Diamantenschmaus
nach wie vor unter Schock stehenden Beifahrer.
»Uuuund wie soll das klappen, ohne diese Hildi«, Hubsi
stotterte wie ein Weltmeister. »Dddie wollten sich dddoch vergewissern,
dddass …«
»Können sie ja auch«, Carmen hatte eine Idee, und
daher ging es ihr von Minute zu Minute besser. »Bis jetzt weiß sicher noch
niemand, dass wir Hildi nicht mehr haben. Außer vielleicht die Polizei. Deshalb
ist die Chance, dass diese Interessenten kommen, nach wie vor intakt.«
Je länger sie sprach, desto ruhiger wurde sie.
»Wir sagen ganz einfach, Hildi sitzt im Wagen, weil sie
verletzt ist. Ich hab da einen Schal, den drapieren wir so um Adams Kopf, dass
man nicht sofort bemerkt, dass er ein Mann ist. Ein toter Mann. Und sobald sich
der Mann, oder die Frau mit dem Koffer«, fügte sie politisch völlig korrekt
dazu, »nach hinten in den Wagen beugt, um nachzusehen, peng und aus.«
Sie deutete etwas an, das sowohl temporären K. o. als
auch nachhaltigen Exitus hätte bedeuten können. Im Moment wollte Hubsi das aber
gar nicht so genau wissen.
»Uuund was ist mmmit der zweiten Person? Der Mann mit dem
Koffer kommt wahrscheinlich nicht allein«, warf er nicht unberechtigt ein.
»Den überlass nur mir«, wies Carmen an und bekam einen harten
Zug um den Mund. »Um den kümmere ich mich.«
»Klasse«, der Gedanke gefiel dem Mann. »Und danach setzen wir
uns ins Ausland ab. Vielleicht Paris?«
»Spinnst du, da müssten wir ja quer durch ganz Österreich.«
Die Frau schüttelte energisch den Kopf. »Nein, nein, wir fahren nach Osten.
Entweder Bratislava oder Sopron. Ich kenne einen grünen Übergang, da kommen wir
auch in der Nacht zu Fuß hinüber. Den Wagen müssen wir ohnehin stehen lassen,
mit einer Leiche drin. Oder gar mit zwei«, fügte sie hässlich lächelnd dazu.
»Ja«, bestätigte Hubsi, der sich wieder ganz gut im Griff
hatte, »den Wagen müssen wir wohl hier lassen. Morgen kaufe ich mir gleich
einen neuen. Vielleicht sogar ein Coupé.«
*
Der heutige Abend war bisher nicht ganz frei von
Pannen gewesen. Zunächst war ihr Professor Heberlein, ein Kollege aus ihrer
früheren Schule, begegnet. Der kannte Mario und wusste darüber hinaus um ihre
partnerschaftliche Beziehung. Wilma hatte den Eindruck gehabt, dass Herbert
Heberlein durch Olivers Gegenwart und ihre offenbar recht amikale Beziehung
doch etwas irritiert war. Auf jeden Fall hatten er und seine Frau sich rasch
wieder verabschiedet.
Als Nächstes hatte sich Oliver, dieser Kindskopf, etwas
seltsam berührt gezeigt. Weil sie ihn Heberlein gegenüber als Pressekontakt
ausgegeben hatte, als Konsequenz ihrer politischen Tätigkeit als Grüne
Bezirksrätin. Um Himmels willen, was hatte er eigentlich erwartet? Dass sie ihn
als ihren Lover vorstellte? Der Gedanke daran hatte Wilma richtig erschreckt.
Zudem war das Essen im Gegensatz zu den Preisen und
den vom Lokal erzeugten Erwartungen eher mäßig gewesen. Dazu hatten ihr noch
einige junge Freunde Olivers mit der – unausgesprochenen – Frage, was denn die
alte Tante in seiner Begleitung sollte, den Appetit auf das wirklich ganz
ordentliche Mousse au Chocolat verdorben.
Last, but not least hatte sie beim Betreten des Casinos in
der Kärntner Straße feststellen müssen, dass sie ihren Reisepass und auch den
Führerschein zu Hause vergessen hatte.
»Wir bedauern, Madame«, hatte es sehr höflich, aber bestimmt
geheißen, »ohne entsprechenden Nachweis Ihrer Personalien müssen wir Ihnen
leider den Zutritt verwehren.«
Da hatte auch Olivers ach so großer Einfluss nichts geholfen.
Sie musste rasch mit einem Taxi nach Hause und eines der wichtigen Papiere
holen.
Sie war nahe daran gewesen, gleich zu Hause zu bleiben und
den Abend unter Erfahrungen abzuhaken. Aber Olivers gekränkter Ausdruck beim
Andeuten dieser Absicht hatte sie ihre Meinung wieder ändern lassen. Das konnte
sie dem großen Buben doch nicht antun.
Und so steuerte Wilma, genau eine Minute vor Mitternacht, auf
ein Neues die Rezeption des Casinos im wunderschönen Palais Esterházy an, dem
ältesten Gebäude in der Kärntner Straße. Da knapp vor ihr einige neue Besucher
gekommen waren, musste sie ein wenig warten, bis ihre Gästekarte ausgestellt
wurde. Also bis Mitternacht – zu dem Zeitpunkt sollte sie Oliver in der Bar
wieder treffen – würde sie es sicher nicht schaffen. Das war nicht so schlimm,
ein paar Minuten konnte er ruhig warten. Doch es war typisch für diesen
insgesamt, zumindest aber bisher eher
Weitere Kostenlose Bücher