Dhampir - Seelendieb
die Augen, um das Licht auszusperren.
Das eine Auge zerstochen und zitternd vor Erschöpfung öffnete Toret die Eingangstür seines Hauses. Zusammen mit Chane und Tibor wankte er ins Foyer.
Saphir saß in ihrem senffarbenen Seidengewand im Salon und riss die Augen auf. Toret wusste, dass sie einen schrecklichen Anblick boten.
Tibor hatte lange Schnittwunden an den Armen und im Gesicht. In der Mitte seines Halses zeigte sich ein geschwärztes Loch, und seine schmutzige Kleidung war zerfetzt. Chane trug nicht mehr seinen schwarzen Umhang. Etwas Scharfes hatte an der Schulter durchs Hemd geschnitten, und schwarzes Blut war über den Ärmel gelaufen. Die Wunde wollte sich nicht schließen.
Torets Zustand war am schlimmsten. Wo sich sein rechtes Auge befunden hatte, klaffte jetzt ein tiefes Loch. Die Brust war aufgeschnitten, und in der großen Wunde zeigten sich Rippen und Brustbein. Seine zerrissene Kleidung hatte sich vorn ebenso voll Blut gesaugt wie Chanes Ärmel. Aber jetzt war er zu Hause, und Saphir wartete auf ihn. Toret taumelte auf sie zu.
»Teuerst e … «, brachte er hervor.
Saphirs Entsetzen wuchs, als er näher kam und ihr die Hände auf die Schultern legte, um sich abzustützen. Sie wich zurück und stieß ihn fort.
»Toret! Dies ist echte Seide.«
Verwirrt lehnte er sich ans Sofa, was dazu führte, dass noch mehr Blut über seinen Arm rann. Warum schenkte sie ihm keinen Trost?
»Das ist ein Samtsofa!«, entfuhr es Saphir. »Chane, tu etwas. Und wag es nicht, den Matrosen hereinzulassen.«
Toret starrte sie mit seinem unverletzten Auge an. »Saphi r … Liebste. Wir sind verletzt und brauchen deine Hilfe.«
Sie runzelte die Stirn, als wäre dies zu viel für sie, wirbelte herum und rauschte wortlos hinaus.
Toret sah ihr fassungslos hinterher. Er hätte ihr befehlen können, zu bleiben und ihm zu helfen, aber er verzichtete darauf. Sie hätte Anteil nehmen und sich um ihn kümmern sollen, wie Teesha um Rashed, aber stattdessen floh sie voller Abscheu, weil er blutete.
Es mangelte Chane an seiner üblichen Eleganz, als er heranwankte, um ihm zu helfen.
»Du brauchst Ruhe«, sagte er. »Ebenso Tibor.«
»Ich brauche Blut«, erwiderte Toret. »Kannst du mir Nahrung beschaffen?«
Chane ging zum Fenster, schob den Vorhang beiseite und blickte nach draußen.
»Der Tag ist zu nahe, aber Ruhe wird dir helfen, und ich breche sofort auf, wenn die Sonne untergegangen ist.« Er sah sich die eigene offene Wunde an. »Sie schließt sich nicht. Was weißt du vom Schwert der Dhampir?«
Toret sank aufs Sofa und lehnte sich zurück. »Es ist verzaubert oder verflucht. Ich habe es selbst zu spüren bekommen.«
Chane deutete auf den im Foyer stehenden Tibor. »Was ist mit seinem Hals? So sollte sich ein Armbrustbolzen nicht bei uns auswirken.«
»Ein einfacher Trick. Er war in Knoblauchwasser getauch t … Gift für uns.« Toret schloss das Auge. »Zeig Tibor, wo er ruhen kann, und hilf mir dann.«
Es sollte eigentlich nicht Chane sein, der ihm half, sondern Saphir. Während des langen Wegs nach Hause und dem Bemühen, von niemandem gesehen zu werden, hatte Toret immer wieder daran gedacht, wie Saphir ihm die gleiche fürsorgliche Aufmerksamkeit schenken würde, die er ihr entgegengebracht hatte.
Starke Hände zogen ihn hoch, doch er stieß sie beiseite.
»Geh nach unten und ruh dich aus.«
»J a … Herr.«
Toret ging zur Treppe und griff nach dem Geländer. Als er eine Stufe nach der anderen hinter sich brachte, hoffte er, dass ihm ein neues Auge wuchs, wenn er am kommenden Abend Blut trank. Der Halbelf hatte gewöhnliche Waffen verwendet, keine magische Klinge wie die Dhampir; Zeit und Lebenskraft sollten seine Wunden also vollkommen heilen. Doch als er Saphirs geschlossene Tür sah, fragte er sich, ob wirklich alle Wunden heilen würden.
Er zog sich allein in sein Zimmer zurück.
Welstiel saß an einem kleinen Tisch in seinem Raum und dachte nach. Auf dem Nachttischchen tanzten die drei Funken in der Mattglaskugel und erhellten das Zimmer. Sie war das älteste Objekt in seinem Besitz: der erste Gegenstand, den er im Verlauf seiner langen Studien geschaffen hatte. Es schien sehr, sehr lange her zu sein.
Er faltete die Hände und betastete dabei geistesabwesend den Stummel des kleinen Fingers. Sein Plan kam nicht reibungslos voran, und das besorgte ihn. Lanjow war bereit, die Dhampir fortzuschicken, und diese Möglichkeit hatte Welstiel nicht berücksichtigt. Magiere war eine ausgezeichnete
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