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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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gelang mir. Noch ein Dutzend Stiche, und ich war fertig. Ich verknotete den Faden, biss ihn ab und hielt die Robe in die Höhe. »Zieh das hier erst einmal an, bis deine Kleider trocken sind.«
    Dick ließ seine nasse Hose zu Boden fallen, kam aber keinen Schritt näher. »Du bist wütend auf mich. Du wirst mich schlagen. Vielleicht hackst du mir auch meinen Arm ab.«
    »Nein, Dick. Du hast mir wehgetan, aber du hattest Angst. Ich bin nicht wütend auf dich, und ich würde dir niemals den Arm abhacken. Ich will dich nicht schlagen.«
    »Der einarmige Mann hat gesagt …«
    »Der einarmige Mann lügt. Gleiches gilt für seine Freunde. Sie lügen viel. Denk darüber nach. Rieche ich wie ein Hundefurz?«
    Es folgte ein kurzes Schweigen, dann: »Nein.«
    »Schlage ich dich, oder hacke ich dir die Arme ab? Hier, komm. Nimm diese Robe. Dir ist sicher kalt.«
    Vorsichtig kam er näher. »Nein.« Misstrauisch betrachtete er die Robe. »Warum gibst du mir das?«
    »Weil sie wie ein rosa Zuckerkuchen, Rosinen oder eine Feder ist. Dein Prinz will, dass du bessere Kleider hast. Das wird dich warm halten, bis deine alten Kleider getrocknet sind, und der Prinz wird schon bald neue Kleider für Dick machen lassen.«
    Mit errichteten Mauern trat ich einen Schritt auf ihn zu. Ich hielt den Kragen der Robe auf, blickte ihn dadurch an und stülpte sie ihm über den Kopf. Sie war noch immer zu lang. Sie fiel um ihn herum auf den Boden, und auch die Ärmel hingen ihm über die Hände. Ich nahm ein Stück abgeschnittene Kordel, um daraus einen Gürtel zu machen. Nachdem die Robe damit hochgebunden war, konnte Dick gehen, ohne über den Saum zu stolpern. Er drückte sie an sich. »Das ist weich.«
    »Nun. Vielleicht weicher als deine alten Kleider. Vor allem ist sie aber sauberer.« Ich kehrte zu meinem Stuhl zurück und ließ mich darauf fallen. Die Kopfschmerzen ebbten bereits ab. Vielleicht hatte Chade Recht, was den Gabenschmerz betraf. Mein Körper schmerzte noch immer von meinem Sturz auf den Boden, und die Beulen und Flecken, die Svanjas Vater mir zugefügt hatte, taten ihr Übriges. Ich seufzte. »Dick. Wie oft hast du dich mit ihnen getroffen?«
    Dick stand auf, schob die Zunge raus und dachte nach. »An Waschtagen.«
    »Ich weiß. An Waschtagen gehst du zu ihnen. Aber wie oft schon? Wie viele Male?«
    Er legte die Zunge über die Oberlippe und dachte weiter nach. Dann nickte er und sagte betont: »Jeden Waschtag.«
    Eine bessere Antwort würde ich wohl nicht bekommen. »Gehst du immer alleine zu ihnen?«
    Das ließ einen Schatten über sein Gesicht huschen. »Nein. Ich könnte, aber er lässt mich nicht.«
    »Weil er die Münzen will, die sie ihm geben – und die Münzen, die sie dir geben.«
    Dicks Gesicht verdunkelte sich weiter. »Schlägt Dick, nimmt ihm seine Münzen weg. Dann ist Einarm wütend geworden. Ich habe es ihm erzählt. Jetzt nimmt er die Münzen, gibt mir aber ein paar Pennys wieder – für Süßigkeiten.«
    »Wer?«
    »Ich darf nicht über ihn reden«, antwortete er schließlich, und ich fühlte wieder einen Hauch der Angst, die seine Gabenmusik überlagert hatte. Dick kratzte sich am Kopf und zog dann eine Haarsträhne um den Kopf herum, sodass er sie sich anschauen konnte. »Wirst du mein Haar schneiden? Meine Mutter hat mir immer mein Haar geschnitten, manchmal, nachdem ich mich gewaschen habe.«
    »Ja, das ist wirklich eine gute Idee. Lass uns dein Haar schneiden.« Ich stand schwerfällig auf. Ich musste mir das Knie angestoßen haben, als ich zu Boden gegangen war. Es tat weh. Ich war frustriert, aber jeder Versuch, Informationen aus Dick herauszu zwingen, würden diese nur umso tiefer unter seiner Furcht begraben. »Setz dich an den Tisch, Dick. Ich suche mir schnell eine Schere. Gibt es irgendetwas, was du mir sagen kannst? Kannst du mir von dem einarmigen Mann erzählen? Wo lebt er?«
    Dick antwortete nicht. Er ging zum Tisch und setzte sich. Kaum dort angekommen schnappte er sich den rosa Zuckerkuchen und untersuchte ihn eingehend. Während er ihn in seinen Händen drehte, schien er alles um sich herum zu vergessen. Ich kam mit der Schere zum Tisch. »Dick. Worüber redet der einarmige Mann mit dir?«
    Dick schaute mich nicht an, er sprach zu dem Kuchen. »Soll nicht über ihn reden. Mit niemandem. Sonst töten sie mich, und das, was in mir drin ist, fällt in den Dreck.« Mit beiden Händen klopfte er sich auf den runden Bauch, als wolle er bestätigt wissen, dass noch alles da war, wo es sein

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