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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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ausgeraubt hatte, der einen Arm recht steif hielt, sich ansonsten aber bester Gesundheit zu erfreuen schien. Auch seine Frau war bei ihm.
    »Ich bin Richter Fang«, fuhr der Richter fort und sah Bud unverwandt an. »Du kannst mich mit Euer Ehren ansprechen. Nun, Bud, Mr. Kwamina hier wirft dir gewisse Aktivitäten vor, die in der Küstenrepublik illegal sind. Dir werden ebenfalls handfeste Verstöße gegen das Gemeinschaftliche Ökonomische Protokoll zur Last gelegt, dem auch wir verpflichtet sind. Diese Verstöße stehen in engem Zusammenhang mit dem eingangs erwähnten Verbrechen, sind aber von geringfügig anderer Natur. Hast du das alles verstanden?«
    »Nicht genau, Euer Ehren«, sagte Bud.
    »Wir glauben, du hast diesen Mann überfallen und ihm ein Loch in den Arm gepustet«, sagte Richter Fang, »was nicht gern gesehen wird.
Capisco?«
    »Ja, Sir.«
    Richter Fang nickte dem Sikh zu, der den Wink verstand.
    »Der GÖP-Kodex«, sagte der Sikh, »gilt für alle Arten von ökonomischen Interaktionen zwischen Menschen und Organisationen. Diebstahl ist so eine Interaktion. Verstümmelung ebenfalls, insofern, als sie die Fähigkeit des Opfers beeinträchtigt, sich ökonomisch zu versorgen. Da das Protokoll nicht für den souveränen Status gilt, arbeiten wir eng mit den einheimischen Gerichtsbarkeiten der GÖP-Signatarstämme zusammen, um derartige Fälle zu verfolgen.«
    »Bist du mit der konfuzianischen Gerichtsbarkeit vertraut, Bud?« fragte Richter Fang. Bud wurde allmählich ganz schwindlig, weil er ständig den Kopf hin- und herdrehen mußte wie ein Zuschauer bei einem Tennisspiel. »Ich vermute, daß nicht. Okay, obwohl die Chinesische Küstenrepublik längst nicht mehr streng oder auch nur vage konfuzianisch ist, basiert unsere Rechtsprechung darauf - das halten wir seit einigen tausend Jahren so und finden es so übel nicht. Das Grundprinzip besteht darin, daß ich als Richter tatsächlich mehrere Rollen gleichzeitig ausübe: Detektiv, Richter, Jury und, falls erforderlich, Scharfrichter.«
    Bud kicherte über diesen Ausdruck, mußte aber feststellen, daß Richter Fang sich nicht in besonders heiterer Stimmung zu befinden schien. Seine New Yorker Attitüde hatte in Bud fälschlicherweise den Eindruck erweckt, als wäre Richter Fang ein ganz normaler Kerl.
    »In meiner erstgenannten Eigenschaft«, fuhr Richter Fang fort, »würde ich gerne von Ihnen erfahren, Mr. Kwamina, ob Sie den Tatverdächtigen wiedererkennen.«
    »Er ist der Mann«, sagte Mr. Kwamina und deutete mit dem Zeigefinger auf Buds Stirn, »der mich bedroht, auf mich geschossen und mir mein Geld gestohlen hat.«
    »Und Mrs. Kum?« sagte Richter Fang. Dann fügte er als Anmerkung für Bud hinzu: »In ihrer Kultur nimmt die Ehefrau nicht den Nachnamen ihres Mannes an.«
    Mrs. Kum nickte nur in Buds Richtung und sagte: »Er ist der Schuldige.«
    »Miss Pao, haben Sie noch etwas hinzuzufügen?«
    Die zierliche Frau mit der Brille sah Bud an und sagte in englisch, mit texanischem Akzent: »Ich habe einen stimmgesteuerten Nano-projektilwerfer, gemeinhin als Schädelkanone bekannt, der mit drei verschiedenen Geschossen bestückt war, darunter auch die sogenannten Krüppler, die gegen Mr. Kwamina verwendet wurden, aus der Stirn dieses Mannes entfernt. Nanopräsenzuntersuchung der Seriennummern dieser Geschosse und Vergleich derselben mit den Bruchstücken, die aus Mr. Kwaminas Wunde entfernt wurden, sprechen dafür, daß die Projektile, die auf Mr. Kwamina abgefeuert wurden, aus der im Schädelknochen eingesetzten Waffe des Verdächtigen stammen.«
    »Peng«, sagte Bud.
    »Okay«, sagte Richter Fang und rieb sich kurz mit einer Hand die Schläfen. Dann drehte er sich zu Bud um. »Du bist schuldig.«
    »He! Bekomme ich keinen Verteidiger?« sagte Bud. »Ich erhebe Einspruch!«
    »Sei kein Arschloch«, sagte Richter Fang.
    Der Sikh sagte: »Da der Täter kein nennenswertes Vermögen besitzt und seine Arbeitskraft nicht ausreichen würde, das Opfer für seine Verletzung zu entschädigen, verliert das Protokoll in diesem Fall seine Gültigkeit.«
    »Verstehe«, sagte Richter Fang. »Okay, Bud, mein Junge, gibt es jemand, den du versorgen mußt?«
    »Ich hab eine Freundin«, sagte Bud. »Sie hat einen Sohn namens Harv, der mein Junge ist, wenn wir nicht falsch gezählt haben. Und ich hab gehört, daß sie schwanger ist.«
    »Glaubst du das, oder weißt du es?«
    »Als ich sie zum letztenmal gesehen habe - vor zwei Monaten -, war sie es.«
    »Wie heißt

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