Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
musste einfach. Wie betäubt starrte ich durch das Guckloch auf den Mann, der sich für meinen Tod verantwortlich fühlte. Er würde diese Schuld weiter tragen müssen. Ich konnte nichts daran ändern.
    »Burrich. Ich glaube nicht, dass du irgendwem gegenüber versagt hast«, erwiderte Kettricken sanft. »Und ich betrachte die Alte Macht nicht als Makel bei deinem Sohn. Lass ihn hier bei mir. Bitte.«
    Burrich schüttelte langsam den Kopf. »Ihr würdet das nicht sagen, wenn er Euer Sohn wäre. Tag für Tag muss er mit der Gefahr leben, dass andere Menschen von seiner Natur erfahren.«
    Ich sah, wie Kettrickens Schultern sich hoben, als sie tief durchatmete, und ich wusste, dass sie kurz davor stand, Burrich zu sagen, dass auch ihr eigener Sohn über die Alte Macht gebot. Chade erkannte die Gefahr ebenfalls, und so kam er ihr elegant zuvor: »Ich verstehe, was du meinst, Burrich. Ich stimme zwar nicht mit dir überein, aber ich verstehe dich.« Er hielt kurz inne; dann fragte er: »Was wirst du mit dem Jungen tun?«
    Burrich starrte ihn zuerst an und stieß dann ein kurzes Lachen aus. »Was? Fürchtest du, dass ich ihm das Fell über die Ohren ziehen könnte? Nein. Ich werde ihn nach Hause bringen, ihn weit weg von Tieren halten und ihn so hart arbeiten lassen, dass er abends nur noch todmüde ins Bett fallen kann. Außerdem wird die Zunge seiner Mutter ihn schlimmer peitschen, als es eine Neunschwänzige Katze je könnte. Auch seine Schwester wird ihm die Sorgen nicht so schnell verzeihen, die er uns allen bereitet hat.« Dann blickte er plötzlich düster drein. »Hat der Junge Euch etwa gesagt, er fürchte Prügel von mir? Das wäre nämlich eine Lüge, und das weiß er. Dafür könnte er sich tatsächlich eine Ohrfeige einfangen.«
    »Er hat nichts dergleichen gesagt«, erwiderte Kettricken ruhig. »Nur dass er es Zuhause nicht mehr hat aushalten können, wo man ihm die Alte Macht verbietet.«
    Burrich schnaufte. »Niemand stirbt davon, dass man ihm die Alte Macht verbietet. Ein Gefühl der Einsamkeit ist die Folge, wenn man sie aufgibt – das weiß ich nur allzu gut –, aber man stirbt nicht davon, dass man ihr aus dem Weg geht. Die Alte Macht zu benutzen, das kostet einem das Leben.« Unvermittelt stand Burrich auf. Ich hörte sein krankes Knie knacken, und er zuckte unwillkürlich zusammen. »Meine Königin, bitte verzeiht mir, aber wenn ich noch länger hier sitze, werde ich steif und der Ritt nach Hause eine Tortur.«
    »Dann bleib einen Tag hier, Burrich. Geh ins Dampfbad, bis der Schmerz in deinen alten Beinverletzungen nachgelassen hat; zweimal bist du dort verwundet worden, als du das Leben eines Weitsehers verteidigt hast. Iss ordentlich, und schlafe heute Nacht in einem weichen Bett. Morgen ist früh genug, um wieder nach Hause zurückzukehren.«
    »Das geht nicht, meine Königin.«
    »Das geht. Muss ich dir auch noch befehlen, dich auszuruhen?«, fragte die Königin in liebevollem Tonfall.
    Burrich erwiderte ihren Blick. »Meine Königin, wollt Ihr mir befehlen, meiner Frau gegenüber mein Wort zu brechen?«
    Kettricken verneigte sich ernst. »Guter Mann, deine Ehre ist genauso unerschütterlich wie deine Sturheit. Nein, Burrich, nie würde ich dir befehlen, dein Wort zu brechen. Zu oft ist mein eigenes Leben davon abhängig gewesen. Wenn du also willst, werde ich dich gehen lassen. Aber du sollst wenigstens so lange bleiben, wie ich brauche, ein paar Geschenke für deine Familie einpacken zu lassen, und während ich das tue, kannst du genauso gut etwas essen und dich am Kamin wärmen.«
    Burrich schwieg einen Augenblick lang; dann erwiderte er: »Wie Ihr wünscht, meine Königin.« Wieder ließ er sich unter Schmerzen auf ein Knie nieder.
    Als er sich wieder erhob und auf die Erlaubnis wartete, sich entfernen zu dürfen, seufzte Kettricken. »Du darfst gehen, mein Freund.«
    Nachdem die Tür sich hinter ihm geschlossen hatte, saßen Kettricken und Chade schweigend da. Sie waren die einzigen Leute im Raum. Dann drehte Chade sich um und schaute in Richtung meines Gucklochs. Leise sagte er: »Du hast ein wenig Zeit, während er isst. Denk nach. Soll ich ihn wieder in diesen Raum zurückrufen? Du könntest hier allein mit ihm sprechen, und dein Herz könnte endlich Ruhe finden.« Er hielt kurz inne. »Es ist deine Entscheidung, mein Junge. Weder Kettricken noch ich werden sie für dich treffen. Aber …« Seine Stimme verhallte. Vielleicht wusste er, dass ich seinen Rat in dieser Sache nun wirklich

Weitere Kostenlose Bücher