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Die 13. Stunde

Titel: Die 13. Stunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Doetsch
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Kisten Gemälde im Wert von Zigmillionen Dollar enthielten. Die Diebe hatten es nur auf die Waffen und den einfachen Safe abgesehen gehabt.
    Julia besaß zwar ein Inventarverzeichnis sämtlicher Kunstwerke, Antiquitäten und Edelsteine, das Shamus Hennicot jedes Jahr mehrere Male aktualisierte, aber sie wusste nicht, was sich im Safe befunden hatte. Der Inhalt der beiden Panzerschränke blieb ein Geheimnis, sah man davon ab, dass Hennicot neben persönlichen Gegenständen einen Beutel mit Brillanten darin aufbewahrt hatte.
    Julia kehrte ins Obergeschoss zurück und wählte die Nummer von Hennicots Sommerhaus in Massachusetts, um ihm die schlechten Neuigkeiten mitzuteilen.
     Doch Talia, Hennicots Sekretärin, meldete sich und erklärte, der Chef sei nicht zu erreichen, da er sich um einen familiären Notfall kümmern müsse. Julia bat um schnellstmöglichen Rückruf; es habe einen Zwischenfall in Washington House gegeben. Damit befolgte sie Hennicots Anweisungen, was »Zwischenfälle« betraf, auf den Punkt genau: Hennicot wollte unter keinen Umständen, dass die Polizei eingeschaltet wurde, ehe er die Tatsachen kannte und entschieden hatte, wie am besten vorzugehen sei. Die Entscheidung lag bei ihm, und Julia würde sie respektieren, wie sie es seit nunmehr drei Jahren tat.
    Shamus Hennicot war in den letzten Wochen krank gewesen, doch als kranker Mann von zweiundneunzig hatte er noch immer mehr Energie, als Julia im Alter von einunddreißig aufbringen konnte. Vor zwei Wochen – sie hatten darüber gesprochen, Hennicots Monet-Sammlung dem New Yorker Metropolitan Museum of Art als Leihgabe zur Verfügung zu stellen – war ihr Gespräch zu Fragen der Familie und des Lebens abgeschweift. Julia hatte so großen Respekt vor Hennicot und seinen Leistungen, dass sie sich öfters mit Fragen an ihn wandte, die über das Geschäftliche hinausgingen.
    Obwohl er keine eigenen Kinder hatte, sprach Shamus Hennicot oft über die Dinge, auf die es im Leben wirklich ankäme: dass man Liebe und Familie nicht im Weg stehen solle, weil sie der wahre Schlüssel zum Glück seien. Sosehr Julia darauf brannte, Nick von ihrer Schwangerschaft zu erzählen – sie freute sich beinahe genauso sehr darauf, Shamus einzuweihen, denn sie wusste, wie begeistert er reagieren würde. Julias Eltern waren schon älter gewesen, als sie zur Welt gekommen war, und vor mehreren Jahren verstorben. Auf seltsame Weise füllte Shamus Hennicot den frei gewordenen Platz in Julias Herzen und war zu einer Art Ersatzgroßvater für sie geworden, der ihre Erfolge lobte, dann und wann eine kluge Bemerkung fallen ließ und sie mit freundlichem Lächeln und fröhlicher Stimme anleitete.
    Die selbstlose Art des alten Mannes berührte Julia ebenso wie seine Freigebigkeit. In einer Welt, die dieses Wort vergessen zu haben schien, war er ein wahrer Gentleman. Er schätzte das geschriebene Wort und schickte ihr Briefe in makelloser, schön geschwungener Handschrift. Die unpersönliche Welt der E-Mail mied er.
    Es belastete Julia sehr, ihn von dem Einbruch berichten zu müssen – vom Diebstahl kostbarer Dinge, die über Jahrzehnte hinweg im Besitz seiner Familie gewesen waren. Obwohl sie wusste, dass er nur sagen würde: »Keine Sorge, meine Liebe, Dinge aus Metall, Stein und Leinwand sind nicht die wahren Wertsachen in meinem Leben«, fragte sie sich, ob der Zwischenfall ihm Kopfzerbrechen bereiten würde und ob zu der Sammlung irgendetwas gehörte, das sich nicht im Inventarverzeichnis fand.
    Als Julia das Haus verließ, summte ihr PDA – aus dem Büro war eine E-Mail eingetroffen. Überraschenderweise waren es die Hennicot-Dateien und -Sicherheitsdaten. Da die Übertragung bei einem Stromausfall automatisch erfolgte, war Julia sofort klar, dass die Kanzlei von dem gleichen Blackout betroffen war wie dieser Teil der Stadt.
    Als Julia vom Grundstück fahren wollte, jagten Polizei- und Feuerwehrwagen an ihr vorbei. Die Ampeln waren ausgefallen, und die Menschen auf den Straßen blickten nach Süden. Und da hatte auch Julia die riesige Wolke aus fettigem schwarzem Rauch entdeckt.
    Selbst jetzt, wo sie fünfzehn Meilen nördlich der Absturzstelle in ihrem Lexus saß, konnte sie den allmählich auseinandertreibenden Rauch am südlichen Horizont noch sehen. Sie blickte auf die Uhr am Armaturenbrett ihres Geländewagens. Es war kurz nach zwei, und sie hatte noch immer nicht mit Nick gesprochen. Sie nahm gerade ihr Handy, um es noch einmal bei ihm zu versuchen, als die

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