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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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atmete tief ein. »Ja. Das tue ich.« Das zuzugeben, versetzte meinem Herzen einen Stich. Ich vermisste sie nicht einfach nur. Ich hatte sie im Stich gelassen. Heute Abend hatte ich sie gesehen, eine schwächer werdende alte Frau, allein, nur umgeben von ihren treuen Dienern.
    »Hast du nie darüber nachgedacht, sie wissen zu lassen, dass du überlebt hast?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Und zwar aus eben jenen Gründen, die ich gerade genannt habe. Sie kennt keine Vorsicht. Sie würde es nicht nur von den Dächern schreien, sondern vermutlich auch jedem mit der Peitsche drohen, der sich weigerte, ihre Freude zu teilen. Natürlich erst, nachdem sie ihre Wut an mir ausgelassen hätte.«
    »Natürlich.«
    Wir lächelten beide auf jene bittersüße Art, wie man es tut, wenn das Herz sich nach etwas sehnt, vor dem der Kopf sich fürchtet. Das Feuer brannte vor uns, und die Flammen leckten an einem frischen Scheit. Draußen vor den geschlossenen Fensterläden wehte der Wind. Der erste Vorbote des Winters. Alte Reflexe meldeten sich und riefen mir in Erinnerung, was ich alles zu tun versäumt hatte, um mich darauf vorzubereiten. Ich hatte meinen Garten nicht abgeerntet und kein Marschgras eingefahren, um es dem Pony im Winter bequem zu machen. Doch das waren die Sorgen eines anderen Mannes in einem anderen Leben. Hier in der Bocksburg musste ich mich um nichts von alledem kümmern. Ich hätte mit mir selbst zufrieden sein müssen, doch stattdessen fühlte ich mich beraubt.
    »Glaubst du, der Prinz wird sich bei Sonnenaufgang mit mir in Veritas' Turm treffen?«
    Der Narr hatte die Augen geschlossen, als er den Kopf in meine Richtung drehte. »Ich weiß es nicht. Er hat noch immer getanzt, als wir gegangen sind.«
    »Ich nehme an, ich sollte dort sein, falls er doch kommt. Ich wünschte, ich hätte ihm das nicht versprochen. Jetzt muss ich erst Mal zurück in mein Zimmer und raus aus diesem Zeug.«
    Der Narr gab ein leises Geräusch zwischen Zustimmung und Seufzen von sich. Er zog die Füße an und rollte sich auf dem Stuhl wie ein Kind zusammen. Seine Knie befanden sich praktisch direkt unter seinem Kinn.
    »Ich werde auch gleich ins Bett gehen«, verkündete ich. »Das solltest du auch tun.«
    Als Antwort hörte ich aus seiner Richtung bereits ein leises Schnarchen. Ich stöhnte, ging zu seinem Bett, zog die Decke herunter, brachte sie zum Kamin und breitete sie über den Narren. »Gute Nacht, Narr.«
    Er seufzte zur Antwort und zog die Decke übers Kinn.
    Ich blies die Kerzen bis auf eine aus, die ich mit in meine Kammer nahm. Dort stellte ich sie auf meine kleine Kleidertruhe und setzte mich mit einem tiefen Seufzer auf das harte Bett. Mein Rücken schmerzte um meine Narbe herum. Stillstehen zu müssen, hatte sie stets mehr gereizt als Reiten oder Arbeiten. Der kleine Raum war sowohl kalt als auch eng, die Luft stickig und voll von den Gerüchen, die sich in den letzten 100 Jahren hier angesammelt hatten. Ich wollte hier nicht schlafen. Ich dachte darüber nach, zu Chades Arbeitsraum hochzusteigen und mich auf das größere, weichere Bett dort zu legen. Das wäre auch eine gute Idee gewesen, wären da nicht so viele Stufen zwischen mir und dem Bett.
    Ich zog meine feinen Kleider aus und verstaute sie ordentlich. Als ich unter meine einzige Decke kroch, beschloss ich, mir etwas Geld von Chade zu besorgen und mindestens noch eine weitere für mich zu kaufen. Und ich würde nach Harm schauen. Und mich bei Jinna dafür entschuldigen, dass ich heute Abend nicht zu ihr gekommen war, wie ich gesagt hatte. Und die Schriftrollen in meiner Hütte beseitigen. Und meinem Pferd endlich Manieren beibringen. Und den Prinzen in der Magie unterweisen.
    Ich atmete tief durch, schob meine Sorgen beiseite und versank in einen tiefen Schlaf.
    Schattenwolf.
    Das war kein starker Ruf. Das war wie Rauch im Wind. Das war nicht mein Name. Jemand anderes gab mir diesen Namen, aber das bedeutete nicht, dass ich darauf antworten musste. Ich wandte mich von dem Ruf ab.
    Schattenwolf.
    Schattenwolf.
    Schattenwolf.
    Das erinnerte mich an Harm, wie er mir am Hemdzipfel gehangen hatte, als er noch klein gewesen war. Unablässig und hartnäckig. Wie eine Mücke, die einem des nachts am Ohr herum summt.
    Schattenwolf.
    Schattenwolf.
    Ich würde nicht weggehen.
    Ich schlafe. Plötzlich wusste ich, dass dem wirklich so war; ich wusste es auf die seltsame Art, wie Träumer es oft wissen. Ich schlief, und das war ein Traum. Träume zählten nicht. Oder?
    Ich

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