Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
versprochen, mich ihm zu zeigen. In diesem Augenblick legten sie dem Mann Gold in die Hand, schweres, klimperndes Gold. Und ein Mann hatte auch Dick Münzen gegeben, drei kleine Silbermünzen, die lustig auf Dicks fetter Hand klimperten. Und er hatte sowohl Dick als auch den gesichtslosen Diener gewarnt: »Passt auf diesen stinkenden, verräterischen Hund auf. Er wird euch schneller töten, als ihr euch verseht, wenn er glaubt, ihr würdet ihn beobachten.«
Ich spürte den bohrenden Blick der schwarzen Augen des Mannes. Ich versuchte, sein Gesicht in Dicks Erinnerungen zu sehen, doch da waren nur diese stechenden Augen. »Als ich diesen stinkenden Hund zum letzten Mal gesehen habe, hat er einem Mann glatt den Arm abgetrennt. Zack! Wie eine Wurst auf dem Tisch. Mit dir wird er noch Schlimmeres tun, sollte er herausfinden, dass du ihn beobachtest. Pass also auf, Trottel. Lass ihn dich nicht sehen. « Diese Worte, das Meckern der Ziege und das Rumpeln der Wagenräder draußen mischten sich in Dicks Geist mit dem Geräusch des kalten Windes draußen. Irgendwo hämmerte ein Schmied.
Als sie wieder zur Burg raufgingen, hatte der andere Diener Dick noch einmal vor dem » stinkenden Hund« gewarnt. » Du sollst ihn beobachten, lass dich aber nicht von ihm dabei erwischen. Hast du mich verstanden, Junge? Verrate uns, und du wirst nicht nur tot sein, sondern ich auch meine Arbeit verlieren. Pass also ja auf. Lass ihn dich nicht sehen. Hast du verstanden? Hast du verstanden?«
Als Dick sich vor ihm geduckt und gemurmelt hatte, dass er verstanden habe, hat der Diener die Münzen von ihm verlangt, die ihm die anderen gegeben hatten. »Du weißt noch nicht einmal, was man damit macht, Trottel. Gib sie mir.«
»Sie sind mir. Um Süßes zu kaufen, hat er gesagt. Einen Zuckerkuchen.«
Doch der andere Diener hatte Dick geschlagen und ihm die Münzen abgenommen.
Ich trieb im Fluss von Dicks Gabe und erfuhr all das erneut mit ihm. Ich spürte, wie der Diener ihn schlug, ein Schlag mit der flachen Hand, der einem die Ohren klingen ließ; die Gabenwelle, die auf diese Erinnerung folgte, überwältigte mich fast. Es war sinnlos zu versuchen, das Gesicht des Dieners zu sehen. Dick vermied es, ihn anzuschauen. Er duckte sich vor ihm und kniff die Augen aus Angst vor den Schlägen zu.
Sieh ihn an, Dick. Bitte, lass mich ihn sehen, bettelte ich; doch Dicks Erregung sowie meine Flut von Hass auf den Mann rissen uns beide aus der Gabenerinnerung, die wir geteilt hatten. Dick stieß einen wortlosen Schrei aus, wich vor dem erinnerten Schlag zurück, fiel vom Stuhl und rollte gefährlich nah ans Feuer. Ich sprang auf, und mein Kopf drehte sich von dem plötzlichen Kontaktabbruch. Als ich Dicks in eine Decke gehüllten Körper packte, um ihn vom Kamin wegzuziehen, musste er geglaubt haben, ich wolle ihn angreifen, denn er schlug sofort zurück.
Nein, Stinkehund-Mann, nein! Sieh mich nicht, tu mir nicht weh, sieh mich nicht, sieh mich nicht!
Ich ging zu Boden, als hätte mich eine Axt getroffen. Ich war Dick gegenüber so offen gewesen, dass ich eine Zeit lang nichts mehr sehen konnte, gar nichts mehr, und ich schwöre, dass ich in diesem Augenblick einen räudigen Hund gerochen habe.
Nach einiger Zeit kehrte meine Sehkraft wieder zu mir zurück. Meine Gabenmauern erneut zu errichten, erforderte all meine Konzentration. Noch etwas mehr Zeit, und ich konnte mich wieder auf alle Viere aufrichten. Ich fuhr mir mit der Hand durchs Haar und erwartete, Blut dort zu finden, so groß war der Schmerz. Dann setzte ich mich zitternd auf und schaute mich im Raum um. Dick kämpfte mit seiner nassen Hose und stieß ein wildes Grunzen aus: Angst und Frust waren der Grund dafür. Ich atmete tief durch und krächzte: »Dick. Alles in Ordnung. Niemand wird dir wehtun.«
Er schenkte meinen Worten keine Beachtung, sondern kämpfte weiter. Ich zog mich am Stuhl hoch und nahm die Robe, an der ich gearbeitet hatte. »Warte mal einen Augenblick, Dick. Ich habe das gleich für dich fertig. Es ist trocken und warm.« Vorsichtig setzte ich mich wieder. Nun wusste ich es. Ich wusste, warum ich der Stinkehund war, den man hassen und fürchten musste, und ich wusste, warum er mir immer wieder hatte befehlen wollen, ihn nicht zu sehen. Selbst die Geschichte von irgendjemandem, der ihn schlug und ihm sein Geld abnahm, ergab nun mehr Sinn. Dick hatte nie versucht, seine Geheimnisse vor uns zu verbergen. Es fiel mir schwer, mich auf die Nadel zu konzentrieren, doch es
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