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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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ihren Bruder dar. »Solch eine Art von Verrat ist nicht unbekannt, mein Prinz; so etwas kommt in den besten Familien vor. Ihr Onkel hat lediglich seine Pflicht erfüllt. Es ist noch nicht so lange her, dass unsere beiden Länder miteinander im Krieg lagen. Gib den alten Wunden Zeit zu heilen. Es wird schon funktionieren.«
    »Aber im Augenblick, mein Prinz«, meldete sich Fürst Leuenfarb wieder zu Wort, »fürchte ich, dass wir unseren Pferden die Sporen geben müssen. Habe ich Euch nicht sagen hören, dass Ihr heute Nachmittag eine Verabredung mit Eurer Mutter habt? Ich glaube, wir sollten uns ein wenig beeilen.«
    »Ich nehme an, Ihr habt Recht«, erwiderte der Prinz. Dann richtete er seinen befehlenden Blick auf mich. »Nun denn, Tom Dachsenbless. Wann werden wir uns das nächste Mal treffen? Ich bin begierig darauf, endlich mit dem Unterricht zu beginnen.«
    Ich nickte und wünschte, dass ich seinen Enthusiasmus teilen würde. Ich fühlte mich verpflichtet zu erklären: »Die Gabe ist nicht immer eine freundliche Magie, wenn man damit Umgang hat, mein Prinz. Du könntest diese Lektionen nicht gerade als angenehm empfinden.«
    »Das habe ich mir schon gedacht. Meine bisherigen Erfahrungen damit waren sowohl beunruhigend als auch verwirrend.« Sein Blick ging in die Ferne, als er sagte: »Als du mich aufgenommen hast … Ich wusste, dass es etwas mit einem Pfeiler zu tun hatte. Wir gingen … irgendwohin. Zu einem Strand. Aber wenn ich mich jetzt an diesen Gang zu erinnern versuche, ist es, als wolle ich mich an einen Traum aus meiner Kindheit erinnern. Irgendwie passt nichts zusammen, wenn du weißt, was ich sagen will. Ich glaubte, alles zu verstehen, was mir widerfuhr. Dann, als ich versucht habe, mit Chade und meiner Mutter darüber zu sprechen, brach alles in sich zusammen. Ich kam mir wie ein Dummkopf vor.« Er rieb sich die in Falten gelegte Stirn. »Ich kann die Einzelteile einfach nicht zu einer vollständigen Erinnerung zusammenfügen.« Dann blickte er mir in die Augen und sagte: »Damit kann ich nicht leben, Tom Dachsenbless. Ich muss dieses Rätsel lösen. Wenn diese Magie ein Teil von mir ist, dann muss ich sie beherrschen.«
    Seine Worte waren feinfühliger als mein Widerwille, mich mit ihnen auseinander zu setzen. Ich seufzte. »Morgen, bei Sonnenaufgang. In Veritas' Turmzimmer«, bot ich ihm an und erwartete, dass er sich weigerte.
    »Gut«, erwiderte er stattdessen ohne zu zögern. Ein seltsames Lächeln erschien auf seinem Gesicht. »Ich dachte, nur Chade würden den Seeturm ›Veritas' Turm‹ nennen. Interessant. Aber wenn du schon von meinem Vater sprichst, könntest du wenigstens ›König Veritas‹ sagen.«
    »Verzeiht mir, mein Prinz«, war die beste Erwiderung, die mir einfiel, und er schnaufte lediglich. Dann betrachtete er mich mit wahrhaft königlichem Blick und fügte hinzu; »Und du wirst alles versuchen, um heute Abend bei der Zeremonie anwesend zu sein, Tom Dachsenbless.«
    Bevor ich etwas darauf erwidern konnte, trat er seinem Grauen in die Flanken. Er ritt nach Bocksburg zurück, als wären ihm Dämonen auf den Fersen; uns blieb keine andere Wahl, als ihm zu folgen. Pflichtgetreu wurde erst wieder langsamer, als wir das Tor erreichten. Dort hielten wir an, bis er formell eingelassen wurde. Von dort führten wir dann unsere Pferde zu Fuß, doch Pflichtgetreu schwieg, und ich wusste nicht, was ich hätte sagen sollen. Als wir an der großen Tür der Haupthalle eintrafen, hatten sich die Höflinge bereits versammelt, um ihn zu begrüßen. Ein Stallbursche eilte herbei, um den Grauen und Malta am Kopf zu halten. Fürst Leuenfarb dankte dem Prinzen formell für die außergewöhnliche Ehre seiner Gesellschaft, und der Prinz antwortete ihm höflich. Dann beobachteten wir, wie der Prinz von seinen Höflingen davongetragen wurde. Ich stieg aus dem Sattel und wartete auf meinen Herrn.
    »Nun. Das war ein netter Ritt«, bemerkte Fürst Leuenfarb und stieg ab. Sein Stiefel hatte gerade den Boden berührt, da schien sein Fuß förmlich unter ihm wegzufliegen, und er stürzte böse. Ich hatte den Narr noch nie so unelegant gesehen. Er setzte sich auf, kniff den Mund zusammen und stöhnte dann laut, als er sich den Knöchel hielt.
    »So ein Mist!«, schrie er, und dann, herrisch: »Nein, nein, bleibt zurück! Kümmert euch um mein Pferd!« Er winkte den Stallburschen weg. Dann zischte er leise zu mir: »Jetzt steh da nicht so rum, du Idiot! Gib dem Stallburschen dein Pferd, und hilf mir auf.

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