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Dicke Hose (German Edition)

Dicke Hose (German Edition)

Titel: Dicke Hose (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mia Morgowski
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Leitung befinden noch von ihr auf dem Klo besucht werden.
    Mit pochendem Herzen lasse ich mich auf den Badewannenrand sacken. Und nun? Was soll ich jetzt machen? Was würde Henning Baum an meiner Stelle tun? Zwei Badekugeln aneinanderreiben, um daraus Feuer zu machen und die ganze Wohnung abzufackeln? Eine Zigarette rauchen? In ein weiteres, zwanzigjähriges Koma sinken?
    Durch die Tür höre ich die Grünewald weiter scharfzüngige Kommentare abgeben. «Was, glaubst du, wirft das für ein Licht auf mich, wenn ich ohne Begleitung …» Mehr verstehe ich nicht, da sie beim Umherwandern vermutlich gerade in ihrer ungeliebten Küche verschwunden ist. Zumindest scheint es nicht Victoria zu sein, mit der sie spricht. Doch wer weiß, wie lange ihr Gespräch andauert? Ich brauche wirklich schnell einen Geistesblitz.
    In Ermangelung eines Plans kippe ich zunächst einmal das Notfallset auf dem Boden aus. Dabei fällt mein Blick auf Kais Haarspray, das neben den anderen willkürlich von mir zusammengesammelten Gegenständen jetzt auf dem gekachelten Badezimmerboden liegt. Irgendetwas scheint er auf die runde Plastikflasche geklebt zu haben. Etwa eine Anleitung? Wie blöd muss man sein, um sein Haar nach Leitfaden zu fixieren? Möglicherweise unterliegt seine Betonkreation ja einer von Starfigaro Rigatoni festgelegten Gestaltungsnorm?
    Ich sehe mir die Flasche genauer an. Ein kleiner Zettel mit maschinengeschriebenen Zeilen klebt gleich unter dem Bild einer schmallippigen Frau mit Föhnwelle.
    Neugierig beginne ich zu lesen:
Grundprinzipien für den Umgang mit weiblicher Kundschaft:
1. Sei immer ehrlich, aber erspare ihr die Wahrheit
2. Sei aufdringlich, ohne dich aufzudrängen
3. Lass ihren Weg zu deinem Ziel führen
4. Selbstmitleid ist was für Heteros
5. Eine Anprobe sagt mehr als 1000 Worte
6. Frage wenig und erfahre viel
7. Sei nicht naiv – sei kreativ!
Grundprinzipien für den Umgang mit schwuler Kundschaft:
Siehe oben
Grundprinzipien für den Umgang mit männlicher Kundschaft:
1. Was sie nicht will, wird er nicht kaufen
    Ist das krass. Ich verstärke meinen Griff um die Flasche und lese den Text drei weitere Male. Sollte dieser Prinzipien-Humbug etwa tatsächlich das Kaufverhalten mündiger Menschen beeinflussen? Möglicherweise sogar dahingehend, dass eine Frau wie Carmen Grünewald, die immerhin eine Glasmanufaktur leitet, auf der Suche nach einer geräumigen Aktentasche mit abschließbaren Fächern plötzlich umschwenkt und sich stattdessen einen dunkelblauen Umhängebeutel anschafft?
    Ich überlege kurz. Nachdem ich – aufgrund von Wortwahl und Rechtschreibung – ausgeschlossen habe, dass Kai diese Liste gemeinsam mit einem Freund in der Betty-Ford-Klinik zusammenphantasiert hat, beschließe ich, die Bedeutung der Sätze noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen.
    Sei immer ehrlich, aber erspare ihr die Wahrheit. Wie soll das denn bitte schön gehen? Sei aufdringlich, ohne dich aufzudrängen. Hört sich irgendwie genauso unlogisch an. Lass ihren Weg zu deinem Ziel führen. Nun ja. Das klingt zumindest schon mal nach einem guten Ansatz. Aber: Selbstmitleid ist was für Heteros ist ja wohl eine bodenlose Unverschämtheit. Eine Anprobe sagt mehr als 1000 Worte hingegen kommt mir irgendwie bekannt vor. Ist das nicht ein Schlagerzitat?
    Also, wenn das mal nicht die Liste eines bekifften Ashram-Jüngers ist!
    Andererseits scheinen diese Prinzipien bei Kai ja irgendwie zu funktionieren. Der verkauft einem Affen glatt einen anderen Affen.
    Im Flur höre ich jetzt Frau Grünewald ihren Anrufer anbrüllen. Puh! Mit Chance kommt mir eine Erleuchtung, ehe sie die Tür zum Bad eintritt, um mir mit dem abgebrochenen Hals einer Glaskaraffe die Halsschlagader zu durchtrennen.
    Schützend wickele ich mir das Häkelzelt um den Körper und betrachte mich im Spiegel. Woran erinnert mich das nur? Tutanchamun? Wurst im Schlafrock? Aber nein!
    Schlagartig fällt mir das Titelbild der Vogue ein, die bei Miucci auf dem Tisch in der Sitzecke lag. Irgendeine spindeldürre Supermodelfrau trug auf dem Bild eine ähnlich schräge Klamotte.
    Ich ziehe den Stoff fester um meinen Körper. Ja, doch, so oder zumindest so ähnlich sah es aus. Wenn mich meine Erinnerung nicht trügt, gab es auf dem Foto allerdings noch ein paar Verschnürungen. Und plötzlich ist er da, der Geistesblitz!
    Wie ein Irrer beginne ich, auf meinem Smartphone Vogue und Cover zu googeln. Nebenbei greife ich schon mal zur Schere, schneide den Pullover in Streifen

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