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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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waren stets für die gefährlicheren und stärkeren Tränke reserviert gewesen. Kurz lächelte ich, als er auf einen Hocker kletterte, und ich fragte mich, ob er immer noch glaubte, sie seien sicher außerhalb meiner Reichweite.
    »Es könnte gefährlich sein. Sobald er mich übertroffen hat und beginnt, mit anderen Gabenkräften zu experimentieren, wird er an Orte vordringen, wo ich keine Erfahrung habe. Ich werde ihn noch nicht einmal warnen können, geschweige denn, ihn beschützen.« Angewidert schob ich eine Gabenschrift beiseite und meine unbeholfene Übersetzung hinterher. Auch darin übertraf mich Pflichtgetreu. Der Junge besaß Chades Talent für Schriften und Sprachen. Für meine Übersetzungen nahm ich mir jedes Wort einzeln vor, während Pflichtgetreu sich einen Satz anschaute, seinen Sinn entschlüsselte und ihn in schöne Prosa übertrug. Da ich solch eine Arbeit schon Jahre nicht mehr gemacht hatte, waren meine sprachlichen Fähigkeiten verkümmert. Ich fragte mich, ob ich wohl Neid für die schnelle Auffassungsgabe meines Schülers empfand. Machte mich das zu einem schlechten Lehrer?
    »Vielleicht hat er das von dir«, bemerkte Chade nachdenklich.
    »Was hat er von mir?«
    »Die Gabe. Wir wissen, dass du seinen Geist schon berührt hast, als er noch sehr klein war. Du sagst jedoch, die Alte Macht ließe so etwas nicht zu. Also muss es die Gabe gewesen sein. Also hast du ihn vielleicht schon als Kind den Umgang mit der Gabe gelehrt, oder ihn zumindest darauf vorbereitet.«
    Mir gefiel die Richtung nicht, in die seine Gedanken führten. Sofort kam mir Nessel in den Sinn, und Schuldgefühle waren die Folge. Hatte ich auch sie in Gefahr gebracht? »Du willst mir nur die Schuld in die Schuhe schieben.« Ich versuchte, beiläufig zu klingen, als könne das die plötzlich aufkeimende Furcht vertreiben. Ich seufzte, und widerwillig zog ich meine Übersetzungsarbeit wieder zu mir heran. Wenn ich hoffen wollte, Pflichtgetreu weiter unterrichten zu können, musste ich mehr über die Gabe lernen. Dies hier war eine Schriftrolle, die sich mit einer Reihe von Übungen beschäftigte, die dem Schüler helfen sollten, sich zu konzentrieren. Ich hoffte, sie würde mir etwas nützen.
    Chade trat zu mir und schaute mir über die Schulter. »Hm. Was denkst du über die andere Schrift? Die über den Schmerz und die Gabe?«
    Verwirrt blickte ich zu ihm hinauf. »Welche andere Schrift?«
    Er wirkte verärgert. »Du kennst sie. Ich habe sie doch extra für dich liegengelassen.«
    Ich ließ meinen Blick über den überfüllten Tisch schweifen. Da lagen mindestens noch ein Dutzend weiterer Schriftrollen. »Welche?«
    »Eine von denen. Ich habe sie dir doch gezeigt. Dessen bin ich mir sicher.«
    Ich war ebenso sicher, dass er das nicht getan hatte, aber ich hielt meine Zunge im Zaum. Chades Erinnerungsvermögen ließ nach. Ich wusste es. Und er wusste es auch, obwohl er es niemals zugegeben hätte. Auch hatte ich herausgefunden, dass allein die Erwähnung dessen, einen Wutanfall bei ihm auslösen konnte, und das besorgte mich mehr als die Vorstellung, dass mein alter Mentor nicht mehr so scharfsinnig war wie einst. Also beobachtete ich ihn schweigend dabei, wie er in den Pergamenten herumkramte, bis er eine Schriftrolle mit dekorativem blauen Rand gefunden hatte. »Siehst du? Hier ist sie, genau wo ich sie hingelegt habe. Du hast sie dir überhaupt noch nicht angesehen.«
    »Nein. Das habe ich nicht«, gestand ich bereitwillig und hoffte, so das Thema vermeiden zu können, ob er sie mir nun gezeigt hatte oder nicht. »Wovon handelt sie noch einmal, hast du gesagt?«
    Er warf mir einen empörten Blick zu. »Es geht um den Schmerz, der aus der Gabe entspringt. Die Art Kopfschmerz, unter der du immer leidest. Hier werden einige Heilmittel vorgeschlagen, Übungen ebenso wie Kräuter, aber es heißt auch, dass mit der Zeit die Kopfschmerzen schlicht verschwinden würden. Was mich jedoch wirklich interessiert hat, war eine Bemerkung gegen Ende des Textes. Kniebaum sagt, dass einige Gabenmeister eine ›Schmerzmauer‹ benutzt hätten, um ihre Schüler von eigenen Experimenten abzuhalten. Er sagt allerdings nichts darüber, ob diese Mauer stark genug gemacht werden kann, um einen Mann gänzlich vom Benutzen der Gabe abzuhalten. Das wiederum interessierte mich aus zwei Gründen. Ich habe mich gefragt, ob Galen so etwas vielleicht mit dir gemacht hat. Und ich habe mich gefragt, ob das vielleicht eine Möglichkeit wäre, Dick zu

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