Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Narcheska die Zeichen der Bleichen Frau trägt, ist es sogar noch schlimmer. Es ist, als würde sie uns als ihre Werkzeuge für sich beanspruchen, als ihre Kreaturen …« Seine Stimme verhallte.
»Aber warum haben sie ihr gehorcht? Wie konnte irgendjemand so etwas tun?«
Der Narr lachte bitter. »Sie ist der Weiße Prophet, sie ist gekommen, um die Welt auf einen besseren Weg zu führen. Sie hat eine Vision. Man stellt ihren Willen nicht in Frage. Ihren Befehl zu hinterfragen, kann drastische Strafen zur Folge haben. Frag Kebal Steinbrot. Man tut, was die Bleiche Frau einem sagt.« Sein Schaudern hatte sich in ein wildes Zittern verwandelt.
»Dir ist kalt.« Ich hätte ihm eine Decke um die Schultern gelegt, doch dafür hätte ich einen Schritt näher kommen müssen. Ich glaube nicht, dass er mir das erlaubt hätte.
»Nein.« Er lächelte mich kränklich an. »Ich habe Angst. Ich habe schreckliche Angst. Bitte. Bitte, geh raus, während ich mich wieder anziehe.«
Ich zog mich zurück und schloss leise die Tür hinter mir Dann wartete ich. Er schien sehr lange zu brauchen, um sich ein Hemd anzuziehen.
Als er wieder herauskam, war er tadellos gekleidet, und jede Haarsträhne war an ihren rechtmäßigen Platz zurückgebracht worden. Noch immer schaute er mich nicht an. »Am Feuer steht Brandwein für dich«, sagte ich ihm.
Er durchquerte den Raum mit kleinen, nervösen Schritten. Am Feuer angekommen, nahm er sich das Glas, trank aber nicht. Stattdessen verschränkte er die Arme vor der Brust, als wäre ihm kalt, und starrte stur auf den Boden.
Ich ging in sein Zimmer und holte einen der dicken Wollmäntel aus der Garderobe. Den legte ich ihm über die Schulter. Anschließend schob ich seinen Stuhl näher an den Kamin heran und setzte ihn hinein. »Trink den Brandwein«, forderte ich ihn auf. Meine Stimme klang harsch. »Ich werde Teewasser aufsetzen.«
»Danke.« Er flüsterte die Worte. Tränen begannen, ihm übers Gesicht zu rinnen. Sie gruben Furchen in seine sorgfältig aufgetragene Schminke und tropften auf sein Hemd.
Ich verschüttete Wasser und verbrannte mich, als ich den Kessel an den Haken hing. Nachdem alles da war, wo es sein sollte, zog ich meinen Stuhl zu dem des Narren.
»Warum hast du solche Angst?«, fragte ich ihn. »Was hat das zu bedeuten?«
Er schniefte; das war ein unpassendes Geräusch für den würdevollen Fürst Leuenfarb. Schlimmer noch: Er schnappte sich den Zipfel seines Mantels und wischte sich damit die Augen ab. Das verschmierte seine jamailianische Schminke noch mehr, und ich sah nackte Haut darunter. »Konvergenz«, sagte er heiser und atmete tief durch. »Es bedeutet Konvergenz. Alles kommt zusammen. Ich bin auf dem richtigen Weg. Ich hatte schon befürchtet, dass ich abgewichen sei, aber das bestätigt es. Konvergenz und Konfrontation. Und die Zeit wird wieder zurechtgerückt.«
»Ich dachte, das sei, was du willst. Ich dachte, das sei, was Weiße Propheten tun.«
»Oh, ja. Das ist, was wir tun.« Eine unnatürliche Ruhe überkam ihn. Er schaute mir in die Augen. Ich blickte in solch älteren und größeren Kummer, als ich wissen wollte. »Ein Weißer Prophet findet seinen Katalysten. Denjenigen, der den Lauf der Dinge zu ändern vermag. Er benutzt ihn rücksichtslos, um die Zeit aus der Bahn zu bringen. Wieder einmal werden meine Spuren mit ihren zusammenkommen, werden konvergieren, und wir werden unsere Willenskraft gegeneinander messen, um zu sehen, wer die Oberhand behält.« Seine Stimme klang plötzlich erstickt. »Erneut wird der Tod versuchen, dich mir zu entreißen.« Seine Tränen waren versiegt, doch noch immer glitzerte es feucht auf seinem Gesicht. Er griff nach dem Mantelsaum und schmierte sich erneut damit über die Haut. »Wenn ich nicht obsiege, werden wir beide schlicht sterben.« Der Narr kauerte unglücklich auf seinem Stuhl und blickte zu mir hinauf. »Das letzte Mal war zu knapp. Zweimal habe ich dich sterben gefühlt, aber ich habe dich festgehalten und mich geweigert, dich in Frieden gehen zu lassen. Du bist der Katalyst, und ich werde nur gewinnen, wenn es mir gelingt, dich in dieser Welt zu behalten. Du musst leben, egal wie. Ein Freund hätte dich gehen lassen. Ich habe die Wölfe nach dir rufen gehört. Ich wusste, dass du mit ihnen ziehen wolltest. Aber ich habe dich nicht gelassen. Ich habe dich zurückgezerrt. Weil ich dich benutzen muss.«
Ich versuchte, ruhig zu sprechen. »Das ist der Teil, den ich nie verstanden habe.«
Er blickte
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