schließlich. »Bestimmt gibt es hier Dörfer, di e … «
»Nein, ich kann es nicht mehr tun.« Magiere schloss die Augen, als wollte sie auf diese Weise die Welt von sich fernhalten. »Als ich die Leiche des verrückten Mannes in den Fluss scho b … Ich bin zu müde.«
»Na schön. In Ordnung.« Leesil wandte sich ab. »Dann erzähl mir von der Taverne.«
Enthusiasmus erklang in Magieres Stimme.
»Miiska ist ein Fischerstädtchen und macht gute Geschäfte mit den Schiffen, die den Küstenseeweg nehmen. Es gibt dort viele Arbeiter und auch Seefahrer, die nach einem anstrengenden Tag etwas trinken und vielleicht auch Karten spielen möchten. Die Taverne hat zwei Stockwerke, die Wohnung liegt im ersten Stock. Ein Name ist mir noch nicht eingefallen. So was fällt dir leichter. Du könntest sogar ein Schild malen.«
»Und du willst mir das Kartenspiel anvertrauen, obwohl du weißt, dass ich oft verliere?«, fragte Leesil.
»Du sollst dich darum kümmern , nicht selbst spielen. Richte einen ehrlichen Pharo-Tisch ein, und wir sind weiterhin Partner, wie in den letzten Jahren. Es ändert sich gar nicht so viel, wie du glaubst.«
Leesil stand auf, legte Holz ins Feuer und wusste nicht recht, warum er sich so sträubte. Magiere machte ihm ein großzügiges Angebot, und sie war ihm gegenüber immer offen gewese n – zumindest so offen, wie sie es in ihrer Verschlossenheit sein konnte. Niemand sonst in seinem Leben hatte ihn bei irgendwelchen Plänen berücksichtigt. Vielleicht beunruhigten ihn die unbekannten Risiken, die sich in den Veränderungen verbargen.
»Wie weit ist dieser Mischa-Ort entfernt?«, fragte Leesil.
»Miiska.« Magiere seufzte schwer. »Das Städtchen heißt Miiska und liegt vier weitere Wegstunden südlich von hier. Morgen sollten wir unser Ziel erreichen.«
Leesil zog den Weinschlauch aus seinen Sachen, als Chap ums Lager lief und schnüffelte. Er begann, Magieres Pläne in Hinsicht auf die Taverne ernsthaft in Erwägung zu ziehen. Verschiedene Möglichkeiten kamen ihm in den Sinn. Ein bisschen Ruhe befreite ihn vielleicht von den Albträumen.
»Ich habe die eine oder andere Idee für das Schild«, sagte er.
Magiere lächelte und reichte ihm einen Apfel. »Erzähl mir davon.«
Am Rand des Lagers hing ein vages Flimmern im Wald. Die meisten hätten es für das letzte Licht der Abenddämmerung gehalten, aber es bewegte sich in den Schatten der Bäume. Es kam näher und verharrte jedes Mal, wenn die in Leder gekleidete Frau oder der blonde Halbblut-Mann sprac h – es schien jedem Wort zu lauschen. Hinter einer Eiche am Rand des Feuerscheins hielt das Flimmern inne.
Im Hinterzimmer des Lagerhauses ging Rashed auf und ab. An diesem Abend fühlte er nicht den Wunsch, wie üblich nach draußen zu gehen und den großen, glühenden Vollmond zu beobachten. Sein blasses Gesicht verriet nervöse Anspannung, als er durch den Raum stapfte. Das Erscheinungsbild war ihm wichtig, und deshalb hatte er sich die Zeit genommen, eine schwarze Stiefelhose und einen frisch gewaschenen burgunderroten Kasack anzuziehen.
»Wie eine Katze herumzulaufen, lässt ihn nicht schneller zurückkehren«, erklang eine sanfte Stimme.
Verärgert blickte er auf Teesha hinab. Sie saß auf einer von Kissen gepolsterten Hartholzbank und führte eine Nadel mit sehr kurzen Stichen durch lohfarbenen Musselin. Die von ihr geschaffene Darstellung wies erste Ähnlichkeit mit einem Sonnenuntergang über dem Meer auf. Rashed hatte nie verstanden, wie Teesha so etwas zustande bringen konnte, nur mit Faden und ein wenig Stoff.
»Wo bleibt er?«, fragte Rashed. »Mehr als zwölf Tage sind seit Parkos Tod vergangen. Physische Distanz spielt für Edwan keine Rolle. Für das Sammeln von Informationen kann er unmöglich so viel Zeit gebraucht haben.«
»Er hat
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