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Diaspora

Diaspora

Titel: Diaspora Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Sinneswahrnehmung, verschlangen sich ineinander und lösten sich dann in leuchtenden Rauch auf.
    »Falsch. Alles geschieht in einem multidimensionalen Frequenzraum. Ich habe den Rand per Fourier-Transformation in über tausend Komponenten aufgelöst, und in allen stecken unabhängige Informationen. Wir befinden uns hier nur in einem schmalen Querschnitt, einem sechzehndimensionalen Ausschnitt – aber er ist so orientiert, daß er die hauptsächlichen Komponenten zeigt, die größtmöglichen Details.«
    Paolo wirbelte in Wolken aus bedeutungslosen Farben umher. Er hatte jede Orientierung verloren, seine Umgebung entzog sich seinem Verständnis. »Du bist ein Gleisner-Roboter, Karpal! Nur sechzehn Dimensionen! Wie konntest du so etwas tun?«
    Karpal klang verletzt, obgleich er nicht zu sehen war. »Was meinst du, warum ich nach C-Z gekommen bin? Ich dachte, ihr wärt flexibel!«
    »Was du hier tust, ist …« Was? Häresie? So etwas gab es nicht. Zumindest offiziell. »Hast du es schon anderen gezeigt?«
    »Natürlich nicht. An wen hast du gedacht? Liesl? Oder Hermann?«
    »Schon gut. Ich kann den Mund halten.« Paolo sprang zum Dodekaeder zurück; Karpal folgte ihm. »Wie soll ich es erklären? Das physikalische Universum hat drei räumliche Dimensionen plus eine zeitliche. Die Bürger von Carter-Zimmerman bewohnen das physikalische Universum. Die falschen Versprechungen der Kozuch-Theorie haben uns eintausend Jahre lang von den Sternen ferngehalten. Höherdimensionale Gedankenspiele sind nur etwas für Solipsisten.« Während er sprach, wurde ihm bereits bewußt, wie schwülstig er klang.
    Karpal war eher belustigt als beleidigt, als er antwortete. »Nur auf diese Weise läßt sich erkennen, was vor sich geht. Es ist der einzige Weg, um es zu verstehen. Willst du gar nicht wissen, was es mit den Teppichen wirklich auf sich hat?«
    Paolo spürte die Versuchung. Ein sechzehndimensionaler Querschnitt durch einen tausenddimensionalen Frequenzraum? Aber schließlich geschah es im Dienst des Verständnisses eines realen physikalischen Systems; es war keine neuartige Erfahrung um ihrer selbst willen.
    Und niemand mußte davon erfahren.
    Er ließ ein schnelles Selbstvorhersage-Modell laufen. Es bestand eine Wahrscheinlichkeit von dreiundneunzig Prozent, daß er einlenken würde, nachdem er ein Kilotau damit verbracht hatte, sich mit der Entscheidung zu plagen. Es war nicht sehr fair, Karpal so lange warten zu lassen.
    Er sagte: »Du mußt mir deinen Algorithmus für die mentale Modifikation borgen. Mein Exo-Ich wüßte überhaupt nicht, wo es anfangen sollte.«
    Als es getan war, wappnete er sich und sprang in Karpals Landschaft zurück. In den ersten Momenten sah er genau dieselben bedeutungslosen Schlieren wie zuvor.
    Dann kristallisierte plötzlich alles.
    Geschöpfe schwammen um sie herum, kompliziert verzweigte Röhren wie mobile Korallen in allen denkbaren Farben, die in Paolos mentaler Palette vorhanden waren. War das Karpals Versuch, einen Teil der Informationen hineinzuzwängen, die lediglich sechzehn Dimensionen nicht zeigen konnten? Paolo blickte auf seinen Körper, an dem nichts fehlte, aber er konnte um ihn herum sehen, in allen dreizehn Dimensionen, in denen er nicht mehr als ein Hauch war. Er wandte sofort den Blick ab. Die ›Korallen‹ wirkten für sein verändertes Wahrnehmungssystem wesentlich natürlicher. Sie füllten den 16-Raum in allen Richtungen aus und waren in Farben getönt, die auf noch viel mehr hindeuteten. Paolo hatte keinen Zweifel, daß es ›lebte‹; es wirkte bei weitem organischer als die Teppiche.
    Karpal erklärte: »Jeder Punkt in diesem Raum entspricht einem quasi-periodischen Muster in den Kacheln. Jede Dimension repräsentiert eine andere charakteristische Größe – ungefähr wie eine Wellenlänge, obwohl die Analogie nicht exakt zutrifft. Die Position in jeder Dimension repräsentiert andere Attribute des Musters, die mit den spezifischen Kacheln in Beziehung stehen. Also sind die lokalisierten Systeme, die du in deiner Umgebung siehst, Bündel aus mehreren Milliarden Mustern, die alle ähnliche Attribute bei ähnlichen Wellenlängen besitzen.«
    Sie bewegten sich von den schwimmenden Korallen fort und gerieten in einen Schwarm von Kreaturen, die an Quallen erinnerten. Flexible Hypersphären mit zarten Tentakeln (die allesamt substantieller als Paolo waren). Winzige juwelenartige Geschöpfe schossen zwischen ihnen umher. Paolo bemerkte allmählich, daß sich hier nichts wie

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