Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
eines bereitet mir Sorgen. Die Frau, die ihm dabei hilft, sich um sich selbst zu kümmern, hat mir erzählt, dass sie noch zwei andere wie ihn in ihrem Leben getroffen hat. Sie sagt, sie würden nicht so lange leben wie normale Menschen, dass Dick vielleicht schon kurz vor dem Tod stehe. Weißt du, ob das stimmt?«
»Keine Ahnung, mein Prinz.«
Ohne nachzudenken, hatte ich den Ehrentitel benutzt. Das ließ ihn grinsen. »Wie soll ich dich nennen, wenn du mich so nennst? Ehrenwerter Vetter? Lord FitzChivalric?«
»Tom Dachsenbless«, erinnerte ich ihn schlicht.
»Natürlich. Und Fürst Leuenfarb. Ich muss gestehen, dass es mir leichter fällt, dich als Lord FitzChivalric zu betrachten, als mir Fürst Leuenfarb im Narrenkostüm vorzustellen.«
»Seit jenen Tagen hat er einen weiten Weg zurückgelegt«, sagte ich und versuchte, das Bedauern in meiner Stimme zu verbergen. »Wann hat die Königin beschlossen, dir sämtliche Familiengeheimnisse anzuvertrauen?«
»In der Nacht, nachdem wir dich geheilt haben. Sie hat mich später durch die Geheimgänge in deine Kammer zurückgebracht, und wir haben die ganze Nacht an deinem Bett verbracht. Nach einiger Zeit haben wir einfach zu reden begonnen. Sie hat mir erzählt, dass du meinem Vater ohne deine Narben sehr ähnlich sehen würdest. Manchmal, wenn sie dich angeschaut hat, hat sie ihn in deinen Augen gesehen. Dann hat sie mir alles erzählt. Nicht an einem Abend natürlich. Ich glaube, es hat drei Nächte gedauert, bis die ganze Geschichte erzählt war. Dabei hat sie auf einem Kissen neben deinem Bett gesessen und dir die Hand gehalten. Mich hat sie auf dem Boden sitzen lassen. Sonst hat sie niemanden in den Raum gelassen.«
»Ich wusste noch nicht einmal, dass du dort gewesen bist, und von ihr wusste ich auch nichts.«
Er hob die Schultern. »Dein Körper war geheilt, aber der Rest von dir war so nahe am Tod, dass es keinen Unterschied gemacht hat. Mit der Gabe habe ich dich nicht erreichen können, und für die Alte Macht warst du nur ein Glimmen am Ende eines Kerzendochts. Du hättest jeden Augenblick verlöschen können. Aber wenn meine Mutter deine Hand gehalten und gesprochen hat, schienst du heller zu leuchten. Ich glaube, sie hat das ebenfalls gespürt. Es war, als wolle sie dich im Leben verankern.«
Ich hob die Hände und ließ sie hilflos wieder auf den Tisch fallen. »Ich weiß nicht, wie ich damit zurechtkommen soll«, gestand ich unvermittelt. »Ich weiß nicht, wie ich darauf reagieren soll, dass du das alles weißt.«
»Ich hatte gedacht, dass du erleichtert sein würdest. Auch wenn wir diese Scharade mit Tom Dachsenbless in der Burg noch eine ganze Weile aufrecht erhalten müssen. Wenigstens kannst du hier der sein, der du wirklich bist, und musst deine Zunge nicht hüten – was du ohnehin nicht sonderlich gut tust. Iss deine Suppe. Ich will sie nicht noch einmal aufwärmen müssen.«
Das schien mir ein guter Vorschlag zu sein und verschaffte mir Zeit zum Nachdenken, ohne sprechen zu müssen. Pflichtgetreu beobachtete mich jedoch so aufmerksam, dass ich mich wie eine Maus vor einer Katze fühlte. Als ich daraufhin das Gesicht verzog, lachte er laut und schüttelte den Kopf. »Du kannst dir nicht vorstellen, wie es sich anfühlt. Ich sehe dich an und frage mich, ob ich auch so groß sein werde, wenn ich erwachsen bin? Hat mein Vater auch so das Gesicht verzogen? Ich wünschte, du hättest die Narben nicht erneuert. Das macht es mir schwerer, mich selbst in deinem Gesicht zu sehen. Du sitzt da, und ich weiß, wer und was du bist … Das ist, als würde ich zum ersten Mal meinen Vater sehen.« Der Junge rutschte auf seinem Stuhl herum, während er sprach, als wäre er ein Welpe, der nichts lieber wollte, als auf meinen Schoß zu springen. Es fiel mir schwer, ihm in die Augen zu sehen. Dort brannte etwas, worauf ich nicht vorbereitet war. Ich hatte mir diese Vergötterung durch den Prinzen nicht verdient.
»Dein Vater war ein weit besserer Mann, als ich es bin«, sagte ich.
Pflichtgetreu atmete tief durch. »Erzähl mir etwas über ihn«, bat er mich. »Irgendetwas, das nur er und du gewusst haben.«
Ich fühlte, wie wichtig das für ihn war, und so konnte ich mich ihm nicht verweigern. Ich kramte in meiner Erinnerung herum. Sollte ich ihm erzählen, dass Veritas sich nicht auf den ersten Blick in Kettricken verliebt hatte, sondern dass seine Liebe erst mit der Zeit gewachsen war? Das klang sehr nach einem Vergleich mit Pflichtgetreus Mangel an
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