Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Augen zur Königin. Es war ein seltsamer Anblick: Da stand Burrich, alt und grau, und neben ihm sein Sohn, das jugendliche Spiegelbild seiner eigenen Sturheit.
»Falls ich einen Vorschlag unterbreiten dürfte …«, begann Chade, doch Kettricken unterbrach ihn. »Flink«, sagte sie, »du bist weit und schnell gereist. Ich weiß, dass du nass, kalt und müde bist. Sag der Wache an der Tür, dass er dich in die Küchen bringen und dir etwas zu essen besorgen soll; dann setzt du dich erst einmal vor den Kamin, bis du warm und trocken bist. Ich will mit deinem Vater sprechen.«
Der Junge zögerte, und die Falten auf Burrichs Stirn vertieften sich noch. »Gehorche ihr, Junge!«, schnappte er Flink an. »Das ist deine Königin. Wenn du schon nicht der treue Sohn sein kannst, dann zeige wenigstens, dass du dazu erzogen worden bist, deiner rechtmäßigen Königin zu gehorchen. Verneige dich, und dann geh, wie es dir befohlen worden ist!«
Ich sah die Hoffnung in den Augen des Jungen erlöschen. Steif, aber korrekt verneigte er sich und ging. Doch Flink huschte nicht, er schritt würdevoll hinaus, als ginge er zu seiner eigenen Hinrichtung. Nachdem die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, wandte Burrich seinen Blick wieder Kettricken zu. »Ich bitte meine Königin um Verzeihung, dass Ihr damit belästigt worden seid. Normalerweise ist er ein guter Junge. Er ist nur … in einem schwierigen Alter.«
»Er hat uns nicht belästigt. Um die Wahrheit zu sagen, ließe ich mich sogar gerne auf diese Art belästigen, wenn das dich häufiger zu uns führen würde. Willst du dich nicht setzen, Burrich?« Sie deutete auf einen freien Stuhl, einen von mehreren, die in einer Reihe vor ihr standen.
Burrich blieb steif stehen. »Ihr seid sehr großzügig, doch ich habe keine Zeit zu bleiben, meine Königin. Ich habe meiner Frau versprochen, dass ich so rasch wie möglich mit dem Jungen wieder zu ihr zurückkehren würde, und …«
»Muss ich dir erst befehlen, dich zu setzen, mein sturer, alter Freund? Deine gute Frau wird dir verzeihen, wenn du dich einen Augenblick ausruhst, dessen bin ich sicher.«
Er schwieg. Dann ging er gehorsam wie ein Hund zu einem der Stühle und setzte sich.
»Nach all diesen Jahren ist das eine recht seltsame Art für uns alle, wieder zusammenzukommen, und doch bin ich froh, dein Gesicht wieder zu sehen, Burrich. Ja, und es freut mich auch zu sehen, dass dein Sohn den stolzen Geist des Vaters geerbt hat«, sagte Kettricken.
Ein anderer Mann wäre bei diesem mütterlichen Kompliment vermutlich aufgetaut, doch Burrich senkte schlicht den Blick. »Und ich fürchte, er hat auch viele der Fehler seines Vaters geerbt, meine Königin.«
Kettricken verschwendete weder Worte noch Zeit.
»Du meinst die Alte Macht.«
Burrich zuckte zusammen, als hätte sie ihn verflucht.
»Flink hat es uns erzählt, Burrich. Ich betrachte das jedoch keineswegs als Schande. Er hat mir gesagt, er sei hierher gekommen, weil ich die Hinrichtung jener mit der Alten Macht verboten habe. Er hat mich gebeten, ihn in meinen Dienst aufzunehmen. Um die Wahrheit zu sagen, wäre ich froh, einen solch beherzten Jungen als Pagen bei mir aufzunehmen. Aber ich habe ihm gesagt, dass ich das nur mit Zustimmung seines Vaters machen werde.«
Burrich schüttelte den Kopf. »Die gebe ich Euch nicht, meine Königin. Flink ist viel zu jung, um unter Fremden zu leben. So rasch aufzusteigen, könnte ihn verderben. Er muss noch ein paar Jahre an meiner Seite bleiben, bis er gelernt hat, seinen jugendlichen Überschwang zu beherrschen.«
»Und bis du die Alte Macht in ihm abgetötet hast«, ergänzte Chade.
Burrich dachte darüber nach und runzelte die Stirn. »Ich glaube nicht, dass das möglich ist. Viele Jahre lang habe ich versucht, sie bei mir selbst auszulöschen. Sie ist noch immer da. Aber auch wenn ein Mensch nicht davon gereinigt werden kann, so kann man ihm doch beibringen, sich ihr zu verweigern – genauso, wie man anderen Lastern widerstehen kann.«
»Du bist sicher, dass sie ein Laster ist? Etwas, dem man nur mit Verachtung begegnen kann?« Kettricken sprach in sanftem Tonfall. »Hättest du nicht über die Alte Macht verfügt, ich wäre vor all diesen Jahren von Edels Hand gestorben. Hätte dir nicht die Alte Macht zur Verfügung gestanden, Fitz wäre elendiglich in Edels Kerker ums Leben gekommen.«
Burrich atmete kurz ein. Die Luft schien ihm im Halse stecken zu bleiben, und er atmete noch mal durch wie ein Mann, der um
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