Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
paar Wochen beobachtet hatte. Die letzten Reste der Kindheit waren ihr von der Gesellschaft in Bocksburg ausgetrieben worden. Nun sprach sie mit der Entschlossenheit einer Frau.
»Ich werde tun, was ich tun muss, Onkel … für unser Mütterhaus. Das weißt du. Ich werde tun, was auch immer ich tun muss, um diesen Fisch ›an den Haken zu bekommen‹.« Als sie ihn wieder anblickte, hatte sie entschlossen die Lippen aufeinander gepresst; gleichzeitig standen ihr jedoch die Tränen in den Augen.
»Nicht das«, sagte Peottre ruhig. »Noch nicht und vielleicht niemals. Jedenfalls hoffe ich das.« Er seufzte plötzlich. »Aber du musst warmherzig zu ihm sein, Elli. Du darfst ihm deine Wut nicht zeigen. Es zerreißt mir das Herz, dir das sagen zu müssen, aber du musst so tun, als hätte es diese Beleidigung nie gegeben. Lächele ihn an. Benimm dich, als wäre das nie geschehen.«
»Sie muss mehr als nur das tun.« Ich konnte nicht sehen, wer da gesprochen hatte, aber ich erkannte die Stimme der Dienerin. Dann kam sie in Sicht, und ich musterte sie eingehender, als ich es zuvor getan hatte. Sie schien ungefähr in meinem Alter zu sein und war wie eine gewöhnliche Dienerin gekleidet. Ihre Körperhaltung war allerdings die von jemandem, der das Kommando hatte. Ihr Haar und ihre Augen waren schwarz, ihre Wangen breit und die Nase schmal. Sie schüttelte den Kopf. »Sie muss demütig und willig erscheinen.«
Sie hielt inne, und ich sah, wie die Muskeln in Peottres Gesicht sich verkrampften, als er die Zähne aufeinander presste. Das schien der Frau zu gefallen, sie lächelte, ließ sich aber nichts anmerken, als sie fortfuhr: »Du musst ihn glauben machen, es sei möglich, dass du dich … ihm hingibst.« Dann sprach sie mit tieferer Stimme. »Mach dir den Bauernprinzen gefügig, und sorg dafür, dass das so bleibt. Er darf keine Andere ansehen; er darf noch nicht einmal daran denken, eine Andere in sein Bett zu nehmen, bevor er verheiratet ist. Er darf nur dir gehören. Irgendwie musst du sein Herz und sein Fleisch für dich beanspruchen. Du hast die Warnung der hohen Frau gehört. Solltest du versagen, sollte er vom Weg abkommen und ein Kind mit einer anderen zeugen, sind du und die deinen verloren.«
»Ich kann das nicht tun«, platzte Elliania heraus. Sie missdeutete den entsetzten Blick ihres Onkels als Tadel, denn sie fuhr verzweifelt fort: »Ich habe es versucht, Onkel Peottre. Das habe ich wirklich. Ich habe für ihn getanzt, ihm für seine Geschenke gedankt und versucht, interessiert auszusehen, wenn er langweilige Geschichten in seiner Bauernsprache erzählt. Aber es nützt alles nichts, denn er hält mich für ein kleines Mädchen. Er verachtet mich als Kind, als simples Geschenk meines Vaters, um einen Vertrag zu besiegeln.«
Ihr Onkel lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und schob den unberührten Teller von sich weg. Er seufzte und drehte sich dann mürrisch zu der Dienerin um. »Du hast sie gehört, Henja. Sie hat deine widerliche, kleine Taktik bereits probiert. Er will sie nicht. Er ist ein Junge ohne Feuer im Blut. Ich weiß nicht, was wir sonst noch tun können.«
Elliania setzte sich plötzlich gerade auf. »Ich schon.« Sie hatte das Kinn wieder gehoben, und Feuer brannte in ihren schwarzen Augen.
Peottre schüttelte den Kopf. »Elliania, du bist nur …«
»Ich bin weder ein Kind, noch einfach nur ein Mädchen! Ich bin kein Kind mehr, seit man mir diese Pflicht auferlegt hat. Onkel. Du kannst mich nicht wie ein Kind behandeln und von anderen erwarten, dass sie mich als Frau sehen. Du kannst mich nicht wie eine Puppe anziehen, mich bitten wie Tantchens süßer, kleiner, formbarer Schatz zu benehmen, und gleichzeitig von mir erwarten, die Aufmerksamkeit des Prinzen zu erregen. Er ist an diesem Hof erzogen worden, inmitten all dieser zuckersüßen Frauen. Wenn ich einfach nur eine von ihnen bin, wird er mich noch nicht einmal sehen. Lass mich tun, was ich tun muss. Wir wissen beide, dass wir scheitern werden, sollte ich so weitermachen wie bisher. Lass es mich auf meine Art versuchen. Wenn wir auch auf dem Weg scheitern, was haben wir dann schon verloren?«
Peottre starrte sie an. Elliania wandte sich von seinem durchdringenden Blick ab und spielte an ihrer unberührten Teetasse herum; dann nippte sie daran. Als Peottre schließlich sprach, lag Furcht in seiner Stimme. »Was schlägst du vor, Kind?«
Elliania stellte die Tasse ab. »Nicht, was Henja vorschlägt, falls es das ist, was du
Weitere Kostenlose Bücher