Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
Über uns entrollte eine Birke ihre Blätter, und um die Bank herum, die wir uns aussuchten, wuchs Rhabarber. Dicke rote Stängel ragten aus der Erde. An vielen Pflanzen entrollten die Blätter sich zum Licht. Nicht lange, und sie würden umgetopft werden müssen, wenn die Stängel stark wurden. Das erwähnte ich Web gegenüber.
Nachdenklich kratzte er sich den gestutzten Bart. Ein Hauch von Belustigung war in seinen blassen Augen zu erkennen, als er mich fragte: »Und dafür wolltest du meinen Rat? Rhabarber?« Er steckte den Fenchel in den Mund und kaute darauf herum, während er auf meine Antwort wartete.
»Nein, natürlich nicht. Und ich weiß, wie beschäftigt du bist; deshalb werde ich dich nicht länger aufhalten als nötig. Ich sorge mich um einen Jungen, den man mir zum Unterricht und zur Waffenausbildung anvertraut hat. Sein Name ist Flink, und er ist der Sohn des ehemaligen Stallmeisters hier, Burrich. Doch Flink und sein Vater haben sich im Streit voneinander getrennt, weil Flink die Alte Macht benutzte, und so nennt der Junge sich jetzt Flink der Zwiehafte.«
»Aha.« Web nickte. »Ja, ich kenne den Jungen. Er stellt sich oft in den Kreis jener, die mir zuhören, wenn ich abends meine Geschichten erzähle; aber ich kann mich nicht daran erinnern, dass er mich je angesprochen hätte.«
»Ich verstehe. Nun, ich habe ihn gedrängt, dir nicht nur zuzuhören, sondern auch mit dir zu sprechen. Die Art, wie er seine Magie betrachtet, bereitet mir große Sorgen - auch wie er darüber spricht. Er besitzt keinerlei Ausbildung darin, da sein Vater die Alte Macht missbilligt; doch seine Unwissenheit macht ihn nicht vorsichtig, sondern tollkühn: Er reibt seine Magie jedem unter die Nase, der ihm über den Weg läuft, und besteht auf Anerkennung. Ich habe ihn gewarnt, dass viele in der Burg die Alte Macht trotz des königlichen Dekrets nach wie vor verabscheuen. Er scheint einfach nicht zu verstehen, dass eine Gesetzesänderung nicht zwingend auch eine Veränderung in den Herzen bewirkt. Er stellt seine Magie auf eine Art zur Schau, die zu einer Gefahr für ihn werden könnte, und ich werde ihn schon bald allein lassen müssen, wenn ich mit dem Prinzen aufbreche. Mir bleiben noch fünf Tage, um ihm ein wenig Vorsicht beizubringen.«
Web zeigte sich mitfühlend. »Ich verstehe, warum du dich deshalb so unwohl fühlst.«
Das war nicht der Kommentar, den ich erwartet hatte, und kurz war ich erstaunt. »Ich habe nicht nur das Gefühl, dass er sich in Gefahr begibt, wenn er seine Magie enthüllt«, entschuldigte ich mich. »Da ist noch mehr. Er spricht offen darüber, sich möglichst bald mit einem Tier zu verschwistern. Er hat mich um Hilfe dabei gebeten und von mir verlangt, ihn durch die Ställe zu führen. Ich habe ihm gesagt, dass ich das nicht irr den richtigen Weg halte, dass solch eine Verschwisterung mehr sein muss, doch er hört mir nicht zu. Er wischt alles, was ich sage, mit der Bemerkung beiseite, dass ich nur verstehen könne, was das Ende seiner Isolation für ihn bedeute, wenn ich selbst über die Alte Macht verfügen würde.« Ich versuchte, die Verärgerung aus meiner Stimme rauszuhalten, als ich Letzteres sagte.
Web räusperte sich und lächelte schief. »Und ich verstehe auch, warum dir das so übel aufstößt.«
Seine Worte jagten mir einen Schauder über den Rücken. Das unausgesprochene Wissen wogen schwer in ihnen. Ich versuchte, sie zu ignorieren. »Deshalb bin ich zu dir gekommen, Web. Würdest du einmal mit ihm sprechen? Ich denke, du könntest ihm am besten beibringen, seine Magie zu akzeptieren, ohne von ihr überwältigt zu werden. Du könntest ihm erklären, warum er mit der Verschwisterung warten sollte, und warum er etwas zurückhaltender sein sollte, was die Frage betrifft, wem er seine Magie enthüllt und wem nicht. Kurz gesagt, du könntest ihn lehren, seine Magie mit Würde zu tragen und nicht mit seinen Fähigkeiten herumzuprahlen.«
Web lehnte sich auf der Bank zurück. Grübelnd kaute er weiter auf dem Fenchelstängel herum. Dann sagte er leise: »All diese Dinge könntest auch du ihn lehren, FitzChivalric -wenn du es denn wolltest.« Er blickte mir fest in die Augen. Ich bemühte mich, ruhig zu bleiben, während ich darüber nachdachte, woher er von meiner Gabe wusste. Wer hatte ihm das erzählt? Chade? Kettricken? Pflichtgetreu?
Seine Logik war erbarmungslos, als er hinzufügte: »Natürlich hätten deine Worte nur Gewicht für ihn, wenn du ihm sagen würdest, dass auch
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