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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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würde keine formelle Kriegserklärung geben, doch die üblichen Grenzgefechte sollten mit Kettrickens Segen ausgeweitet werden. Daran war nichts wirklich neu. Die Sklaven von Chalced wussten schon seit Generationen, dass sie die Freiheit erlangen konnten, wenn ihnen die Flucht in die Sechs Provinzen gelang. Einmal in Freiheit wandten sie sich oft gegen ihre alten Herren und überfielen die Herden jenseits der Grenze, die sie selbst einst gehütet hatten. Das alles hatte jedoch keinerlei Einfluss auf den florierenden Handel zwischen Chalced und den Sechs Provinzen. Hätten die Sechs Provinzen sich jedoch offen auf die Seite von Bingtown geschlagen, wäre Schluss damit gewesen.
    Der Krieg zwischen Bingtown und Chalced hatte den Informationsfluss von Chades Spionagenetz in dem Gebiet stark beeinträchtigt. Größtenteils musste er auf Berichte aus zweiter oder dritter Hand zurückgreifen, und bei dieser Art von Informationen kam es oft zu Widersprüchen. Wir waren beide skeptisch, was die ›Fakten‹ betraf, die uns vorlagen. Ja, die Bingtown-Händler besaßen eine Drachenzucht tief in der Regenwildnis. Ein, vielleicht zwei ausgewachsene Drachen waren im Flug gesichtet worden. Sie wurden unterschiedlich als blau, silbern oder blau und silbern beschrieben. Die BingtownHändler fütterten die Drachen, und als Gegenleistung dafür bewachten die Drachen den Hafen der Stadt. Aber sie flogen nicht außer Sichtweite des Ufers; deshalb waren die chalcedischen Kriegsschiffe auch nach wie vor noch in der Lage, Kauffahrer aus Bingtown anzugreifen und aufzubringen. Die Drachenzucht wurde von Wechselbälgern bewacht, Halbdrachen und Halbmenschen. Sie lag mitten in einer wunderschönen Stadt, wo prachtvolle Edelsteine des Nachts an den Wänden glühten. Die Menschen dort zogen es vor, in riesigen Holzburgen hoch oben in den Baumwipfeln zu leben.
    Derartige Informationen frustrierten uns mehr, als dass sie uns irgendwelche Erkenntnisse verschafften. »Glaubst du, sie haben uns angelogen, was die Drachen betrifft?«, fragte ich Chade.
    »Sie haben uns wahrscheinlich die Wahrheit erzählt«, antwortete Chade gereizt. »Das ist der Zweck von Spionen: Sie sollen uns andere ›Wahrheiten‹ über ein und dieselbe Geschichte verschaffen, damit wir alles zu einem Abbild der Realität zusammenfügen können. Hier gibt es jedoch nicht genug Fleisch, um daraus eine Mahlzeit zu kochen, sondern gerade genug, um uns den Mund wässrig zu machen. Was können wir anhand dieser Gerüchte als gesichert betrachten? Nur dass man einen Drachen gesehen hat, und dass in der Regenwildnis etwas Seltsames vor sich geht.«
    Das war alles, was er zu diesem Thema sagen wollte. Aber ich vermutete, dass er mehr wusste, als er zugeben wollte, und dass er noch andere Eisen im Feuer hatte als die, über die er mit mir gesprochen hatte. So vergingen meine Tage mit Schlaf, Studium und Ausruhen. Einmal, als ich zwischen Chades Schriftrollen eine über die Geschichte von Jamailia suchte, fand ich die Federn vom Schatzstrand. Ich betrachtete sie im trüben Licht und trug sie dann zu Chades Arbeitstisch. Dort untersuchte ich sie eingehender. Allein, sie zu berühren, machte mich nervös. Sie weckten meine Erinnerungen an die Tage, die ich an diesem öden Strand verbracht hatte, und hundert Fragen gingen mir durch den Kopf.
    Insgesamt handelte es sich um fünf Federn ungefähr so groß wie die Schwanzfedern eines jungen Hahns. Sie waren ungewöhnlich detailliert geschnitzt, sodass sie fast wie echt wirkten. Sie schienen aus einem grauen Holz zu bestehen, auch wenn sie sich seltsam schwer anfühlten. Ich versuchte mehrere Klingen an ihnen; nur eine hinterließ einen kleinen silbernen Kratzer. Falls das wirklich Holz war, dann war es so hart wie Metall. Irgendein Trick in der Schnitzerei fing auf seltsame Art das Licht ein. Die Federn waren flach und grau, und doch schienen aus einem bestimmten Winkel betrachtet Farben über sie hinweg zu laufen. Sie besaßen keinerlei Geruch. Als ich an ihnen leckte schmeckte ich schwach Salzwasser gefolgt von etwas Bitterem. Das war alles.
    Und nachdem ich sie mit all meinen Sinnen untersucht hatte, gab ich es auf, ihr Mysterium zu lösen. Sie würden vermutlich gut zur Hahnenkrone des Narren passen. Erneut fragte ich mich, wohin dieses seltsame Artefakt wohl verschwunden war. Der Narr hatte es aus einem solch wunderbaren Stoff ausgewickelt, dass es nur aus Bingtown stammen konnte. Doch der alte, hölzerne Stirnreif wirkte viel zu

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