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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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vor der Tür versammelt hatte, wurde zurück gedrängt und gab eine Passage vom Eingang bis zur Empore frei.
    Königin Kettricken betrat die Halle mit Prinz Pflichtgetreu zu ihrer Rechten. Sie hatte viel gelernt, seit ich sie zum letzten Mal bei einem solchen Auftritt gesehen hatte. Plötzlich brannten mir die Tränen in den Augen. Darauf war ich nicht vorbereitet und ich kämpfte tapfer darum, das triumphierende Lächeln zu unterdrücken, das sich auf meinem Gesicht ausbreiten wollte.
    Sie war wunderbar.
    Ein prachtvolles Gewand hätte nur von ihr selbst abgelenkt. Sie trug Bocksblau mit einem Zobelsaum als Kontrast. Der schlichte Schnitt ihres Kleides betonte sowohl ihre Schlankheit als auch ihre Größe. Sie ging gerade wie ein Soldat, aber auch so leichtfüßig wie Reet im Wind. Ihr schimmerndes goldenes Haar war zu einem Zopf geflochten und um ihren Kopf gelegt; Strähnen flossen ihren Rücken hinab. Ihre Krone wirkte geradezu matt im Vergleich zu diesen Locken. Keine Ringe schmückten ihre Finger; keine Halskette war um die weiße Säule ihres Halses gelegt. Das, was sie war, machte sie zu einer Königin, nicht das, was sie trug.
    Pflichtgetreu schritt neben ihr her, in eine schlichte blaue Robe gekleidet. Das erinnerte mich daran, wie Kettricken und Rurisk gekleidet gewesen waren, als ich sie zum ersten Mal gesehen hatte. Damals hatte ich die Erben des Bergreichs mit Dienern verwechselt. Ich fragte mich, ob die Outislander die Schlichtheit von Pflichtgetreus Kleidung als Demut oder Mangel an Reichtum deuten würden. Ein einfaches Silberband hielt seine widerspenstigen schwarzen Locken im Zaum. Er war noch nicht alt genug, um die Krone des Königszur-Rechten zu tragen. Bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr war er schlicht ›Prinz‹, auch wenn er der einzige Thronfolger war. Sein einziger anderer Schmuck war eine Silberkette mit gelben Diamanten. Seine Augen waren so dunkel wie die seiner Mutter farblos waren. Sein Aussehen war das der Weitseher, doch die königliche Ruhe in seinem Gesicht war die Bergvolkschule seiner Mutter.
    Königin Kettrickens stummer Gang durch ihr Volk war würdevoll und freundlich, ihre Untertanen bedachte sie mit einem warmen Lächeln, das von Herzen kam. Pflichtgetreus Gesichtsausdruck war feierlich ernst. Vielleicht wusste er, dass er nicht lächeln konnte, ohne seinen Schmerz zu zeigen. Er bot seiner Mutter den Arm an, als sie auf die Empore stiegen. Gemeinsam nahmen sie dann ihre Plätze am Tisch ein, setzten sich aber nicht. Mit graziler, doch gleichzeitig tragender Stimme sagte Kettricken: »Bitte, mein Volk und meine Freunde, heißt in unserer Großen Halle die Narcheska Elliania willkommen, eine Tochter aus dem Schwarzwasser-Geschlecht der Gottesrunen-Inseln.«
    Ich bemerkte anerkennend, dass sie Elliania nicht nur den Namen des Geschlechts ihrer Mutter gab, sondern auch die Äußeren Inseln bei jenem Namen nannte, den ihnen ihre Bewohner gegeben hatten. Mir fiel auch auf, dass unsere Königin sie persönlich angekündigt hatte, anstatt die Aufgabe einem Barden zu überlassen. Als sie auf die große Tür deutete, drehten sich alle Köpfe in diese Richtung um. Der Barde wiederholte nicht nur Ellianias Namen, sondern nannte auch Arkon Blutklinge, ihren Vater, und Peottre Schwarzwasser, ihren ›Mutters Bruder‹. Die Art und Weise, wie er die letzten Worte aussprach, ließ mich vermuten, dass sie auf den Äußeren Inseln ein Wort waren, und dass er sich bemühte, ihm diesen Klang zu geben. Dann betraten die Outislander die Halle.
    Arkon Blutklinge ging voraus. Er war eine beeindruckende Gestalt. Der Eindruck seiner Größe wurde noch von dem Bärenfellmantel verstärkt, den er sich über die Schultern geworfen hatte. Es war der gelb-weiße Pelz eines Eisbären. Seine Kleidung war gewebter Stoff, Jacke und Hose, doch eine Lederweste und ein breiter Ledergürtel verliehen ihm ein kriegerisches Aussehen, obwohl er keine Waffen trug. Er funkelte förmlich vor lauter Gold, Silber und Edelsteinen, die er an Hals und Handgelenken, über der Stirn und in den Ohren trug. Den linken Oberarm zierten Silberringe und Goldbänder den rechten. Ein paar davon waren mit Edelsteinen eingelegt. Seine auffällige Haltung verwandelte seine Zurschaustellung von Reichtum in prahlerische Protzigkeit. Sein Gang war eine Mischung aus dem Schwanken eines Seemanns und dem arroganten Schritt eines Kriegers. Ich vermutete, dass ich ihn nicht mögen würde. Er schaute sich mit breitem Grinsen um, als könne er

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