Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Gewissen hatte sich noch nicht wieder über das beruhigt, was ich Fürst Leuenfarb antun wollte. Inzwischen wünschte ich, ich hätte Chade nie von diesem Gespräch oder den Tätowierungen des Narren erzählt. Hätte er gewollt, dass Chade davon erfuhr, hätte er ihm davon erzählt, als das Gespräch auf die Tätowierungen der Narcheska gekommen war. Ich hatte das sichere Gefühl, die falsche Wahl getroffen zu haben. Ich konnte es jedoch nicht wieder rückgängig machen und dem Narren gegenüber ein Geständnis abzulegen, war unvorstellbar. Das Einzige, was noch unvorstellbarer für mich war, war die Vorstellung, ihm zu gestatten nach Aslevjal zu reisen, wo er seiner Überzeugung nach sterben würde. So kindisch sich das auch anfühlte, ich hatte beschlossen, schlicht meinen Mund zu halten und alles weitere Chade zu überlassen. Er würde derjenige sein, der Fürst Leuenfarb nicht gestattete, uns zu begleiten. Ich nahm noch einen Atemzug der frischen Frühlingsluft und hoffte, dass ich mich danach wieder etwas jünger fühlen würde. Stattdessen machte ich mir jedoch nur mehr Sorgen.
Gentil Bresinga war nach Bocksburg zurückgekehrt. Die Soldaten, die ihn auf seiner Reise begleitet hatten, hatten offiziell den Respekt der Weitseher für seine Familie zum Ausdruck bringen sollen. Er wusste jedoch, dass er sich darauf einrichten musste, über Jahre hinweg in Bocksburg unter Beobachtung zu stehen. Er würde bis zum Erreichen seiner Volljährigkeit in der Burg bleiben, während die Krone sich um seine Ländereien kümmerte. Burg Tosen war abgesehen von einer Rumpfbelegschaft verlassen, die unter dem direkten Befehl der Königin stand. Das schien mir eine ausgesprochen milde Strafe für sein verräterisches Verhalten zu sein. Seine Zwiehaftigkeit war vertraulich gehalten worden. Ich vermutete, dass man die Drohung, das zu enthüllen, auch dazu verwenden konnte, ihn von weiteren Schandtaten abzuhalten. Auch hatte ihn niemand mit dem Tod der drei Männer in Burgstadt in Verbindung gebracht. Es machte mich wütend, dass er nur mit einem blauen Auge davongekommen war, obwohl er meinen Prinzen solcher Gefahr ausgesetzt hatte. Dem nach zu urteilen, was Chade mir erzählt hatte, hatte Pflichtgetreu darauf bestanden, dass Gentil nur sehr wenige Informationen über ihn an die Gescheckten weitergegeben hatte, und das meiste davon seien Dinge gewesen, die selbst der einfachste Diener wusste. Das war nur ein geringer Trost für mich. Weitaus beunruhigender war für mich jedoch die Tatsache, dass nicht nur Lutwin, sondern auch Padget, ein lebhaftes Interesse an allem gezeigt hatten, was Gentil über mich und Fürst Leuenfarb hatte herausfinden können. Allerdings wusste er nur wenig über uns, und so hatte er ihnen auch nur wenig erzählt. Trotzdem hatte Gentil dem Prinzen gestanden, dass Lutwins und Padgets Interesse ihn neugierig auf Fürst Leuenfarb und mich gemacht hatte.
Kurz nach seiner Rückkehr spionierte ich Gentil in seinen Gemächern aus. Er sah wie ein verlorener, verzweifelter junger Mann aus. Ein einziger Familiendiener blieb bei ihm in Bocksburg. Gentil war ein Junge ohne Familie und ohne Heim, der kaum noch etwas besaß, und sein Geschwistertier musste im Stall bleiben. Die Schlichtheit der ihm zugewiesenen Gemächer war einem niederen Adeligen angemessen, doch ohne Zweifel hatte er daheim weit besser gewohnt. Er hatte einen Großteil des Abends einfach nur dagesessen und ins Feuer gestarrt. Ich vermutete, er hatte mit seiner Katze kommuniziert, doch ich hatte keine Spur dieser Verbindung bemerkt; stattdessen war sein Elend fast greifbar für mich gewesen.
Ich traute ihm noch immer nicht.
Ich blickte nach wie vor aus dem Fenster des Turmzimmers, als ich die Schritte des Prinzen auf der Treppe hörte. Einen Augenblick später betrat er den Raum. Chade und Dick würden ebenfalls bald kommen, allerdings durch den Geheimgang. Jetzt hatte ich aber erst einmal den Prinzen ein paar Minuten für mich allein. Ich schaute ihn nicht an, als ich ihn fragte: »Spricht Gentils Katze mit dir?«
»Pard? Nein. Er könnte es natürlich, wenn er wollte. Aber es würde als … ungehobelt betrachtet werden, nehme ich an.« Er machte ein nachdenkliches Geräusch. »Wenn man so darüber nachdenkt, ist es schon seltsam. Jene vom Alten Blut, die Katzen vorziehen, haben eine Reihe von gemeinsamen Bräuchen. Ich würde niemals versuchen, ein Gespräch mit dem Katzenpartner von jemand anderem zu beginnen. Das wäre, als würde man mit der
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