Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
weiter stützen zu können. Noch immer war sie ihm treu ergeben, ihm, der sie, eine Bäuerin, zu seiner Gemahlin gemacht hatte.
Herzog Shemshy von Shoaks kam alleine; er war inzwischen verwitwet. Als ich ihn zum letzten Mal gesehen hatte, stand er mit Herzog Brawndy von Bearns vor meiner Zelle in Edels Verließ. Er hatte mich nicht verdammt, aber er hatte mir auch keinen Mantel zugeworfen, um mich zu wärmen, wie Bearns es getan hatte. Er besaß noch immer die Augen eines Falken, und die leicht hängenden Schultern waren das einzige Zugeständnis an seine Jahre. Er hatte den Krieg gegen Chalced der Führung seiner Tochter und Erbin anvertraut, während er sich die Zeit genommen hatte, an der Verlobung des Prinzen teilzunehmen.
Hinter ihm folgte Herzog Strahl von Farrow. Seit den Tagen, da Edel ihm die Verteidigung von Bocksburg auf die jungen Schultern gelegt hatte, war er erwachsen geworden. Nun sah er wie ein Mann aus. Seine Herzogin hatte ich nie gesehen. Sie schien halb so alt zu sein wie er mit seinen 40 Jahren, eine hellhäutige, schlanke, junge Frau, die den Edelleuten warm zulächelte, die zuschauten, wie sie auf die Empore stieg. Zu guter Letzt kamen der Herzog und die Herzogin von Tilth. Beide kannte ich nicht. Der Bluthusten hatte vor drei Jahren in Tilth gewütet und nicht nur den alten Herzog dahingerafft, sondern auch seine beiden ältesten Söhne. Ich suchte in meinen Erinnerungen nach dem Namen der Tochter, die ihn beerbt hatten. Herzogin Gedeihe von Tilth, verkündete der Barde nur einen Augenblick später, und ihr Gemahl, Herzog Jower. Ihre Nervosität ließ sie jünger wirken, als sie tatsächlich war, und Jowers Hand auf der ihren schien sie ebenso sehr zu führen wie zu beruhigen.
Die nächste Gruppe, die sich auf ihre Plätze begab, waren die Outislander-Adeligen und Krieger, die die Narcheska begleitet hatten. Großartige Auftritte schienen ein Fremdwort für sie zu sein, denn sie marschierten schlicht in einem wilden Durcheinander heran und setzten sich, wie sie wollten; einige scherzten miteinander. Arkon Blutklinge lächelte sie breit an. Die Narcheska schien zwischen Treue zu ihrem Volk und Kummer darüber hin und her gerissen zu sein, dass sie sich nicht an unsere Sitten gehalten hatten. Peottre blickte über ihre Köpfe hinweg, als kümmere ihn das alles gar nicht. Erst nachdem sie sich gesetzt hatten, bemerkte ich, dass das Arkons, nicht Peottres Leute waren. Jeder trug das Bild eines mächtigen Keilers. Arkons war aus purem Gold und fand sich mitten auf seiner Brust. Eine der Frauen hatte eine Tätowierung auf dem Handrücken, und ein Mann trug seinen Keiler als Knochenschnitzerei am Gürtel. Das Motiv tauchte weder bei der Narcheska, noch bei Peottre auf. Ich erinnerte mich an den springenden Narwal, den ich auf der Kleidung der Narcheska bemerkt hatte, als ich sie zum ersten Mal gesehen hatte. Dieses Emblem fand sich jetzt auf ihrer Fibel, und eine genauere Betrachtung von Peottre förderte einen Narwal am Gürtel zutage. Die Tätowierung auf seinem Gesicht konnte man überdies als stilisiertes Horn eines Narwals betrachten. Merkwürdig. Hatten wir hier zwei Clans vor uns, die uns beide die Narcheska anboten? Ich beschloss, in diese Richtung weiter zu forschen.
Jene, die am Tisch unterhalb der Empore Platz nahmen, traten relativ unscheinbar auf. Chade gehörte ebenso zu ihnen wie Laurel, die Jagdmeisterin der Königin. Sie war in Scharlachrot gewandet, und es freute mich zu sehen, dass man ihr einen so hervorgehobenen Platz zugewiesen hatte. Die anderen kannte ich nicht, mit Ausnahme der letzten beiden. Merle, so vermutete ich, hatte absichtlich beschlossen, als Letzte die Halle zu betreten. Sie war in ein prachtvolles grünes Kleid gewandet. Dazu trug sie feine Rüschenhandschuhe, als wollte sie betonen, dass sie der Gast der Königin und nicht ihre Menestrelle war. Eine ihrer Hände ruhte auf dem Unterarm des Mannes, der sie begleitete. Es war ein gutaussehender junger Bursche mit kräftigem Körper und einer offenen Art. Wie stolz er auf seine Frau war, verrieten sowohl sein strahlendes Lächeln als auch die Art, wie er sie begleitete. Ich gewann den Eindruck, dass er sie am Arm führte, wie ein Falkner seinen besten Vogel präsentiert. Ich schaute mir den jungen Mann an, dem ich unwissentlich Hörner aufgesetzt hatte und schämte mich genug, dass es für mich und Merle reichte. Sie lächelte, und als sie vor uns vorüberkamen, blickte mir Merle absichtlich in die Augen. Ich
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