Diamantenraub
die Tür verschlossen. »Zeig her, das Buch gehört doch meinen Eltern!«
»Ich denke, jede gute Pension sollte bemüht sein, ihren Gästen etwas Lesestoff zu bieten!«
»Ja, aber dafür haben wir unten eine Bibliothek. Das Buch, das du in den Händen hältst, war jedoch im Schlafzimmer.«
»Das ist nicht wahr«, log Bernd, »außerdem gefällt es mir nicht bei euch. Lass mich raus, oder ich erzähle meinem Vater, dass ihr mich eingesperrt habt. Ich glaube, du würdest ziemlichen Ärger bekommen, wenn meine Eltern sich ganz plötzlich entschließen sollten, wieder abzureisen.«
Chris biss sich auf die Lippen. »Verschwinde«, sagte er und öffnete die Tür, »wir wollten nur verhindern, dass du dich ausgeschlossen fühlst.«
Bernd zögerte. »Ich möchte bitte mein Buch wieder mitnehmen.«
Nun war es mit Chris' Geduld am Ende. Er packte den Eindringling unsanft am Arm, und schubste ihn auf den Gang hinaus. Die anderen lachten.
»Dieser Bernd ist einfach einzigartig!«, rief Pat vergnügt und vergaß sogar für einen Moment ihre Sorge um Fairytale.«Was ist das überhaupt für ein Buch, auf das er so scharf war?«
Chris reichte es ihr hinüber. »Du musst vorsichtig damit umgehen«, sagte er, »es ist uralt und die Seiten sind schon lose. Meine Mutter sagt, es ist schon seit vielen, vielen Jahren im Besitz unserer Familie. Es sind die Aufzeichnungen einer Vorfahrin.«
Pat betrachtete die vergilbten Blätter mit der engen Schrift: Die meisten Seiten waren von der Sonne ausgebleicht und nicht mehr lesbar. Die Buchstaben waren in einer alten Schrift geschrieben; das hatten sie in der Schule nicht gelernt.
»Ich möchte wissen, warum Bernd gerade so etwas liest«, sagte Pat und legte das Buch mit einer ärgerlichen Handbewegung beiseite. »Nun, vielleicht ist er ja ein alter Streber, der sich für verstaubte Heimatkunde interessiert.«
Es wurde noch ein lustiger Nachmittag. Die Freunde tranken Tee, aßen Berge von übrig gebliebenem Weihnachtsgebäck und lauschten Chris' Erzählungen über sämtliche komischen Feriengäste, die »Haus Leuchtfeuer« je gehabt hatte.
»Wenn ihr weiterhin so viel plappert, dürft ihr während meines Unterrichts nicht mehr nebeneinander sitzen«, schimpfte Frau Jung.
Sabine und Steffi verstummten. Schon den ganzen Tag über konnte man die beiden ihre Köpfe zusammenstecken sehen. Dabei tuschelten sie leise und geheimnisvoll. Frau Jung schüttelte missbilligend den Kopf. »Ich möchte zu gern wissen, was ihr so Wichtiges zu besprechen habt. Diane, du sagst uns jetzt etwas über den Knochenaufbau des Pferdebeines. Und euch beiden Tratschtanten würde ich dringend raten, zuzuhören.« Tatsächlich herrschte bis zum Ende des Unterrichts Ruhe. Aber kaum war es fünf Uhr und die Stunde beendet, plapperten Steffi und Sabine weiter. »Am besten, wir gehen zum Meer hinunter«, schlug Sabine vor«, da sind wir wirklich für uns!«
Die Mädchen schlüpften in ihre dicken Parkas, die Standardkleidung der Eulenburgschüler, und machten sich auf den Weg. Die Luft roch salzig, und der leichte Wind trieb eine Mischung aus Sand und Schnee vor sich her.
»Wie ist dieser Stefan eigentlich?«, fragte Steffi. Die heranrollenden Wellen schwappten über ihre Gummistiefel, und einen Moment lang glaubte sie, den Halt zu verlieren, als der Sand unter ihren Füßen weggespült wurde. Hastig trat sie zurück.
Sabine lachte. »Stefan ist in Ordnung. Ein wirklich netter Kerl, und das Beste an ihm ist zweifellos sein Moped.«
»Und kennst du auch den anderen?«
»Martin? Nein, von dem hat er mir nur erzählt. Aber der ist bestimmt auch okay. Du hast doch nicht plötzlich
Angst?«
»Ach was!« Steffi schüttelte den Kopf. Tatsächlich war ihr ein wenig mulmig zumute, aber das hätte sie nie gegenüber Sabine zugegeben. Sabine wirkte oft sehr erwachsen, und man kam sich neben ihr ohnehin wie ein Baby vor. Es war typisch für sie, dass ihr die Geschichte mit Stefan passiert war: Sabine war im Dorf gewesen, um einzukaufen; der Hausmeister der Eulenburg hatte sie mitgenommen. Sie ging in ein Jeans-Geschäft, in dem zu ihrer Überraschung ein ebenso gut aussehender wie netter Junge bediente. Sie kamen ins Gespräch (Steffi dachte später neidisch, dass ihr bestimmt kein Thema eingefallen wäre), und es stellte sich heraus, dass der Junge Stefan hieß und in allen Ferien in der Boutique arbeitete. Er berichtete von einer guten Diskothek, die sich im Dorf befinden sollte.
»Lass uns doch mal zusammen
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