Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr
dreimal. Nachdem die Paartänze vorüber waren, begannen die Reigen, und der Hochadel nahm wieder Platz und überließ die Tanzfläche dem niederen Adel. Ich stand schweigend daneben und beobachtete sie den Großteil der Zeit über. Mehrere Male schickte mich mein Herr auf Botengänge in andere Teile des Raums, meist um jemandem seine Grüße zu übermitteln oder sich bei einer Dame zu entschuldigen, dass er aufgrund seiner Verletzung leider nicht tanzen könne. Einige der Damen eilten herbei, um ihn zu bemitleiden. Den ganzen Abend über sah ich Gentil Bresinga nicht ein einziges Mal auf der Tanzfläche. Lady Rosmarin tanzte sogar einmal mit Chade. Ich beobachtete, wie sie miteinander sprachen; sie blickte zu ihm hinauf und lächelte schelmisch, während sein Gesichtsausdruck neutral, doch höflich blieb. Prinzessin Philia zog sich früh vom Fest zurück, wie ich bereits erwartet hatte. Bei höfischen Ereignissen mit all ihrem Pomp hatte sie sich noch nie sonderlich wohlgefühlt. Ich dachte, Pflichtgetreu müsse sich geehrt fühlen, dass sie überhaupt gekommen war.
Die Musik, der Tanz, das Essen und das Trinken, all das ging weiter und weiter bis tief in die Nacht und die frühen Morgenstunden hinein. Ich versuchte, eine Möglichkeit zu finden, näher an Gentil Bresingas Weinglas oder seinen Teller zu kommen, doch ohne Erfolg. Der Abend zog sich in die Länge. Meine Beine schmerzten vom Stehen, und ich dachte reumütig an meine frühmorgendliche Verabredung mit Prinz Pflichtgetreu. Ich bezweifelte, dass er sie einhalten würde, aber für den Fall, dass er erschien, musste ich dort sein. Was hatte ich mir nur dabei gedacht? Es wäre viel klüger gewesen, den Jungen noch ein paar Tage zu vertrösten und die Zeit zu nutzen, meine alte Hütte zu besuchen.
Fürst Leuenfarb schien jedoch einfach nicht müde zu werden. Irgendwann im Laufe des Abends wurden die Tische beiseite geschoben, um die Tanzfläche zu vergrößern, und er suchte sich einen bequemen Platz neben einem der Kamine und hielt dort Hof. Es waren viele verschiedene Leute, die ihn begrüßten und eine Weile blieben, um sich mit ihm zu unterhalten. Dabei wurde mir erneut deutlich gemacht, dass Fürst Leuenfarb und der Narr zwei vollkommen unterschiedliche Personen waren. Leuenfarb war geistreich und charmant, aber er zeigte nie den beißenden Humor des Narren. Auch war er sehr jamailianisch, urban und gelegentlich auch intolerant dem gegenüber, was er als ›die Einstellung der Sechs Provinzen‹ in Fragen der Moral bezeichnete. Er diskutierte mit seiner Gruppe über Kleidung und Schmuck und das auf eine Art, die alle förmlich auseinander nahm, die sich außerhalb seines Kreises bewegten. Ungeniert flirtete er mit den Frauen, verheiratet oder nicht, trank ausgiebig, und wenn man ihm etwas Glimmkraut anbot, lehnte er freundlich und mit den Worten ab: »Alles außer den besten Blättern bereitet mir am Morgen Magenschmerzen. Ich nehme an, ich bin am Hof des Satrapen verdorben worden.« Er plapperte über das Geschehen in Jamailia und gab dabei Dinge zum Besten, die selbst mich davon überzeugten, dass er nicht nur dort gelebt hatte, sondern am Hof ein und ausgegangen war.
Einige Stunden nach Mitternacht, tauchten die ersten Glimmkrautbrenner auf, die unter Edel in Mode gekommen waren. Nun zog man jedoch eine kleinere Variante vor, winzige Töpfe, die an silbernen Ketten hingen, und in denen die brennende Droge qualmte. Jüngere Lords und einige Damen trugen ihre eigenen Brenner am Handgelenk. Hier und da standen Diener, die das glühende Glimmkraut schwenkten und ihre Herren mit seinem Rauch einnebelten.
Ich hatte nie Geschmack an diesem Kraut gefunden. Edel hatte es eingeführt, und allein diese Tatsache machte es mir noch widerlicher. Doch sogar die Königin genoss es in Maßen; das Glimmkraut war im Bergreich ebenso bekannt wie in den Sechs Provinzen, auch wenn man in den Bergen eine andere Sorte verwendete. Anderes Kraut, gleicher Name, selbe Wirkung, dachte ich benommen. Die Königin war wieder auf die Hochempore zurückgekehrt. Ihre Augen schimmerten hell durch den Dunst. Sie unterhielt sich mit Peottre. Er lächelte und antwortete ihr, während sein Blick ständig bei Elliania blieb, die von Pflichtgetreu durch einen Reigen geführt wurde. Arkon Blutklinge hatte sich zu ihnen auf die Tanzfläche gesellt. Er hatte den Mantel abgelegt, sein Hemd geöffnet und schien seine Tanzpartnerinnen fast im Akkord zu wechseln. Er war ein lebhafter Tänzer,
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