Dhampir
Hand.
Fréth ging nach draußen, als könnte sie seinen Anblick nicht mehr ertragen.
Sgäile schob den Vorhang beiseite und wartete. Als Leesil sich umdrehte und den Wohnbaum verlassen wollte, hielt Magiere seine Hand fest und sagte: »Du schuldest mir ein Versprechen für ein Versprechen.«
Leesil fragte sich, was sie damit meinte, drehte den Kopf und stellte fest, dass ihre Worte gar nicht ihm galten, sondern Sgäile.
Sgäiles Blick wanderte kurz zu Leesil, und dann nickte er ihr zu. »Immer.«
Magiere ließ Leesils Hand los.
»Ich bin bald wieder da«, sagte er und trat nach draußen.
Fréth war bereits losgegangen, und Sgäile drängte ihn, ihr zu folgen. Ihm fielen die fließenden Bewegungen der Elfe au f – sie erinnerten ihn an seine Mutter. Im schwindenden Licht des Tages sah sie auf Chap hinab.
»Majay-hì?«, fragte sie. »In Crijheäiche?«
Sgäile sagte einige Worte auf Elfisch, und Fréth schürzte die Lippen. Sie schien mit seiner Antwort nicht zufrieden zu sein, ging aber weiter.
Leesil blickte sich um, sah aber keine anderen Hunde. Das Majay-hì-Rudel, das dem Kahn gefolgt war, hatte sich nur dann und wann am Ufer gezeigt und immer Abstand gewahrt. Jene Geschöpfe lebten in einem Land, das keine Menschen tolerierte, und vielleicht waren sie deshalb verwirrt von den Fremden in der Gesellschaft der Elfen. Aber Fréths Frage blieb seltsam.
Die Elfe führte sie vom Fluss weg, aber die Wohnbäume wurden hier nicht weniger. Viele bernsteinfarbene Augen beobachteten sie, und hier und dort drangen flüsternde Stimmen an Leesils Ohren. Einmal glaubte er, ein leises »Cuirin’nên’a« zu hören. Sein Blick wanderte ständig umher, und als sie schließlich die große Eiche erreichten, schien der Baum wie aus dem Nichts vor ihm zu erscheinen.
Er stand auf einer weiten, moosbewachsenen Lichtung, an deren Rand, einen Steinwurf entfernt, sich andere Wohnbäume erhoben. Jeder von ihnen war mindestens so groß wie der, in dem Gleann wohnte, aber im Vergleich mit der Eiche wirkten sie klein. Ihre Wurzeln wölbten den Boden an vielen Stellen, und der Stamm war sechsmal so breit wie ein Mann hoch. Das Geäst ragte weit empor, und das Blätterdach war so dicht, dass sich kaum mehr etwas vom Himmel zeigte.
Fünf Anmaglâhk standen in der Nähe, und nur einer von ihnen trat vor.
Er war größer als Sgäile, hatte breite Schultern und eine Statur, die für einen Elfen eigentlich zu kräftig wirkte. Für Leesil sah er fast wie ein in die Länge gezogener Mensch aus. Doch der Mann war ein Elf, vom weißblonden Haar mit den silbergrauen Strähnen über die bernsteinfarbenen Augen im dreieckigen Gesich t …
Leesil blieb abrupt stehen, und jäher Zorn brannte in ihm.
Vier Narben reichten von der Stirn des Mannes übers rechte Auge hinweg und setzten sich auf der Wange bis zum Kinn fort.
»Brot’an«, flüsterte Leesil. Erinnerungen wurden in ihm wach.
In Darmouths Familiengruft hatte Brot’an ihm zugeflüstert, dass einer der Elfenköpfe unter den Trophäen des Kriegsherrn von seiner Mutter stammte. Leesil hatte Darmouth in die Enge getrieben, ihm sein Knochenmesser in die Kehle gestoßen und beobachtet, wie der verhasste Tyrann starb.
Brot’an hatte Leesils Schuldgefühle ausgenutzt und sie mit einer schlichten Lüge in Wut verwandelt. Leesil hatte zu Ende gebracht, was Brot’ans Auftrag gewesen war: Lord Darmouth zu töten und damit in den Kriegsländern blutige Unruhen auszulösen.
Leesil hatte sich erneut zu einem Werkzeug des Todes machen lassen und ein weiteres Leben ausgelöscht.
Chaps Zorn nahm immer mehr zu, bis er stärker wurde als Leesils Wut. Er legte die Ohren an und fletschte die Zähne.
Brot’ân’duivé – Hund im Dunkeln. Betrüger!
Chap erbebte am ganzen Leib, und sein Fell sträubte sich.
Brot’an zog die Brauen zusammen, wodurch auch die Narben in Bewegung gerieten.
Es spielte keine Rolle für Chap, ob dieser Elf irgendwelche Gefühle für Eillean gehegt hatte. Brot’an hatte Leesil wie ein Werkzeug benutzt und Nein’a ins Reich der Elfen zurückgebracht, wo sie in Gefangenschaft geraten war. Dies und mehr hatte Chap den Erinnerungen des Elfen in Darmouths Gruft entnommen.
Er hätte nicht auf Magiere hören sollen, als sie ihn aufgefordert hatte, den Mann am Leben zu lassen. Es wäre besser gewesen, ihm die Kehle zu zerfleischen.
Und jetzt stand Brot’an hier, als Leesil sich anschickte, mit dem Patriarchen der Anmaglâhk zu sprechen. Wie viel hatte dieser Assassine
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