Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
Der Junge schien die Kunst zu beherrschen, Blutklinge solche Fragen zu stellen, die er liebend gern lang und ausführlich beantwortete. Den weit ausholenden Gesten nach zu urteilen, berichtete Blutklinge von der Jagd und der Tapferkeit in der Schlacht. Pflichtgetreu blickte angemessen beeindruckt drein und nickte und lachte stets an den richtigen Stellen.
Als das Ende der Mahlzeit näherrückte, fühlte ich, wie Pflichtgetreus Anspannung stieg. Als die Königin dem Barden winkte und um Schweigen bat, sah ich Pflichtgetreu kurz die Augen schließen, als müsse er sich für das, was nun kommen würde stärken. Ich sah, wie Elliania ihre Lippen befeuchtete und anschließend die Zähne zusammenbiss, um ihren Kiefer vom Zittern abzuhalten. Peottres Körperhaltung ließ mich vermuten, dass er unter dem Tisch ihre Hand hielt. Auf jeden Fall atmete sie tief durch und setzte sich dann gerade auf.
Es war eine schlichte Zeremonie. Ich widmete den Gesichtern der Zuschauer mehr Aufmerksamkeit. Die Teilnehmer gingen auf der Hochempore nach vorne. Kettricken stand neben Pflichtgetreu und Arkon Blutklinge bei seiner Tochter. Ungebeten postierte sich Peottre hinter ihr. Als Arkon die Hand seiner Tochter in die der Königin legte, bemerkte ich, wie die Herzogin von Bearns Augen und Mund zusammenkniff. Vielleicht erinnerte sich Bearns noch allzu gut daran, wie sie unter dem Krieg der Roten Schiffe gelitten hatten. Der Herzog und die Herzogin von Tilth zeigten eine vollkommen andere Reaktion. Warmherzig blickten sie einander in die Augen, als erinnerten sie sich an ihren eigenen Verlobungsschwur. Prinzessin Philia saß still und feierlich da, den Blick in eine unbestimmte Ferne gerichtet. Der junge Gentil Bresinga sah neidisch aus; dann wandte er sich ab, als könne er den Anblick nicht länger ertragen. Es gab jedoch niemanden, der das Paar böswillig betrachtete, auch wenn einige, wie Faith von Bearns, offensichtlich ihre eigene Meinung über dieses Bündnis hatten.
Die Hände des Paars wurden an diesem Punkt noch nicht vereint; stattdessen legte Elliania ihre Hand in die von Kettricken, und Pflichtgetreu und Arkon fassten sich nach Kriegersitte an den Unterarmen. Alle schienen ein wenig überrascht zu sein, als Arkon einen Goldreif von seinem Handgelenk nahm und ihn Pflichtgetreu anlegte. Er bellte ein fröhliches Lachen, als er sah, wie lose der Reif am weit weniger muskulösen Arm des Jungen baumelte. Pflichtgetreu brachte ebenfalls ein Lachen zustande und hielt sogar die Hand hoch, damit alle das Geschenk bewundern konnten. Die Outislander schienen das als Zeichen für den guten Willen des Prinzen aufzunehmen, denn sie hämmerten zustimmend mit ihren Bechern auf den Tisch. Ein leichtes Lächeln zuckte um Peottres Mundwinkel. War das, weil das Armband, das Arkon Pflichtgetreu gegeben hatte, einen Keiler eingraviert hatte anstatt eines Narwals? Band der Prinz sich gerade an einen Clan, der keinerlei Autorität über die Narcheska besaß?
Die Zeremonie sollte nicht weiter so glatt verlaufen, wie bisher. Arkon packte das Handgelenk des Prinzen und drehte es, bis die Handfläche nach oben lag. Pflichtgetreu ließ das über sich ergehen, aber ich wusste, wie nervös er war. Arkon schien das nicht zu bemerken, und laut fragte er die Versammelten: »Sollen wir nun ihr Blut vereinen zum Zeichen für die Kinder, die da kommen mögen?«
Ich sah, wie die Narcheska die Luft anhielt. Sie wich jedoch nicht in Peottres Schutz zurück. Stattdessen trat Peottre vor und legte in einer unbewusst besitzergreifenden Geste seine Hand auf die Schulter des Mädchens. Seine Stimme klang ruhig und freundlich, als er Blutklinge tadelte: »Dies ist weder die richtige Zeit noch der richtige Ort dafür. Das Blut des Mannes muss auf den Herdstein im Mütterhaus der Frau fallen, wenn das Mischen ein glückliches Zeichen sein soll. Aber du könntest etwas von deinem Blut dem Herdstein seiner Mutter opfern, wenn dir der Sinn danach steht.«
Ich vermute, dass diese Worte eine verborgene Herausforderung enthielten, dass sie Teil irgendeines Brauches waren, den wir in den Sechs Provinzen nicht verstanden. Denn als Kettricken die Hand ausstreckte und erklärte, das sei nicht notwendig, stieß Arkon den Arm nach vorne. Er schob den Armel hoch, zog dann gelassen sein Gürtelmesser und fuhr sich mit der Klinge über den Unterarm. Zuerst quoll nur dickes Blut aus der Wunde. Arkon drückte darauf und schüttelte den Arm, um den Blutfluss anzuregen. Kettricken hielt
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