Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
mich vielleicht. Außerdem bin ich nicht begierig darauf, Rolf zu suchen und die Wahrheit herauszufinden.«
»Das könntest du auch gar nicht. Es tut mir leid, dir sagen zu müssen, dass er vor drei Jahren gestorben ist. Er hat sich ein Fieber eingefangen, und sein Ende ist schnell gekommen.«
Ich war wie erstarrt und das nicht nur aufgrund der Nachricht, sondern auch weil Chade das wusste. Ich ging zu meinem Stuhl und setzte mich. Trauer empfand ich keine. Meine Beziehung zu dem Schwarzen Rolf war immer von Reibereien geprägt gewesen. Aber Bedauern. Er war nicht mehr. Ich fragte mich, wie Holly ohne ihn zurechtkam, und wie Hilda, sein Bär, seinen Tod verkraftet hatte. Eine Zeit lang starrte ich die Wand an und sah ein kleines Haus weit, weit weg. »Woher weißt du das?«, fragte ich schließlich.
»Jetzt komm aber, Fitz. Du hast der Königin von ihm berichtet, und ich habe den Namen schon früher von dir gehört, als du am Wundfieber gelitten und im Delirium gesprochen hast. Ich wusste, dass er wichtig war, und ich behalte wichtige Leute im Auge.«
Das war wie das Steinspiel. Chade hatte gerade einen neuen Spielstein auf das Brett gesetzt, einen, der seine alte Strategie enthüllte. Ich vervollständigte, was er nicht gesagt hatte. »Also hast du gewusst, dass ich dorthin zurückgekehrt bin. Dass ich eine Zeit lang bei ihm gelernt habe.«
Er nickte knapp. »Ich war zwar nicht ganz sicher, aber ich habe mir schon gedacht, dass du das warst. Die Nachricht hat mich gefreut. Das Letzte, was ich davor von dir gehört hatte, war das, was Merle und Kettricken mir erzählt haben, nachdem sie dich am Steinbruch verlassen haben. Zu hören, dass du lebst, und dass es dir gut geht … Monate lang habe ich irgendwie damit gerechnet, dass du plötzlich auf meiner Schwelle stehen würdest. Ich freute mich darauf, aus deinem Mund zu hören, was geschehen war, nachdem Veritas-als-Drache den Steinbruch verlassen hat. Es gab so viel, was wir nicht wussten! Ich stellte mir unsere Wiedervereinigung auf hundert verschiedene Arten vor. Natürlich weißt du, dass ich vergebens gewartet habe. Und schließlich habe ich erkannt, dass du aus freien Stücken nie wieder zu uns zurückkehren würdest.« Er seufzte, als er sich seines alten Schmerzes und der Enttäuschung erinnerte. Dann fügte er leise hinzu: »Trotzdem war ich froh zu hören, dass du noch lebst.«
Die Worte waren kein Tadel. Sie waren nur ein Eingeständnis seines Schmerzes. Meine Wahl hatte ihn verletzt, aber mein Recht dazu hatte er respektiert. Nach meiner Zeit bei Rolf hatte er sicherlich Spione auf mich angesetzt. Die hatten sicher nicht gewusst, dass es FitzChivalric Weitseher war, den sie suchen sollten, aber ohne Zweifel hatten sie mich gefunden. Wie sonst hätte Merle plötzlich vor all den Jahren vor meiner Tür stehen können? »Du hast mich immer im Auge behalten, nicht wahr?«
Chade blickte auf den Tisch und sagte stur: »Ein anderer Mann würde das vielleicht ›Überwachen‹ nennen. Wie ich dir gerade gesagt habe, Fitz, behalte ich wichtige Leute immer im Auge.« Seine nächsten Worte klangen, als könne er meine Gedanken lesen. »Ich habe versucht, dich allein zu lassen, Fitz, damit du endlich Frieden finden konntest, auch wenn das bedeutete, dass ich nicht mehr Teil deines Lebens sein würde.«
Vor zehn Jahren hätte ich den Schmerz in seiner Stimme nicht verstanden. Ich hätte sein Handeln nur als Einmischung und berechnend empfunden. Erst jetzt, wo ich es selbst mit einem Sohn zu tun hatte, der alle meine Ratschläge in den Wind schlug, konnte ich erkennen, was es ihn gekostet hatte, mich meinen eigenen Weg gehen und meine eigenen Entscheidungen treffen zu lassen. Er hatte vermutlich für mich genauso empfunden wie ich für Harm und geglaubt, ich hätte den falschen Weg eingeschlagen. Aber Chade hatte ihn mich gehen lassen.
In diesem Augenblick traf ich meine Entscheidung und brachte Chade damit aus dem Gleichgewicht. »Chade, wenn du willst, könnte ich versuchen … Willst du, dass ich dich in der Gabe unterweise?«
Sein Blick war plötzlich undurchdringlich. »Aha. Jetzt bietest du mir das also an, hm? Interessant. Aber ich glaube, ich komme mit meinen eigenen Studien ganz gut voran. Nein, Fitz. Ich möchte nicht, dass du mich unterrichtest.«
Ich senkte den Kopf. Vielleicht hatte ich diese Verachtung verdient. Ich atmete tief durch. »Dann werde ich diesmal tun, worum du mich bittest. Ich werde Dick ausbilden. Irgendwie werde ich ihn schon
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