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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 02 - Der goldene Narr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Gleichwertigen waren, sah ich auch den Groll darüber, so angesprochen zu werden. Ich ging darauf ein, hielt meinen Blick auf Dick gerichtet, sprach aber mit Chade.
    »Du musst nicht so mit ihm reden. Er ist nicht dumm. Er ist …« Ich suchte nach einem Wort für das, dessen ich mir plötzlich sicher war. Dicks Geist mochte ja in gewisser Hinsicht beschränkt sein, aber er war definitiv vorhanden. »… anders«, endete ich lahm. Anders, sinnierte ich, wie ein Pferd sich von einer Katze unterscheidet und sie beide sich vom Menschen. Aber nicht weniger. Fast konnte ich fühlen, wie sein Geist in andere Richtungen wanderte als meiner, wie er Dingen Bedeutung zumaß, an denen ich vorüberging, und zugleich vieles von dem ignorierte, was für mich zu den Grundfesten meiner Wirklichkeit zählte.
    Dick blickte wütend von mir zu Chade und wieder zurück. Dann griff er sich seinen Besen und den Ascheimer und eilte aus dem Raum. Als das Regal hinter mir wieder an seinen Platz zurückglitt, fing ich das mir entgegengeschleuderte Gedankenfragment auf: Stinkehund.
    »Er mag mich nicht. Er weiß, dass ich auch über die Gabe verfüge«, beschwerte ich mich bei Chade und ließ mich auf den anderen Stuhl fallen. Fast ein wenig schmollend fügte ich hinzu: »Prinz Pflichtgetreu ist heute Morgen nicht zu unserer Verabredung in Veritas Turm erschienen.«
    Meine Bemerkung schien an dem alten Mann vorbeizugehen. »Die Königin will dich sehen. Sofort.« Er war ordentlich, ja sogar elegant in eine schlichte blaue Robe gekleidet und trug edle Fellpantoffeln. Schmerzten ihn die Füße vom vielen Tanzen?
    »Weshalb?«, fragte ich, als ich aufstand und ihm folgte. Wir gingen zu dem Weinregal, und als wir die Geheimtür öffneten, bemerkte ich: »Es schien Dick nicht überrascht zu haben, dass ich von hier hereingekommen bin.«
    Chade zuckte mit den Schultern. »Ich glaube nicht, dass er klug genug ist, um sich von so etwas überraschen zu lassen. Ich bezweifele sogar, dass er es überhaupt richtig bemerkt hat.«
    Ich dachte darüber nach und kam zu dem Schluss, dass er vermutlich Recht hatte. Für Dick hatte das vermutlich keine Bedeutung. »Warum will mich die Königin sehen?«
    »Weil sie es mir gesagt hat«, antwortete Chade leicht gereizt. Danach schwieg ich und folgte ihm. Ich vermutete, dass ihm der Schädel ebenso dröhnte wie mir. Ich wusste, dass er ein Gegenmittel für einen Kater kannte, aber ich wusste auch, wie schwer es herzustellen war. Manchmal war es einfacher, sich mit dem Kopfschmerz auseinander zu setzen, als sich der Prozedur zu unterziehen, ein Heilmittel zu erstellen.
    Wir betraten die Privatgemächer der Königin, wie wir es schon oft getan hatten. Chade blieb kurz stehen, spähte hinein und lauschte, ob keine Zeugen anwesend waren. Königin Kettricken wartete in ihrem Wohnzimmer auf uns. Sie lächelte müde, als wir den Raum betraten. Sie war allein.
    Wir verneigten uns formell. »Guten Morgen, meine Königin«, begrüßte sie Chade für uns, und sie streckte einladend die Hand aus und winkte uns herein. Als ich zum letzten Mal hier gewesen war, hatte uns eine besorgte Kettricken in einem Gemach von strenger Schlichtheit erwartet, und ihre Gedanken hatten sich einzig und allein um ihren vermissten Sohn gedreht. Diesmal zeigte der Raum ihre Handschrift. Mitten auf einem kleinen Tisch hatte man sechs goldene Blätter auf einem Tablett mit schimmernden Flusskieseln ausgelegt. Drei große brennende Kerzen verströmten Veilchenduft. Mehrere Wollteppiche schützten den Boden vor der kommenden Winterkälte, und die Stühle waren mit Schafsfellen bedeckt. Ein Feuer brannte im Kamin, und aus einem Kessel stieg Dampf empor. Das erinnerte mich an Kettrickens Heimat in den Bergen. Auf einem anderen kleinen Tisch hatte sie etwas zu essen anrichten lassen. Heißer Tee dampfte in einer dicken Kanne. Mir war gerade aufgefallen, dass nur zwei Tassen da standen, als Kettricken sagte: »Danke, dass Ihr FitzChivalric hergebracht habt, Lord Chade.«
    Damit war der alte Assassine entlassen. Chade verneigte sich erneut, vielleicht ein wenig steifer als beim ersten Mal, und zog sich wieder zurück. Ich blieb allein mit meiner Königin zurück und fragte mich, was das alles sollte. Nachdem die Tür sich hinter Chade geschlossen hatte, seufzte die Königin plötzlich laut. Sie setzte sich an den Tisch und winkte mich zu sich. »Bitte, Fitz«, ihre Worte waren eine Einladung, mich zu ihr zu setzen und sämtliche Formalitäten zu

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