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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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dieser Gedanke war ebenfalls unhaltbar. So spekulierte sie mit zwei unakzeptierbaren Vorstellungen, und die ganze Zeit über nahm die Spannung im Haushalt zu.
    »Er erlaubt meinem Bruder nicht mehr, alleine rauszugehen. Den ganzen Tag lang muss er meinen Vater bei der Arbeit begleiten, aber die Pferde darf er weder striegeln, noch mit ihnen üben. Stattdessen muss er daneben stehen und zuschauen. Das ergibt keinen Sinn für mich und auch nicht für meine Brüder. Aber wenn wir meinen Vater danach fragen, wird er sehr streng und schweigt. Wir sind alle sehr unglücklich darüber, und ich weiß nicht, wie lange mein Bruder das noch aushalten wird. Ich fürchte, er wird aus purer Verzweiflung irgendetwas tun.«
    Was fürchtest du, das er tun wird?
    »Ich weiß es nicht. Wenn ich es wüsste, könnte ich es verhindern.«
    Ich weiß nicht, wie ich dir dabei helfen kann.
    Vorsichtig schirmte ich den Gedanken von allem ab, was ich wusste. Wie würde sie über Flink denken, wenn sie erfuhr, dass er über die Alte Macht verfügte? Wie sprachen Burrich und Molly Zuhause über diese Magie, wenn überhaupt? Nessel hatte nicht erwähnt, wie ihre Mutter auf die Situation reagierte, und ich wiederum fand nicht den Mut, sie zu fragen.
    »Ich habe auch nicht geglaubt, dass du das könntest, Schattenwolf. Das ist auch der Grund dafür, warum ich nicht zu dir gekommen bin. Aber ich bin dankbar dafür, dass du zu mir gekommen bist, auch wenn du mir nicht helfen kannst.« Sie seufzte. »Wenn du mich aussperrst, fühle ich mich isolierter, als ich erklären kann. So lange warst du immer da, am Rand meiner Träume, und hast sie durch mich beobachtet. Dann hast du dich plötzlich zurückgezogen, und ich weiß nicht warum. Auch weiß ich nicht, wer oder was du wirklich bist. Willst du dich mir nicht erklären?«
    Das kann ich nicht. Ich hörte die Härte meiner Weigerung und fühlte als Gabenecho, wie sehr sie das verletzte. Gegen meinen Willen versuchte ich es. Ich kann es dir nicht erklären. In mancherlei Hinsicht stelle ich eine Gefahr für dich dar, und deshalb versuche ich, mich von dir fernzuhalten. Du brauchst mich nicht wirklich. Aber auf alle Arten, die mir zur Verfügung stehen, werde ich über dich wachen und dich beschützen. Ich werde zu dir kommen, wenn ich glaube, dass du mich brauchst.
    »Du widersprichst dir selbst. Du bist eine Gefahr, die mich beschützen wird? Ich brauche dich nicht, aber du wirst zu mir kommen, wenn ich dich brauche? Das ergibt keinen Sinn!«
    Nein. Das ergibt keinen Sinn, gab ich demütig zu. Und deshalb kann ich mich dir nicht erklären. Nessel. Ich kann dir nur Folgendes anbieten: Was sich zwischen deinem Vater und deinem Bruder abspielt, spielt sich zwischen deinem Vater und deinem Bruder ab. Lass es nicht zwischen dich und einen von ihnen kommen, so schwer das auch sein mag. Verlier nicht den Glauben an einen von beiden, und hör auch nicht auf, sie zu lieben.
    »Als wenn ich das könnte«, sagte sie bitter. »Wenn ich aufhören könnte, sie zu lieben, dann könnte ich auch aufhören darum zu trauern, was sie einander antun.«
    Und da trennten wir uns voneinander, ich verblasste aus ihrem Traum. Ich fand nur wenig Trost in solch einem Kontakt zu meiner Tochter, und ihr erging es nicht anders, dessen bin ich sicher. Ihre Sorge wurde zu meiner Sorge. Burrich war schon immer streng gewesen, doch in seinem eigenen Verständnis auch fair. Er war oft grob zu mir gewesen, doch niemals hart. Im Ärger hatte er mir vielleicht dann und wann mal einen Stoß versetzt, doch geschlagen hatte er mich selten. Die wenigen Prügel, die ich von seiner Hand erhalten hatte, waren stets dazu gedacht gewesen, mir eine Lektion zu erteilen, nie mich zu verletzen. Zurückblickend musste ich auch sagen, dass die körperliche Strafe immer berechtigt war. Ich fürchtete jedoch, dass Flink ihm offen trotzen würde, was ich nie getan hatte, und ich wusste nicht, was für eine Wirkung das auf den Mann haben würde. Er glaubte, dass schon ein Junge, der seiner Obhut anvertraut worden war, auf grausame Art gestorben war, weil er ihm nicht frühzeitig die Alte Macht aus dem Leib geprügelt hatte. Würde er es als seine Pflicht betrachten, seinen eigenen Sohn vor einem ähnlichen Schicksal zu bewahren, egal wie hart er dafür auch vorgehen musste? Ich hatte Angst um sie beide und konnte diese Angst mit niemandem teilen.
    Am frühen Morgen des vierten Tages wachte ich auf und fühlte mich stärker und ruhelos. Heute, so beschloss ich,

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