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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dann werden sie ihr zu Hilfe kommen. Ihr könntet zumindest Eure Königin davon überzeugen, sich mit uns zu verbünden. Helft uns, der chalcedischen Bedrohung ein Ende zu bereiten. Tintaglia hält ihr Wort; sie hält ihre Schiffe von der Regenwildnis fern, doch mehr kann sie nicht tun. Weiter fliegt sie nicht, um uns zu beschützen, denn dann würden die jungen Drachen sterben. Bitte, Herr! Falls ein Herz in Eurer Brust schlägt, sprecht mit Eurer Königin. Lasst die Drachen nicht aus dieser Welt verschwinden, weil die Menschen ihre bitteren Streitigkeiten nicht lange genug einstellen konnten, um ihnen zu helfen.«
    Er trat vor und versuchte, meine Hand zu ergreifen. Rasch zog ich mich von ihm zurück. »Herr, Ich fürchte, Ihr habt zu viel getrunken. Ihr habt mich mit jemandem von Einfluss verwechselt. Das bin ich nicht. Ich bin nur ein Diener hier in der Burg, und jetzt muss ich die Arbeit erledigen, die mein Herr mir aufgetragen hat. Guten Abend, Herr. Guten Abend.«
    Während er mir hinterher starrte, verließ ich rasch den Raum und verneigte mich dabei immer wieder, als hinge mein Kopf an einem Faden. Als ich wieder in der Halle war, drehte ich mich auf dem Absatz um und eilte davon. Ich wusste, dass er zur Tür kam und mir weiter hinterher blickte, denn ich fühlte den Blick seiner blauen Augen in meinem Rücken. Ich war froh, als ich in den Gang zur Küche einbog, und noch froher, als ich eine Tür zwischen ihm und mir wusste.
    Draußen schneite es; große weiße Flocken fielen aus dem dunklen Abendhimmel herunter. Ich verließ die Burg. Den Wachen am Tor nickte ich nur knapp zu, dann machte ich mich auf den langen Weg zur Stadt hinunter. Ich hatte kein bestimmtes Ziel im Auge; ich wollte einfach nur weg von der Burg. Ich stapfte durch die Dunkelheit und den immer dichter werdenden Schneefall. Ich musste über viel zu viel nachdenken: Ellianias Tätowierungen und was sie bedeuteten, der Narr und Jek und was sie von mir glaubte, weil er ihr irgendwas gesagt hatte, Drachen und Jungen mit Schuppen und was Chade und Kettricken wohl zu den Bingtownern und Outislandern sagen würden. Doch je näher ich der Stadt kam, desto mehr beherrschte Harm meine Gedanken. Ich ließ den Jungen im Stich, den ich als meinen Sohn betrachtete. Egal wie ernst die Dinge in der Burg auch stehen mochten, ich konnte nicht zulassen, dass sie ihn vertrieben. Ich versuchte, mir etwas zu überlegen, wie ich ihn von seinem Weg abbringen konnte, sodass er sich freudig wieder seiner Lehre zuwandte, Svanja beiseite schob, bis er ihr einen ernsthaften Antrag machen konnte, und bei seinem Lehrherrn einziehen würde … Konnte ich ihn dazu zwingen, ein ordentliches Leben zu führen und sich an die Regeln zu halten, die ihm Sicherheit, Glück und Erfolg garantieren würden?
    Ich schob diesen letzten verräterischen Gedanken beiseite. Er ärgerte mich, und ich wollte mich lieber über meinen Jungen ärgern. Ich sollte tun, was Jinna mir vorgeschlagen hatte. Ich sollte ihn an die kurze Leine nehmen und ihn dafür bestrafen, dass er meinen Wünschen nicht gefolgt war. Ich sollte ihm Geld und Sicherheit nehmen, bis er einwilligte, mir zu gehorchen. Ich sollte ihn bei Jinna rausholen und ihm sagen, er könne entweder bei seinem Meister leben, oder er müsse sehen, wie er zurechtkommt. Ich sollte ihn auf Linie zwingen. Ich verzog das Gesicht. O ja, das hätte bei mir in seinem Alter ja auch ganz toll funktioniert. Aber irgendetwas musste ich tun. Irgendwie musste ich ihm Vernunft beibringen.
    Hufschläge auf der Straße hinter mir rissen mich aus meinen Gedanken. Sofort kam mir Laurels Warnung in den Sinn. Ich trat zur Seite, als Pferd und Reiter auf meine Höhe kamen, und legte die Hand ans Messer. Ich erwartete, dass sie ohne weiteren Kommentar an mir vorbeireiten würden. Erst als das Pferd anhielt, erkannte ich Merle im Sattel. Einen Augenblick lang blickte sie schlicht zu mir hinunter. Dann lächelte sie. »Steig hinter mir auf, Fitz. Ich bring dich in die Stadt runter.«
    Das Herz flieht überall hin, wenn es Trost sucht. Das wusste ich, und so hielt ich meins im Zaum. »Danke, aber nein. Die Straße hier ist tückisch im Dunkeln. Du würdest dein Pferd riskieren.«
    »Dann werde ich ihn führen und neben dir her gehen. Es ist schon so lange her, dass wir miteinander gesprochen haben, und heute Abend könnte ich ein freundliches Ohr gebrauchen.«
    »Ich ziehe es allerdings vor, heute Abend allein zu sein, Merle.«
    Einen Augenblick lang schwieg

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