Dhampir
Magiere und wartete.
Magiere rührte keinen Muskel.
»Mir gefällt es ebenso wenig wie dir«, sagte Leesil. »Aber Wynn hat recht. Es ist ihre Welt, und wir müssen uns an ihre Regeln halten.«
»Na schön«, sagte Magiere schließlich. »Aber nur, weil ich keine andere Möglichkeit sehe, deine Mutter zu finden. Aber mach dir nichts vor. Sie sind Wächter, keine Beschützer, und sie denken vor allem an ihre eigenen Interessen.«
Leesil musste ihr zustimmen. Im Grunde genommen hatte sie recht. Die Anmaglâhk mochten seiner Mutter ähneln und sich vielleicht sogar ein wenig wie sie verhalten, aber er war hier fremd und verstand ihre Bräuche nicht, ganz zu schweigen von ihrer Denkweise. Doch dadurch änderte sich nichts.
Magiere schnallte ihr Falchion ab und reichte es Sgäile. Er nahm es entgegen, und seine fedrige Braue kam erneut nach oben, als er merkte, wie schwer die Waffe war. Er richtete einen erstaunten Blick auf sie und schien kaum glauben zu können, dass sie in der Lage war, mit einem solchen Schwert zu kämpfen.
Wynn zog Armbrust und Köcher von Leesils Rücken und gab dem Elfen beides. Sgäile überließ sie Urhkar, der sich ihre Riemen über die Schulter schlang. Leesil hielt das für sinnvoll: Es waren mehr Gegenstände, als eine Person tragen konnte, und Sgäile hatte versprochen, die Klingen zu hüten.
Leesil nahm seinen zusammengerollten Mantel aus den Taschen, die Wynn trug, und gab ihn Sgäile.
»Roll sie darin zusammen. Dann sind sie leichter zu tragen und nicht zu sehen.«
Der Elf nickte, drehte sich um und wollte die Gruppe weiterführen.
»Magiere!«, sagte Wynn mit strenger Stimme.
Die junge Weise verschränkte die Arme und starrte auf Magieres Rücken. Mit einem leisen, missbilligenden Knurren sah Chap zu ihr hoch, aber Wynn achtete nicht auf ihn.
Leesil wusste nicht, was er davon halten sollte. Sie hatten sich von der Armbrust, seinen Klingen und Stiletten und Magieres Falchion getrenn t …
Für einen Moment dachte er daran, nichts zu sagen, aber Wynn hatte schon zu viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.
»Gib es ihm«, wandte er sich an Magiere.
Es beunruhigte Leesil manchmal, wie es jemand fertigbringen konnte, allein aus dem Augenwinkel so böse zu blicken. Solche Blicke erinnerten ihn an die Zeit in der Taverne »Zum Seelöwen « – damals hatte Magiere ihn so angesehen, wenn sie seiner Possen überdrüssig wurde.
Magiere griff mit einer Hand unters Gepäck auf ihrem Rücken und holte einen Dolch mit langer Klinge hervo r – sie hatte ihn vor Erreichen der Kriegsländer erworben.
Sgäile öffnete das Bündel mit den Klingen und wartete. Leesil glaubte, in seinen Augen ein amüsiertes Funkeln zu erkennen. Magiere legte ihren Dolch zu den anderen Waffen.
»Kommt«, sagte Sgäile und winkte den anderen Elfen zu. »Der Majay-hì kann gehen, wohin er will, aber ihr solltet in unserem Kreis bleiben. Andernfalls erzeugt ihr vielleicht zu große Unruhe bei unserem Clan.«
Én’nish blieb vorn, gefolgt von Sgäile und Osha, die einige Schritte seitlich gingen. Den Abschluss bildete Urhkar hinter Wynn.
Diesmal waren sie nicht lange unterwegs. Leesil bemerkte Veränderungen bei den Bäumen, als sie einen Bereich mit dichtem Unterholz passierten, in dem das Gebüsch bis über seinen Kopf aufragte. Hier wuchsen mehr Eichen und Zedern, mit dickeren Stämmen.
Kletterpflanzen wucherten bis in die unteren Äste, die Leesil mit den Fingerspitzen erreichen konnte, wenn er den Arm ganz nach oben streckte. Die Baumstämme wiesen seltsame Wölbungen auf, die irgendwie unnatürlich wirkten, doch Anzeichen von Krankheiten sah er nich t – das dichte Blattwerk zeigte üppiges, gesundes Grün. Zwischen den Bäumen wichen die Büsche zurück und machten Platz für Lichtungen mit lindgrünem Moos. Leesil beobachtete, wie jemand einem Waldgeist gleich aus einem Baum kam, über eine kleine Lichtung schritt und wieder verschwand.
Als sie sich dem betreffenden Baum näherten, sah er Efeu, das von den Ästen herabhing und vorhangartig eine Öffnung zwischen den dicken Wurzeln umgab.
»Wohnstätten?«, fragte Wynn, aber niemand antwortete.
Osha wurde nervös, und Sgäile war so wachsam wie bei ihrer ersten Begegnung. Beides beunruhigte Leesil.
Sie kamen an weiteren Wohnbäumen vorbei, neben deren Öffnungen Blumen wuchsen. Ein großer Elf trat durch einen Bogen aus Primeln, die ein dunkles Loch in einer großen Eiche umgaben. Leesil konnte nur erkennen, dass es sich um einen Mann handelte,
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