Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
fürchten, und den Weitsehern würde man vorwerfen, einen Königsmörder zu beschützen, nur weil er zur Familie gehört. Interessanter wäre sogar noch, was das für jene vom Alten Blut und die Gescheckten bedeuten würde. Der Zwiehafte Bastard ist eine Legende unter ihnen, und das Gerücht, dass du überlebt hast, erzählen sie sich ehrfürchtig immer und immer wieder. Wenn ich Gentil über dich sprechen höre, bist du fast ein Gott.«
»Du hast doch nicht mit Gentil über mich gesprochen, oder?«, fragte ich entsetzt.
»Natürlich nicht! Nun, jedenfalls nicht über dich im eigentlichen Sinne – so wie du hier vor mir sitzt. Wir haben über die Legende von FitzChivalric, dem Zwiehaften Bastard, gesprochen, und das nur im Vorübergehen. Auch wenn ich glaube, dass das Geheimnis deiner Identität bei Gentil genauso sicher wäre wie bei mir.«
Ich seufzte müde. »Pflichtgetreu. Deine Loyalität ist bewundernswert, aber die von Gentil zweifele ich doch stark an. Die Bresingas haben dich zweimal verraten. Willst du zulassen, dass sie es auch ein drittes Mal tun?«
Er blickte mich stur an. »Sie sind dazu gezwungen worden, Tom … Irgendwie fühlt es sich komisch an, dich jetzt so zu nennen.«
Ich weigerte mich, mich ablenken zu lassen. »Dann gewöhn dich wieder dran. Was ist, wenn Gentil wieder bedroht wird? Wenn er wieder für sie spioniert oder Schlimmeres?«
»Es ist niemand mehr übrig, den sie bedrohen könnten.« Pflichtgetreu hielt plötzlich inne und schaute mich an. »Weißt du, dass ich mich bis jetzt weder bei dir entschuldigt noch dir gedankt habe? Ich habe dich Gentil zur Hilfe geschickt, ohne darüber nachzudenken, was für ein Risiko das für dich bedeutete. Und du bist gegangen und hast das Leben meines Freundes gerettet, obwohl du ihn nicht sonderlich magst. Als Folge davon wärst du fast gestorben.« Er neigte den Kopf in meine Richtung. »Wie soll ich dir dafür danken?«
»Das musst du nicht. Du bist mein Prinz.«
Kein Muskel rührte sich in seinem Gesicht. Kettricken funkelte in seinen Augen, als er sagte: »Das gefällt mir nicht sonderlich. Das scheint uns weiter voneinander zu entfernen. Ich wünschte, wir beide dürften schlicht Vettern sein.«
Ich blickte ihm in die Augen, als ich ihn fragte: »Du glaubst, das würde einen Unterschied machen?«
Er lächelte mich an und seufzte zufrieden. »Ich glaube immer noch nicht richtig, dass das alles real ist«, sagte er leise. Ein Hauch von Schuld huschte über sein Gesicht. »Dick und ich sollen dich eigentlich noch nicht besuchen. Chade hat es uns verboten, ebenso wie über die Gabe mit dir Kontakt aufzunehmen, solange du dich nicht besser fühlst. Ich habe dich nicht wecken wollen, als ich hier heraufgekommen bin. Ich wollte dich nur noch einmal ansehen, und als ich bemerkt habe, dass die Narben wieder da waren, habe ich mich zu nahe an dich herangebeugt.«
»Ich bin froh, dass du das getan hast.«
Eine Zeit lang saß ich schweigend da. Mir war unbehaglich, doch gleichzeitig sonnte ich mich in Pflichtgetreus Achtung. Was für ein seltsames Gefühl, einfach für das geliebt zu werden, was ich war. Fast war es eine Erleichterung, als Dick wieder erschien. Er schob die Geheimtür mit der Schulter auf. Seine Hände waren voll, und er keuchte vom langen Aufstieg. Er hatte sich einen ganzen Kuchen besorgt, mit dem man ein Dutzend Männer hätte füttern können.
Zufrieden schaute ich ihm dabei zu, wie er seine Beute zum Tisch trug. Mit sich selbst zufrieden, grinste er von einem Ohr zum anderen. Ich erkannte, dass ich diesen Gesichtsausdruck noch nie bei ihm gesehen hatte. Mit seinen kleinen, auseinander stehenden Zähnen und der vorgeschobenen Zunge sah er aus wie ein fröhlicher Kobold. Hätte ich den Mann nicht gekannt, ich hätte das Ergebnis wohl abstoßend gefunden, aber dieses Grinsen wurde mit einem verschwörerischen Lächeln des Prinzen beantwortet, und ich ertappte mich dabei, wie auch ich mit ihnen lächelte.
Dick stellte den Kuchen auf den Arbeitstisch, wobei er meine Speisen übereifrig beiseite schob, um Platz zu schaffen. Gutgelaunt summte er vor sich hin, als er sich an die Arbeit machte, und ich erkannte den Refrain seines Gabenliedes. Die Säuerlichkeit des kleinen Mannes war wie weggeblasen. Ich bemerkte, dass es sich bei dem Messer, mit dem er den Kuchen teilte, um jenes handelte, was ich an jenem schrecklichen Tag in der Stadt für ihn gekauft hatte. Irgendwie hatte es mein Einkauf also zur Bocksburg und zu ihm
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