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Diamond Age - Die Grenzwelt

Titel: Diamond Age - Die Grenzwelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Neal Stephenson
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Auf dem Hinweisschild über der Ausfahrt stand: Z AUBERLAND .
    Auf der Rampe wurden sie beide schneller, und der Junge hob wieder beide Hände und umklammerte die Krempe des Zylinders. Diesmal drehte sich der Vorderreifen des Fahrrads in die falsche Richtung. Der Junge wurde aus dem Sitz geschleudert. Das Fahrrad schlitterte in unerreichbare Ferne und krachte scheppernd gegen etwas. Der Junge prallte einmal auf, überschlug sich und rutschte ein paar Meter weiter. Der Zylinder rollte, teilweise eingedrückt, auf der Krempe, kippte und blieb liegen. Hackworth trat heftig auf die Bremse und schoß ein paar Meter an dem Jungen vorbei. Wie schon zuvor, brauchte er länger, als ihm lieb war, um das Rad zu wenden.
    Und da wurde ihm zum erstenmal klar, daß der Junge nicht allein war, sondern einer Bande angehörte, wahrscheinlich derselben Gruppe, die er in Shanghai gesehen hatte; daß sie ihm auf die Brücke gefolgt und sich seinen verlorenen Zylinder zunutze gemacht hatten, um ihn in die Leasing-Parzellen zu locken; und daß der Rest der Bande, vier oder fünf Jungs auf Fahrrädern, die Rampe herunter auf ihn zukamen, und zwar schnell; im dunstigen Licht der Werbemediatrons in den Leasing-Parzellen funkelten die Chromketten ihrer Tschackos.
     

Miranda; wie sie Raktrice wurde; die Anfänge ihrer Karriere.
    Schon als sie fünf Jahre alt war, wollte Miranda in einem Raktiven mitspielen. Als Teenager, nachdem Mutter sie von Vater und Vaters Geld abgeschnitten hatte, arbeitete sie als Mädchen für alles, schnitt Zwiebeln und polierte den Leuten ihre Tabletts, Tortenschaufeln, Fischmesser und Obstschäler aus Silber. Kaum konnte sie gut genug mit Haar und Make-up umgehen, daß sie sich als Achtzehnjährige ausgeben konnte, arbeitete sie fünf Jahre als Gouvernante, was ein wenig besser bezahlt wurde. Bei ihrem Aussehen hätte sie möglicherweise einen Job als Zofe oder Zimmermädchen bekommen und es zum Gehobenen Gesinde bringen können, aber sie zog die Stellung als Gouvernante vor. Was ihre Eltern ihr als Heranwachsende auch Schlimmes angetan haben mochten, sie hatten sie wenigstens auf ein paar gute Schulen geschickt, wo sie gelernt hatte, Griechisch zu lesen, lateinische Vokabeln zu konjugieren, einige romanische Sprachen zu sprechen, zu zeichnen, zu malen, einige einfache Funktionen zu integrieren und Klavier zu spielen. Bei ihrer Arbeit als Gouvernante kam ihr das alles zugute. Außerdem gab sie sogar verzogenen Gören den Vorzug vor Erwachsenen.
    Wenn die Eltern schließlich ihre abgearbeiteten Ärsche nach Hause geschleppt hatten und ihren Kindern QualitätsZeit opferten, lief Miranda in ihre Souterrainwohnung und begab sich in die billigsten, schrottigsten Raktiven, die sie finden konnte. Sie würde nicht den Fehler machen und ihr ganzes Geld dafür ausgeben, in hochgestochenen Raktiven zu sein. Sie wollte dafür bezahlt werden, nicht bezahlen, und man konnte sein Ragieren ebensogut in einem billigen Ballerstreifen wie auf einer Shakespeare-Bühne üben.
    Kaum hatte sie genügend Ucus zusammengespart, unternahm sie den lange erträumten Ausflug in den Mod-Salon, hielt das Kinn so hoch wie den Rumpf eines Segelklippers über ihrem schwarzen Rollkragen, sah ganz wie eine Raktrice aus und verlangte die Jodie.
Daraufhin
drehten sich einige Köpfe im Wartezimmer in ihre Richtung. Von diesem Augenblick an hieß es nur noch
»Ausgezeichnet, Madam.«
und
»Bitte nehmen Sie hier Platz.«
und
»Hätten Sie gerne etwas Tee, Madam?«
Es war das erste Mal, seit sie und ihre Mutter von zu Hause weggegangen waren, daß jemand ihr Tee anbot, statt ihr auftrug, welchen zu machen, und sie wußte genau, es würde für viele Jahre das letztemal sein, selbst wenn sie Glück hatte.
    Die Tätmaschine arbeitete sechzehn Stunden an ihr; derweil hängten sie ihr einen Valiumtropf in den Arm, damit sie nicht winselte. Die meisten Täts waren heutzutage wie ein Schlag auf den Rücken.
»Sind Sie sicher, daß Sie den Totenschädel wollen?« »Ja, ich bin sicher.« »Ganz sicher?« »ja, ganz sicher.« »Okay -«
und K LATSCH , da war der Schädel, aus dem Blut und Lymphflüssigkeit tropften, mit einer Druckwelle in die Haut gejagt, die einen fast aus dem Sessel lupfte. Aber ein Epidermalgitter war etwas völlig anderes, und eine Jodie war der Oberhammer; sie hatte hundertmal mehr 'siten als die Pixelgitter, die Pornostarlets manchmal trugen, etwa zehntausend im Gesicht allein. Der ekligste Teil der Prozedur war der, als die Maschine ihr den

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