Diagnose negativ
menschliche Körper übertragen. Es hatte lange gedauert, bis wir die Gefahr beseitigt hatten.
Ich sah in die großen, klaren Augen der Wissenschaftlerin Gundry Ponjares. Sie lebte längst nicht mehr. Wenigstens war es nicht mehr ihr Gehirn, das innerhalb des Schädels ruhte. Es war ein bedrückendes Gefühl, vor einem solchen Scheinwesen zu stehen.
Professor Horam besah sich das Zwitterwesen mit Interesse.
»Wie fühlen Sie sich?« fragte er.
Der Sessel schwenkte herum. Der Deneber lachte.
»Man gewöhnt sich daran«, entgegnete das Gehirn.
Noch vor einigen Monaten hätte sich Coatla wesentlich verletzender geäußert. Für seine Begriffe waren wir halbintelligente Affen gewesen. Er hatte keine Gelegenheit versäumt, mir und anderen Menschen zu verstehen zu geben, wie klein, dumm und biologisch minderwertig wir seien.
Seit dem Marseinsatz hatte sich das Verhältnis geändert. Zwischen Coatla und mir hatte sich eine Art Haßfreundschaft entwickelt. Er hatte erkannt, daß wir einen vernichtenden Schlag gegen die denebische Mondzentrale geführt hatten.
Ohne Coatlas freiwillige Hilfe wären wir beim letzten Seucheneinsatz verloren gewesen. Er hatte die Menschheit unterstützt. Als Gegenleistung versorgten wir ihn mit dem Zellaktivierungsmittel, das er zur Erhaltung seines Lebens benötigte.
Zur Zeit war er das einzige Wesen, das die marsianische Technik kannte und beherrschte. In wissenschaftlich-technischer Hinsicht hatte es zwischen den Entwicklungen auf Mars und Deneb kaum Unterschiede gegeben. Außerdem hatte eine fast hundertjährige Spionagetätigkeit dafür gesorgt, daß beide Seiten über die Errungenschaften des Gegners bestens informiert waren. Coatla war eine unschätzbar wertvolle Hilfskraft geworden.
Mich beruhigte Coatlas Auskunft. Er schien noch einsichtiger geworden zu sein. Ich setzte mich auf den nächsten Sessel und versuchte vergeblich, meine langen Beine unterzubringen. Die Marsianer waren erheblich kleiner gewesen als wir.
»Schwierig, was?« meinte er ironisch. »Sie sollten Ihre Gesichtszuckungen nicht vergessen, HC-9! Wenn es darauf ankommt, wird man Ihnen keine Zeit für Übungen lassen.«
»Der Teufel soll Sie holen, Coatla!« sagte ich deutlich. »Kümmern Sie sich nicht um mein Gesicht. Es könnte sein, daß das von Ihnen ausgeliehene Antlitz in nächster Zukunft ebenfalls zu zucken beginnt. Wie Sie selbst sagten, sind Sie mit jeder Nervenfaser an den menschlichen Trägerkörper angeschlossen.«
»Ich vermisse die logische Begründung Ihrer Bemerkung!« sagte das Etwas.
»Hier ist sie, Freund! Wenn Sie die marsianischen Abwehreinrichtungen auf dem Mond unterschätzt oder falsch eingestuft haben, dürften wir mit einem Feuerwerk empfangen werden. Dann möchte ich Sie sehen!«
Es war erstaunlich, wie schnell man diese weitüberlegene Intelligenz nervös machen konnte. Außerdem wußten wir, daß das fremde Gehirn ziemlich zu kämpfen hatte. Seine Zellen waren ermüdet, erschlafft, möglicherweise sogar krankhaft angegriffen. Das Aktivierungsserum mußte in regelmäßigen Abständen injiziert werden.
»Sie unterschätzen mein Wissen um die Dinge, HC-9!« begehrte Coatla auf. »Sie sollten mich lange genug kennen, um zu wissen, daß ich in …«
»… in der letzten Nervenzelle mehr Intelligenz besitze, als Sie in ihrem ganzen Kopf«, unterbrach ich ihn. »Ja, ich weiß, Deneber. Bedenken Sie jedoch, daß es gegen Ihre uralten Feinde geht. Nicht die Menschheit hat Ihr Volk vernichtet, sondern die Marsianer. Ihr hinterhältiger Angriff gegen meine Welt stand ohnehin auf sehr schwachen
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