Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
dieses Geheimnis, das du jetzt kennst, sicher zu führen. Es freut dich zu wissen, wer ich bin, und du betrachtest mich als Verbindung zu deinem Vater. Ich wünschte von ganzem Herzen, dass es so einfach und gut wäre, aber dieses Geheimnis könnte uns alle zu Fall bringen, wenn es in der falschen Gesellschaft auch nur angedeutet werden würde. Wir wissen beide, dass unsere Königin versuchen würde, mich zu beschützen. Denk einmal darüber nach, was dann geschehen würde. Ich bin nicht nur ein bekannter Anwender der Alten Macht, sondern auch der angebliche Mörder von König Listenreich. Ganz zu schweigen davon, dass ich vor einem ganzen Raum voll Zeugen mehrere Mitglieder von Galens Kordiale getötet habe. Auch bin ich nicht so tot, wie viele mich gerne sehen würden. Wenn herauskäme, dass ich noch lebe, würde das den Hass auf die Zwiehaften in neue Höhen treiben und den Bemühungen der Königin ein Ende bereiten, ihrer Verfolgung Einhalt zu gebieten.«
»Unserer Verfolgung«, korrigierte mich Pflichtgetreu sanft. Er lehnte sich auf seinem Stuhl zurück und dachte ein wenig nach, als wolle er die Konsequenzen für sich selbst abschätzen. Er schien sich unbehaglich zu fühlen, als er sagte: »Du hast die Pläne der Königin schon unabsichtlich behindert. Trotz Chades Bemühungen, kein offizielles Interesse an deinem Schicksal zu zeigen, gibt es noch immer Gerüchte, dass der Tod von ›Keppler‹, Padget und diesem anderen Mann schlicht aus dem Grunde nicht gesühnt worden ist, weil sie der Alten Macht verdächtigt wurden.«
»Ich weiß. Chade hat es mir erzählt – auch, dass man dich der Alten Macht bezichtigt hat.«
Der Prinz neigte den Kopf bei diesen Worten. »Ja. Nun, das stimmt ja auch, nicht wahr? Und die Gescheckten wissen das und vielleicht auch einige von jenen, die sich selbst als das Alte Blut stilisieren. Im Augenblick hat das Alte Blut Interesse daran, mein Geheimnis zu wahren. Sie wollen diesen Rat genauso sehr wie die Königin. Aber der Tod der drei Männer hat sie weit vorsichtiger werden lassen, als sie waren. Jetzt verlangen sie mehr Sicherheiten, bevor sie sich hierhin wagen.«
»Sie wollen Geiseln.« Mein Verstand hatte den entsprechenden Sprung gemacht. »Sie wollen einen Austausch, ein paar von unseren Leuten, während ihre sich in unseren Händen befinden. Wie viele?«
Der Prinz schüttelte den Kopf. »Frag das Chade. Oder meine Mutter. So wie sie sich streiten, vermute ich, dass Mutter direkten Kontakt zu jenen vom Alten Blut unterhält und dem alten Mann nur das sagt, wovon sie glaubt, er müsse es wissen. Das frustriert ihn. Ich glaube, es ist meiner Mutter gelungen, die Ängste der Zwiehaften zu beruhigen und einen neuen Termin zu vereinbaren. Chade schwor, dass das unmöglich sei, solange sie ihre lächerlichen Forderungen nicht erfüllt hätte. Doch es ist ihr gelungen. Sie will Chade jedoch nicht sagen, wie ihr das gelungen ist, und das macht ihn wahnsinnig. Sie hat ihn daran erinnert, dass sie ein Kind des Bergvolkes ist, und dass Forderungen zu erfüllen, die er als ›lächerlich‹ oder ›unakzeptabel‹ betrachte, für sie eine Frage des Prinzips sei.«
»Das stimmt wohl, und ich kann mir gut vorstellen, dass ihn das aufregt.« Ich versuchte, so gefasst wie möglich zu klingen, obwohl ich mich nervös fragte, wohin uns Kettrickens Berg-Ethik mit ihrem Opfergedanken führen würde.
Pflichtgetreu schien meine Bedenken zu fühlen. »Ich stimme dir zu, trotzdem werde ich mich in dieser Frage auf die Seite meiner Mutter stellen. Es ist an der Zeit, dass sie Chade zwingt, ihr die Oberhand zu überlassen. Wenn sie jetzt nicht darauf besteht, sieht es nicht gut für mich aus, was die Machtausübung betrifft, wenn ich den Thron besteige.«
Seine Worte jagten mir einen Schauder über den Rücken. Er hatte Recht. Das einzig Beruhigende an der ganzen Sache war, dass er es so gelassen und kühl betrachten konnte. Dann verzerrte ein schiefes Bild meine Wahrnehmung. Er konnte Chades Machenschaften durchschauen, weil er ebenso sein Schüler wie Kettrickens Bergsohn war. Pflichtgetreu redete so beiläufig über die Fragen wie über das Wetter.
»Aber da waren wir nicht stehen geblieben«, fuhr Pflichtgetreu fort. »Du hast gesagt, deine wahre Identität dürfe nicht bekannt werden. Im Augenblick stimme ich dir da zu. Es würde mit Sicherheit irgendwelche Leute geben, die dich nur allzu gerne vom Leben zum Tode befördern würden. Eine Menge Menschen würden dich hassen und
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