Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Prinz die Gabe besser im Griff hat? Bisweilen stellt sein wilder Gebrauch der Gabe doch eine gewisse Ablenkung dar. Es ist, als versuche man, eine komplizierte Gleichung zu lösen, während neben einem jemand laut zählt.«
Chade nippte an seiner Tasse. Er verzog das Gesicht und schluckte das Gebräu dann entschlossen herunter. Mitfühlend zuckte ich zusammen, sagte aber nichts, als er nach einem Weinglas griff, um den Geschmack wegzuspülen. Als er wieder sprach, klang seine Stimme heiser. »Solange Dick der einzige andere Gabenkandidat ist, den wir haben, werde ich ihn nicht fortschicken. Ich will ihn dort haben, wo ich ihn im Auge behalten kann. Und wo du versuchen kannst, dir seine Achtung zu verdienen. Hast du dich schon in irgendeiner Form um ihn bemüht?«
»Ich hatte noch nicht die Gelegenheit dazu.« Ich stand auf, holte mir auch ein Glas und schenkte Wein für uns beide ein. Chade kam an den Tisch zurück. Er stellte Weinglas und Teetasse nebeneinander und betrachtete sie gequält. »Ich weiß nicht, ob er mir aus dem Weg geht, oder seine anderen Pflichten ihm einfach keine Zeit gelassen haben.«
»In letzter Zeit hatte er in der Tat einiges zu erledigen.«
»Nun, das erklärt, warum er seine Arbeit hier vernachlässigt«, bemerkte ich säuerlich. »Manchmal denkt er daran, frische Kerzen aufzustellen, manchmal nicht. Manchmal ist die Asche im Kamin weggeräumt und frisches Feuerholz da, und manchmal sehe ich nur alte Asche und Kohle. Ich glaube, das liegt daran, weil er mich so verabscheut. Deshalb tut er so wenig, wie er nur kann.«
»Er kann nicht schreiben, also kann ich ihm auch keine Liste machen. Manchmal erinnert er sich daran, was ich ihm gesagt habe, manchmal nicht. Das macht ihn einfach nur zu einem schlechten Diener, aber nicht zwangsweise auch zu einem faulen oder böswilligen.« Chade trank noch einen Schluck von seinem Gebräu. Diesmal musste er allerdings husten und spuckte auf den Tisch. Rasch riss ich die Schriftrollen beiseite. Chade wischte sich mit dem Taschentuch über den Mund. »Verzeihung«, sagte er. Ihm standen die Tränen in den Augen, und er trank noch einen Schluck Wein.
»Was ist in dem Tee?«
»Waldblatt. Hexenbutter. Seegummi. Und noch ein paar andere Kräuter.« Wieder nahm er einen Mund voll davon und jagte den Geschmack mit Wein die Kehle runter.
»Wofür soll das gut sein?« An irgendetwas erinnerte mich das Ganze.
»Für einige Probleme, die ich in letzter Zeit habe«, antwortete Chade ausweichend. Ich stand auf und ging die Schriftrollen durch. Sofort fand ich die, die ich suchte. Trotz der Jahre leuchteten die Illustrationen immer noch. Ich entrollte sie und deutete auf ein Bild von Waldblatt.
»Von diesen Kräutern heißt es, sie seien hilfreich, einen Kandidaten für die Gabe zu öffnen.«
Er blickte mich unverwandt an. »Und?«
»Chade. Was tust du da?«
Einen Augenblick lang schaute er mich einfach nur an. Dann fragte er kalt: »Bist du eifersüchtig? Glaubst auch du, mein Geburtsrecht sollte mir verwehrt bleiben?«
»Was?«
Eine seltsame Art von Zorn ließ die Worte aus seinem Mund sprudeln. »Man hat mich nie auf die Gabe hin geprüft. Bastarden wird sie nicht gelehrt. Jedenfalls nicht bis zu dem Tag, an dem du gekommen bist und Listenreich eine Ausnahme für dich gemacht hat. Dennoch bin ich genauso sehr ein Weitseher wie du. Und ich gebiete über die ein oder andere der niederen Magien, wie du inzwischen wissen solltest.«
Er war erregt, und ich wusste nicht warum. Ich nickte und sagte ruhig: »Wie dein Weitsehen im Wasser. So hast du vor all diesen Jahren herausgefunden, dass Guthaven von den Roten Schiffen angegriffen wird.«
»Ja«, bestätigte er zufrieden. Er setzte sich auf seinem Stuhl zurück, doch seine Hände huschten wie Spinnen über die Tischkante. Ich fragte mich, ob die Drogen im Tee ihn beeinflussten. »Ja, ich habe meine eigene Magie. Und vielleicht, wenn man mir die Gelegenheit dazu gibt, werde ich auch die Magie meines Blutes haben, die Magie, auf die ich ein Anrecht habe. Versuch nicht, sie mir zu verweigern, Fitz. All diese Jahre über hat mein eigener Bruder sogar verboten, mich nur zu testen. Ich war gut genug, um ihm den Rücken freizuhalten, gut genug, seine Söhne und Enkel zu erziehen. Aber ich war nie gut genug, dass er mir meine rechtmäßige Magie zugestanden hätte.«
Ich fragte mich, wie lange diese Gedanken schon in ihm geschwärt hatten. Dann erinnerte ich mich an seine Aufregung, als Listenreich mir
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