Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
das Strickzeug beiseite. Jinna streichelte ihn geistesabwesend.
»Was hat Harm gesagt?«
Sie machte ein angewidertes Geräusch. »Dass er keine Angst habe. Ich habe ihm gesagt, das hätte nichts damit zu tun, und dass manchmal Dummheit und keine Angst zu haben Zweige desselben Buschs seien.«
»Das hat ihm ohne Zweifel gefallen.«
»Er ging raus. Seitdem habe ich ihn nicht mehr gesehen.«
Ich seufzte. Mir war gerade warm geworden. »Wie lange ist das jetzt her?«
Jinna schüttelte den Kopf. »Es ist sinnlos, ihm hinterher zu gehen. Das war schon vor Stunden, noch vor Sonnenuntergang.«
»Ich würde ohnehin nicht wissen, wo ich ihn suchen sollte«, räumte ich ein. »Ich konnte ihn gestern Nacht nicht finden, und wo auch immer sie waren, jetzt sind sie vermutlich wieder dort.«
»Vermutlich«, stimmte mir Jinna zu. »Nun, zumindest hat Rory Hirschhorn sie vergangene Nacht auch nicht gefunden. Also sind sie im Augenblick vermutlich sicher.«
»Warum kann er seine Tochter nachts nicht einfach drinnen halten? Dann hätte niemand ein Problem.«
Jinna kniff die Augen zusammen. »Niemand hätte ein Problem, wenn du deinen Sohn des Nachts drinnen halten könntest, Tom Dachsenbless.«
»Ich weiß, ich weiß«, sagte ich resignierend, und einen Moment später fügte ich hinzu: »Du solltest dich eigentlich gar nicht darum kümmern müssen.«
Ein paar Augenblicke später kämpfte sich der Rest dieses Gedankens nach vorne. »Wenn Svanjas Vater beschließt, sich Harm zu schnappen, wird er als Erstes hier nach ihm suchen.« Ich kniff die Augenbrauen zusammen. »Ich habe dir nie so viel Ärger bereiten wollen, Jinna. Ich wollte einfach nur einen Freund haben, und jetzt ist alles nur noch ein einziges Chaos, und ich bin Schuld daran.« Ich dachte darüber nach, was das bedeutete. »Ich nehme an, ich sollte mich besser Rory Hirschhorn stellen.«
»Schwelge du ruhig noch was in deinen Selbstvorwürfen, Tom Dachsenbless«, sagte sie angewidert. »Was willst du dem Mann denn sagen? Warum musst du alles auf dich nehmen, was in der Welt schief geht? Wenn ich mich recht entsinne, habe ich Harm kennen gelernt und mich mit ihm angefreundet, lange bevor ich dich getroffen habe. Und Svanja sucht schon nach Ärger, seit sie mit ihrer Familie nach Burgstadt gekommen ist, vermutlich schon länger. Außerdem hat sie eigene Eltern, und Harm ist kein Unschuldslamm. Du hast nicht mit Hirschhorns Tochter angebändelt, sondern Harm. Also hör auf darüber zu jammern, was du alles falsch gemacht hast, und fang damit an, von Harm zu verlangen, dass er die Verantwortung für seine eigenen Taten übernimmt.« Sie ließ sich tiefer auf ihren Stuhl sinken, und wie zu sich selbst fügte sie hinzu: »Du hast genug eigenen Ärger, um den du dich kümmern musst, ohne dass du auch noch die Verantwortung für andere übernimmst.«
Ich starrte sie verwundert an.
»Es ist einfach«, sagte sie. »Harm muss selbst herausfinden, was für Konsequenzen sein Handeln hat. Solange du die Schuld auf dich nimmst, weil du ja so ein schlechter Vater bist, muss Harm sich nicht eingestehen, dass er selbst einen Großteil der Schuld trägt. Natürlich glaubt er noch nicht, überhaupt ein Problem zu haben, aber sobald er das erkennt, wird er zu dir gelaufen kommen und jammern, dass du es beheben sollst … und du wirst es versuchen, weil du es ja für deinen Fehler hältst.«
Ich saß vollkommen still da, saugte die Worte auf und versuchte, den Sinn in ihnen zu erkennen. »Was soll ich also tun?«, verlangte ich schließlich von ihr zu wissen.
Jinna stieß ein hilfloses Lachen aus. »Ich weiß es nicht, Tom Dachsenbless. Aber Harm zu sagen, dass alles deine Schuld ist, solltest du zumindest nicht tun.« Sie hob den Kater hoch und setzte ihn auf den Boden. »Wie auch immer, es gibt da etwas, was ich auch tun sollte.« Sie ging ins Schlafzimmer. Ein paar Augenblicke später kehrte sie mit einer Börse wieder zurück. Die hielt sie mir entgegen. Als ich keinerlei Anstalten machte, sie anzunehmen, schüttelte sie sie. »Nimm es. Dass ist das Geld, das ich nicht für Harm ausgegeben habe. Ich gebe es dir zurück. Wenn er heute Nacht noch zurückkommt, werde ich ihm sagen, dass ich ihn rauswerfe, weil ich nicht plötzlich Ärger vor meiner Tür haben will.« Sie lachte laut, als sie meinen Gesichtsausdruck sah. »Das nennt man ›Konsequenzen‹, Tom. Harm sollte sie öfters zu spüren bekommen. Ach ja … und wenn er zu dir kommen sollte, um sich auszuheulen, halte ich
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