Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Aufmerksamkeit voll in Anspruch, und so suchte ich mir derweil eine andere Beschäftigung. Dick konnte ein ordentliches Bad gut vertragen und ich machte mich daran, Wasser in die Gemächer des Narren und von dort aus in Chades Turmzimmer zu schleppen. Noch bevor ich fertig war, schmerzte mich die Narbe auf meinem Rücken fürchterlich. Es war entsetzlich mühselig, endlich verstand ich Dicks Abscheu gegen diese Art von Arbeit. Ich schüttete den letzten Eimer in den großen Kupferkessel über dem Kamin und hing ihn zum Erhitzen über das Feuer, während ich den Waschzuber vorbereitete. Dick schenkte mir keinerlei Aufmerksamkeit. Er aß noch immer eine Rosine nach der anderen. Der rosa Zuckerkuchen stand unberührt auf dem Tisch vor ihm. Seine Konzentration war vollkommen. Während ich ihn beim Essen beobachtete, fiel mir auf, dass ihm seine Zähne Probleme bereiteten. Das Kauen schien ihm schwer zu fallen. Als er sich an die Nüsse machte, wurde das sogar noch offensichtlicher. Ich ließ ihn in Ruhe, während er sich langsam durch sie durch arbeitete. Nachdem er dann auch mit den Nüssen fertig war, dachte ich, nun endlich würde er sich über den Kuchen hermachen. Stattdessen zog er ihn zu sich heran und bewunderte ihn. Nachdem einige Zeit vergangen war und das Wasser heiß dampfte, fragte ich ihn in sanftem Ton: »Willst du deinen Kuchen nicht essen, Dick?«
Nachdenklich runzelte er die Stirn. »Wenn ich ihn esse, ist er weg. Wie die Rosinen.«
Ich nickte langsam. »Aber dann könntest du vielleicht noch einen bekommen. Vom Prinzen.«
Misstrauen funkelte in seinen Augen. »Vom Prinzen?«
»Natürlich. Wenn du gute Dinge tust, die dem Prinzen helfen, wird er dir vermutlich gute Dinge wiedergeben.« Ich ließ ihn nachdenken, dann fragte ich: »Dick, hast du irgendwelche anderen Kleider?«
»Andere Kleider?«
»Andere Kleider als die, die du trägst. Ein anderes Hemd und eine andere Hose.«
Er schüttelte den Kopf. »Nur die hier.«
Selbst ich war nie so schlecht versorgt worden. Ich hoffte, dass das nicht der Wahrheit entsprach. »Was trägst du, wenn diese Kleider gewaschen werden?« Ich schüttete das heiße Wasser in den Badezuber.
»Gewaschen?«
Ich gab es auf. Ich wollte eigentlich gar nicht mehr wissen. »Dick, ich habe dir Wasser gebracht und es für dich zum Baden heiß gemacht.« Ich ging zu einem Regal und holte Chades Nähzeug. Damit würde ich wenigstens ein paar der Risse in Dicks Kleidern nähen können.
»Ein Bad? Wie sich im Fluss waschen?«
»So ungefähr. Aber mit heißem Wasser. Und mit Seife.«
Einen Augenblick lang dachte er darüber nach. »Das tue ich nicht.« Er wandte sich wieder dem Zuckerkuchen zu.
»Du könntest es doch mal versuchen. Es fühlt sich gut an, sauber zu sein.« Einladend plätscherte ich mit dem Wasser.
Dick saß vollkommen still da und starrte mich an. Dann schob er den Stuhl zurück und kam zum Badezuber. Er blickte ins Wasser. Wieder plätscherte ich ein wenig. Langsam kniete er sich neben den Zuber. Während er mit einer Hand den Rand fest umklammert hielt, steckte er die andere ins Wasser und plätscherte ebenfalls. Dann stieß er ein amüsiertes Grunzen aus und sagte: »Es ist warm.«
»Es ist schön, da drin zu sitzen, am ganzen Körper warm zu sein und zum Schluss gut zu riechen.«
Er machte ein Geräusch, das weder Zustimmung noch Ablehnung war, und stieß die Hand tiefer ins Wasser. Der zerlumpte Saum seines Ärmels wurde nass.
Ich stand auf, ging weg und ließ Dick allein. Es dauerte einige Zeit, bis er den Zuber vollständig untersucht hatte. Als beide Ärmel vollkommen durchnässt waren, schlug ich ihm vor, das Hemd auszuziehen. Das Wasser war bereits stark abgekühlt, bevor er beschloss, auch Schuhe und Hose auszuziehen und hineinzusteigen. Unterwäsche hatte er keine. Er war äußerst misstrauisch, als ich versuchte, heißes Wasser nachzugießen, doch nachdem er erst einmal darüber nachgedacht hatte, willigte er ein. Er spielte mehr mit der Seife und dem Waschtuch, als dass er sie benutzt hätte. In dem warmen Wasser entspannte er sich mehr und mehr. Ihn davon zu überzeugen, nicht nur sein Gesicht zu waschen, sondern auch sein Haar, war keine leichte Aufgabe.
In bruchstückhaften Gesprächen erfuhr ich, dass er sich seit dem Frühlingsfest überhaupt nicht mehr gewaschen hatte. Nach dem Tod seiner Mutter hatte ihm das niemand mehr gesagt. Sein Verlust war also noch nicht allzu lange her. Als ich ihn fragte, wie er die Arbeit in der Burg
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